"Nein, gewißlich, Bruder, ein Lamm hat kein Herz, denk nur recht nach, so wird dirs einfallen, es hat im Ernst keins."
"Nun, es ist schon gut", sagte der heilige Petrus, "ist kein Herz da, so brauch ich auch nichts vom Lamm, du kannst´s allein essen." "Was ich halt nicht aufessen kann, das nehm ich mit in meinem Ranzen", sprach der Bruder Lustig, aß das halbe Lamm und steckte das übrige in seinen Ranzen.
Sie gingen weiter, da machte der heilige Petrus, daß ein großes Wasser quer über den Weg floß und sie hindurch mußten. Sprach der heilige Petrus: "Geh du nur voran."
"Nein", antwortete der Bruder Lustig, "geh du voran" und dachte: "Wenn dem das Wasser zu tief ist, so bleib ich zurück." Da schritt der heilige Petrus hindurch, und das Wasser ging ihm nur bis ans Knie. Nun wollte Bruder Lustig auch hindurch, aber das Wasser wurde größer und stieg ihm an den Hals. Da rief er: "Bruder, hilf mir."
Sagte der heilige Petrus: "Willst du auch gestehen, daß du das Herz von dem Lamm gegessen hast?"
"Nein", antwortete er, "ich hab es nicht gegessen." Da ward das Wasser noch größer und stieg ihm bis an den Mund.
"Hilf mir, Bruder", rief der Soldat.
Sprach der heilige Petrus noch einmaclass="underline" "Willst du auch gestehen, daß du das Herz vom Lamm gegessen hast?"
"Nein", antwortete er, "ich hab es nicht gegessen."
Der heilige Petrus wollte ihn doch nicht ertrinken lassen, ließ das Wasser wieder fallen und half ihm hinüber.
Nun zogen sie weiter, und kamen in ein Reich, da hörten sie, daß die Königstochter todkrank läge.
"Hallo, Bruder", sprach der Soldat zum heiligen Petrus, "da ist ein Fang für uns, wenn wir die gesund machen, so ist uns auf ewige Zeiten geholfen." Da war ihm der heilige Petrus nicht geschwind genug, "Nun, heb die Beine auf, Bruderherz", sprach er zu ihm, "daß wir noch zu rechter Zeit hinkommen." Der heilige Petrus ging aber immer langsamer, wie auch der Bruder Lustig ihn trieb und schob, bis sie endlich hörten, die Königstochter wäre gestorben.
"Da haben wir´s", sprach der Bruder Lustig, "das kommt von deinem schläfrigen Gang."
"Sei nur still", antwortete der heilige Petrus, "ich kann noch mehr als Kranke gesund machen, ich kann auch Tote wieder ins Leben erwecken."
"Nun, wenn das ist", sagte der Bruder Lustig, "so laß ich mir´s gefallen, das halbe Königreich mußt du uns aber zum wenigsten damit verdienen." Darauf gingen sie in das königliche Schloß, wo alles in großer Trauer war: der heilige Petrus aber sagte zu dem König, er wolle die Tochter wieder lebendig machen. Da ward er zu ihr geführt, und dann sprach er: "Bringt mir einen Kessel mit Wasser", und wie der gebracht war, hieß er jedermann hinausgehen, und nur der Bruder Lustig durfte bei ihm bleiben. Darauf schnitt er alle Glieder der Toten los und warf sie ins Wasser, machte Feuer unter den Kessel und ließ sie kochen. Und wie alles Fleisch von den Knochen herabgefallen war, nahm er das schöne weiße Gebein heraus und legte es auf eine Tafel, und reihte und legte es nach seiner natürlichen Ordnung zusammen. Als das geschehen war, trat er davor und sprach dreimaclass="underline" "Im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Tote, steh auf." Und beim drittenmal erhob sich die Königstochter lebendig, gesund und schön. Nun war der König darüber in großer Freude und sprach zum heiligen Petrus: "Begehre deinen Lohn, und wenns mein halbes Königreich wäre, so will ich dir´s geben."
Der heilige Petrus aber antwortete: "Ich verlange nichts dafür."
"Oh, du Hans Narr!" dachte der Bruder Lustig bei sich, stieß seinen Kameraden in die Seite und sprach: "Sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was."
Der heilige Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah, daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen.
Sie zogen darauf weiter, und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heilige Petrus zum Bruder Lustig: "Jetzt wollen wir das Gold teilen."
"Ja", antwortete er, "das wollen wir tun." Da teilte der heilige Petrus das Gold und teilte es in drei Teile.
Dachte der Bruder Lustig: "Was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! Macht drei Teile, und unser sind zwei."
Der heilige Petrus aber sprach: "Nun habe ich genau geteilt, ein Teil für mich, ein Teil für dich, und ein Teil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat."
"O, das hab ich gegessen", antwortete der Bruder Lustig und strich geschwind das Gold ein. "Das kannst du mir glauben."
"Wie kann das wahr sein", sprach der heilige Petrus, "ein Lamm hat ja kein Herz."
"Ei, was, Bruder, wo denkst du hin! Ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Tier, warum sollte das allein keins haben?"
"Nun, es ist schon gut", sagte der heilige Petrus, "behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir und will meinen Weg allein gehen."
"Wie du willst, Bruderherz", antwortete der Soldat, "leb wohl."
Da ging der heilige Petrus eine andere Straße. Bruder Lustig aber dachte: "Es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger." Nun hatte er zwar Geld genug, wußte aber nicht mit umzugehen, vertat´s, verschenkt´s, und wie eine Zeit herum war, hatte er wieder nichts. Da kam er in ein Land, wo er hörte, daß die Königstochter gestorben wäre. "Holla!" dachte er, "das kann gut werden, die will ich wieder lebendig machen und mirs bezahlen lassen, daß es eine Art hat." Ging also zum König und bot ihm an, die Tote wieder zu erwecken. Nun hatte der König gehört, daß ein abgedankter Soldat herumziehe und die Gestorbenen wieder lebendig mache, und dachte, der Bruder Lustig wäre dieser Mann, doch weil er kein Vertrauen zu ihm hatte, fragte er erst seine Räte, die sagten aber, er könnte es wagen, da seine Tochter doch tot wäre.