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»Ich kann von hier drinnen aus überhaupt nichts sehen«, erwiderte Frike. »Könntet Ihr mich – bitte – wiederherstellen?«

Irgend jemand sang in den oberen Stockwerken.

»Alles zu seiner Zeit«, sagte Azzie. »Ich glaube, ich habe Ylith gerade gehört.«

Er eilte die Treppe hinauf. Ja, Ylith sang ein Hexenlied, das schon beim Baubeginn der Pyramiden alt gewesen war. »Bist du da, Ylith?« rief er.

»Am Ende des Flurs!« rief sie zurück.

Azzie lief zum zweiten Schlafzimmer, aus dem ihre Stimme gekommen war, und trat ein. Ylith war dabei, ihren Koffer zu packen. Sie sah blendend aus, aber irgend etwas an ihr schien sich verändert zu haben. Vielleicht ihr Teint? Ja, sie war eindeutig blasser geworden. Und ihre Augen, bisher schwarz wie die Nacht und köstlich finster, waren jetzt kornblumenblau.

»Ylith, was ist dir zugestoßen?« rief Azzie. »Hast du dich an etwas Gutem infiziert? Ich kenne mehrere Zauber und Mittel, um es zu heilen…«

»Mit mir ist alles in Ordnung, Azzie«, erwiderte Ylith. »Was du siehst, sind die sichtbaren Auswirkungen von Glückseligkeit.«

»Aber was hat dich so glücklich gemacht?«

»Mein Lieber, ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll…«

»Dann tu es lieber nicht«, sagte Azzie. »Wenn jemand mit diesen Worten anfängt, bedeutet das mit Sicherheit schlechte Nachrichten, und ich habe vorläufig mehr als genug schlechte Nachrichten gehabt.«

»Was hältst du da in den Händen?« wollte Ylith wissen.

»Oh, das sind zwei Preise. Die eine von den Mächten des Lichtes, die andere von den Mächten der Finsternis. Man war wohl der Meinung, ich hätte sie verdient.«

»Azzie, das ist wunderbar!«

»Ja, sehr nett. Aber hör mir zu, Ylith. Ich habe nachgedacht. Ich habe dich in letzter Zeit nicht besonders gut behandelt, aber du weißt ja, wie das ist, wenn man sich ernsthaft bemüht, Böses zu tun. Ständig im Streß. Also, ich habe dich zu lange links liegen lassen. Deshalb möchte ich jetzt mit dir in ein sehr schönes kleines Hotel in Indien fahren. Zu dieser Jahreszeit ist es herrlich in Indien. Wir könnten faulenzen, uns vergnügen und eine großartige Zeit miteinander verbringen. Was sagst du dazu?«

»Ach, Azzie«, hauchte Ylith. »Wenn du wüßtest, wie sehr ich mich danach gesehnt habe, so etwas von dir zu hören.«

»Schön, jetzt hast du es gehört. Gut, daß du schon packst. Wir können sofort aufbrechen.«

»Schatz, ich sage es dir nicht gerne, aber ich liebe einen anderen.«

»Autsch!« stieß Azzie hervor und setzte sich, stand aber gleich wieder auf. »Nun, wer auch immer es ist, ich denke, er könnte uns begleiten. Es liegt doch in der Natur des Bösen, teilen zu müssen, wenn man nicht teilen will, oder?«

»Ich fürchte, das ist unmöglich«, sagte Ylith. »Babriel wäre damit niemals einverstanden.«

»Babriel?«

»Ja, er ist es, den ich liebe. Er hat mich eingeladen, ihn zu einem hübschen kleinen Ort zu begleiten, wo es grüne Wiesen, verspielte Lämmer und überall leuchtende Frühlingsblumen gibt.«

»Klingt ekelhaft«, kommentierte Azzie. »Was geht nur in dir vor, Ylith? Es liegt nicht in der Natur des Bösen, Gefallen an Lämmern zu finden, es sei denn in Form von gegrillten Koteletts mit etwas Rosmarin und Minzsoße.«

»Immer noch derselbe alte Azzie«, stellte Ylith fest. »Du hast nicht verstanden. Ich bin konvertiert. Ich habe beschlossen, gut zu sein.«

»Nein! Nicht du, Ylith! Du brauchst sofort einen Exorzismus!«

»Das hat überhaupt nichts damit zu tun«, erwiderte sie. »Ich habe mich in Babriel verliebt. Ich möchte mit ihm gehen und jemand sein, den er lieben und respektieren kann.«

Azzie riß sich zusammen und stellte die entscheidende Frage. »Bist du dir sicher, daß du das wirklich willst?«

»Vollkommen. Sieh her!« Sie drehte sich um, und Azzie entdeckte die rudimentären Flügel, die aus ihrem Rücken wuchsen. Sie waren weißer als Schnee, weißer als der Schaum auf der offenen See. Noch waren sie winzig, aber sie würden wachsen. Ylith war ein Geschöpf des Lichtes geworden.

»Das ist abstoßend«, sagte Azzie. »Du wirst es noch bereuen, das verspreche ich dir.«

Er ließ die Tür hinter sich offen, als er aus dem Zimmer stolzierte.

KAPITEL 5

Der Märchenprinz und Prinzessin Rosenrot! Und ihr Glück! Azzie war gegen seinen Willen fasziniert. Er kehrte zu dem magischen Spiegel in seinem Arbeitszimmer zurück. Der Spiegel war groß und hatte einen schwachen bläulichen Farbton. Azzie stolperte auf ihn zu, eine Flasche Jauche in der Hand, und blieb davor stehen. Er starrte in den Spiegel und befahclass="underline" »Zeig sie mir!«

»Wen soll ich zeigen?« fragte der Spiegel.

»Das weißt du verdammt genau!« fauchte Azzie.

»Einen Moment Geduld, bitte, während ich die Verbindung herstelle«, erwiderte der Spiegel.

Azzie wartete wutentbrannt. In dem Leder sack neben ihm wanden sich Frikes Körperteile. Er ignorierte sie. Von dämonischer Besessenheit und unheiligem Tatendrang erfaßt, sah er zu, wie der Spiegel zuerst verschwommen, dann wieder langsam klar wurde und den Märchenprinzen und Prinzessin Rosenrot zeigte. Wie hübsch sie waren! In Seide gekleidet, schienen sie ein Symbol all dessen zu sein, was in der Welt gut war. Azzie konnte hören, wie sie mit leisen und wohlklingenden Stimmen Belanglosigkeiten austauschten.

»Bist du mein süßer Schnuckiputz?« fragte Rosenrot.

»Ich bin auf ewig dein«, erwiderte der Märchenprinz. »Ich weiß, daß man in diesen Dingen gewöhnlich nicht an das Ende denkt. Ich weiß, daß die tiefen Spuren des Alters später sagen werden, ich hätte dich schlecht behandelt und du hättest ständig an mir herumgenörgelt. Aber was kümmern uns solche zynischen Betrachtungen? Wir sind jung, verliebt und schön, und im Gegensatz zur landläufigen Erwartung werden wir es noch sehr lange bleiben und uns aufrichtig und herrlich lieben.«

»Wie schön du das gesagt hast!« säuselte Rosenrot und glitt wieder in seine Arme.

»Seid ihr glücklich, ihr zwei?« fragte Azzie. »Das werden wir ja noch sehen. Es muß doch irgend etwas geben, das ich tun kann.«

»Das gibt es, Herr!« erklang es aus dem Leder sack.

»Was denn?« wollte Azzie wissen.

»Ach, Gebieter, nehmt Euch die Zeit, mich wieder zusammenzusetzen, und ich werde es Euch mit Freuden verraten.«

»Es sollte lieber eine gute Idee sein«, murmelte Azzie mürrisch. »Besser als ein schneller Schwerthieb.«

Er öffnete den Ledersack, breitete Frikes Einzelteile auf dem Tisch aus und setzte sie schnell zusammen. In seiner Eile und Trunkenheit pfuschte er ein wenig bei den Armen, aber alles in allem war es eine ansehnliche Arbeit.

»Danke, Herr«, sagte Frike.

»Sprich schon, raus damit!«

»O Gebieter, Ihr könnt Euch noch immer an diesen abscheulich hübschen und glücklichen jungen Leuten rächen. Die unbegrenzte Kreditkarte Herr! Ihr habt sie noch immer!«

»Was für eine gute Idee, Frike! Ich werde ihnen schon bald die Rechnung für ihren Spaß präsentieren!«

Er zog die Karte aus seiner Westentasche und schlug damit zweimal auf eine dazu geeignete widerwärtige Unterlage. Ein kleiner Spalt tat sich für einen Sekundenbruchteil auf, und dann erschien der Angestellte der Abteilung für Ausrüstung und Zubehör.

»Ja, Sie wünschen?«

»Ich habe einen besonderen Wunsch«, sagte Azzie und lächelte bösartig, ein Gesichtsausdruck, den er häufig geübt, aber bisher nie richtig benutzt hatte. Er hatte ihn für eine Gelegenheit wie diese aufgehoben.

»Und der wäre?«

»Erst einmal eine hübsche Katastrophe. Ich möchte das Schloß des Märchenprinzen und seiner Gattin zum Einsturz bringen. Dann brauche ich eine besondere Hölle, in die ich die beiden für ein paar tausend Jahre sperren kann, um ihnen zu beweisen, daß es sich nicht auszahlt, sein Glück vor den Augen eines Dämons zu feiern.«