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«Ja, Sir. «Bolitho fühlte sich ausgelaugt. Mit diesem Mann zu argumentieren, war zwecklos.

«Vielleicht erinnern Sie sich künftig daran. «Er sah auf die Papiere und sagte:»Sir George Rodney ist in die Heimat gesegelt, um seine Flotte zu reorganisieren. Wir erwarten ihn jeden Augenblick aus England zurück. Und Sir Samuel Hood verteidigt St. Kitts gegen die Franzosen.»

«St. Kitts, Sir?«St. Kitts lag kaum hundert Meilen weiter westlich, doch der Admiral sprach von der Insel, als läge sie auf der anderen Seite der Welt.

«Ja. Die Franzosen haben Truppen gelandet und versuchen, unsere Garnison ins Meer zu treiben. Admiral Hoods Geschwader konnte jedoch die Reede zurückerobern und hält jetzt die wesentlichen Stützpunkte, die Hauptstadt Basseterre inbegriffen. «Er betrachtete Bolithos nachdenkliches Gesicht.»Doch das soll nicht Ihre Sorge sein. Bis der Oberkommandierende zurückkehrt oder Admiral Hood es für richtig hält, mich abzulösen, führe ich hier das Kommando. Sie erhalten Ihre Befehle von mir.»

Bolitho vernahm nur halb, was die gereizte Stimme sagte. Ihm stand die winzige Insel St. Kitts vor Augen, und er wußte genau, was ihr sicherer Besitz für die unablässig bedrängten Briten bedeutete. Die Franzosen waren in diesen Gewässern stark. Sie hatten zu den britischen Niederlagen am Chesapeake erheblich beigetragen. Vom amerikanischen Kontinent vertrieben, hingen die britischen Geschwader in immer stärkerem Maß von der Inselkette ab. Die Antillen bildeten nun die Basis für Nachschub und Ausbesserungen. Fielen auch sie, gab es kein Mittel, die Franzosen oder Ihre Verbündeten daran zu hindern, noch die letzten britischen Besitzungen im karibischen Raum zu schlucken.

Die französische Flotte in Westindien war gut ausgebildet und kampferfahren. Ihr Admiral, Graf de Grasse, hatte die überforderten britischen Schiffe mehr als einmal überlistet und niedergekämpft. Er hatte einen Keil zwischen Admiral Graves und das eingeschlossene Cornwallis getrieben, den Rebellengeneral Washington unterstützt und die amerikanischen Kaperschiffe zu einer brauchbaren und tödlichen Macht organisiert.

Jetzt testete de Grasse mit der gleichen kundigen Strategie, die ihn zum wertvollsten Befehlshaber seines Landes gemacht hatte, die Stärke der einzelnen britischen Stützpunkte. Dabei benutzte er Martinique als Basis. Wenn er wollte, konnte er von dort aus jede beliebige Insel angreifen oder — bei dem Gedanken überlief Bolitho ein Schauder — nach Westen segeln und sich auf Jamaika stürzen. Eroberte er Jamaika, blieb den Briten kein Stützpunkt mehr in diesen Gewässern. Sie mußten auf den Atlantik hinaus, und dort würde sie nichts vor der völligen Vernichtung schützen.

«Ich gebe Ihnen Order, nach Westen hin Patrouille zu fahren, Bolitho«, sagte der Admiral, ohne zu stocken.»Ich werde die Befehle sofort ausfertigen. Der Feind wird sicher versuchen, noch andere Truppen vom amerikanischen Festland aus auf die Antillen zu transportieren, ja womöglich sogar noch weiter nach Süden auf die kleinen Antillen. Sie werden mit meinem übrigen Geschwader Kontakt halten, doch mit Admiral Hood auf St. Kitts nur, wenn absolut notwendig. »

Bolitho hatte das Gefühl, die Kajütendecke stürze über ihm zusammen. Der Admiral dachte nicht im Traum daran, der Phalarope Vertrauen zu schenken und sie im Geschwader segeln zu lassen. Wieder schien die beargwöhnte Fregatte zur Einsamkeit verdammt.

«Die Franzosen dürften durch Freibeuter verstärkt werden, Sir«, sagte Bolitho.»Ich hätte gedacht, mein Schiff könnte näher unter Land nützlicher sein.»

Der Admiral lächelte.»Natürlich, Bolitho, das vergaß ich beinahe. Sie sind hier ja kein Fremder. Ich glaube, irgendwo habe ich etwas über Ihre kleinen Heldentaten gelesen. «Das Lächeln erlosch.»Ich will nichts mehr von Freibeutern hören, es macht mich krank. Freibeuter sind nichts als Aasfresser und Piraten! Kein Kaperschiff kann sich mit einem meiner Schiffe messen. Auch daran erinnern Sie sich bitte, Bolitho. Die Eroberung der Andiron war eine Schmach, der man hätte vorbeugen sollen. Wenn Sie der Andiron nochmals begegnen, fordern Sie bitte Verstärkung an, damit es nicht wieder zu einem so erbärmlichen Fehlschlag kommt und sie endlich zurückerobert oder versenkt wird!»

Bolitho stand auf. Seine Augen blitzten.»Das ist ungerecht,

Sir.»

«Halten Sie Ihre Zunge im Zaum, Bolitho. «Der Admiral musterte ihn frostig.»Ich bin der jungen, hitzigen Offiziere müde, die weder etwas von Strategie verstehen, noch Disziplin kennen.»

Bolitho wartete, bis er wieder ruhiger atmete.

«Freibeuter sind nur ein Teil der Sache. Die wirkliche Gefahr bilden die Franzosen.»

Langes Schweigen, in das Getrampel der Seeleute und gedämpftes Schmettern eines Horns klangen. Verglichen mit einer Fregatte, war der Zweidecker so etwas wie eine kleine Stadt, aber Bolitho konnte es kaum erwarten, sie hinter sich zu lassen und den beleidigenden Bemerkungen des Admirals den Rücken zu kehren.

«Geben Sie auf der Patrouillenfahrt gut acht, Bolitho«, sagte der Admiral beiläufig.»Und teilen Sie das Frischwasser und alle Vorräte gut ein. Noch kann ich nicht sagen, wann Sie abgelöst werden.»

«Meine Männer sind erschöpft, Sir. «Bolitho versuchte nochmals, die kalte Rücksichtslosigkeit des Admirals zu durchbrechen.»Einige sind seit Jahren nicht an Land gewesen. «Er dachte daran, wie sie zu den grünen Bergen und dem weißen Strand hinübergestarrt hatten.

«Ich bin dieses Gesprächs überdrüssig, Bolitho. «Napier läutete eine kleine Glocke.»Erfüllen Sie die Ihnen übertragene Aufgabe und erinnern Sie sich stets daran, daß ich nie Eigenmächtigkeit dulden werde. Tollkühne Pläne gelten mir nichts. Lassen Sie Ihre Urteilskraft nicht unter Ihrer augenscheinlichen Selbstüberschätzung leiden. «Er winkte, und hinter Bolitho öffnete sich leise die Tür.

Im Gang zitterten ihm die Hände vor Groll und unterdrückter Wut. Als er das Fallreep erreichte, lag über seinem Gesicht wieder die Maske der Empfindungslosigkeit, aber er wagte kaum, auf die ruhigen Worte zu antworten, die der Kapitän der Cassius äußerte, als er ihn zum Fallreep begleitete.

«Seien Sie vorsichtig, Bolitho«, sagte der Ältere leise.»Sir Robert hat auf der Andiron seinen Sohn verloren. Er vergibt Ihnen nie, daß Sie sie entkommen ließen, ganz gleich, aus welchen Gründen. Schlagen Sie daher seine Warnungen nicht in den Wind.»

Bolitho grüßte die unter Gewehr angetretene Wache.»Ich bin letzthin mehrfach gewarnt worden, Sir. Aber im Notfall nutzen Warnungen selten etwas.»

Der Kapitän des Flaggschiffs verfolgte, wie Bolitho ins Boot stieg und wie die Gig aus dem Schatten der Cassius glitt. Grimmig dachte er: trotz seiner Jugend wird dieser Bolitho anderen und sich noch erhebliches Ungemach bereiten. Er sieht ganz danach aus.

«Achtung! Der Kapitän kommt zurück.»

Herrick eilte aus dem Schatten des Besanmastes zum Fallreep. Er strich ein paar Krümel vom Halstuch und zog hastig seine Schärpe zurecht. Bis jetzt hatte ihm das einförmige und schlecht zubereitete Essen an Bord nichts ausgemacht. Doch nun, da die Phalarope vor Anker lag, die reichlichen Vorräte von English Harbour in Reichweite, hatte er sich geradezu zwingen müssen, das Essen hinunterzuwürgen.

Er blinzelte über die glitzernde Wasserfläche. Seine scharfen Augen erspähten sofort die zurückkehrende Gig, die sauber und hell angezogenen Bootsgasten, die sich wie Möwenflügel hebenden und senkenden Riemen. Er versteifte sich innerlich, als der Erste neben ihn trat.

«Nun werden wir es ja erfahren.»

«Ich wette, der Admiral war begeistert. «Herrick vergewisserte sich durch einen schnellen Blick, daß die Wache ordentlich angetreten war.»Ein Lob kann unseren Leuten nur gut tun.»