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„Und wird sie wirklich …“

„Natürlich wird sie. Sie findet dich reizend.“

„Wir finden dich alle reizend, Eli.“ Das kam von Ned.

„Aber ich kann doch nicht … sie kann doch nicht … wie … was …“

„Ich werde sie dir leihen“, sagte Timothy wie ein großzügiger Fürst. Der große Herr, der einen Akt nobler Großzügigkeit tätigt. „Ich kann meine Freunde doch nicht frustriert und voll unerfüllten Verlangens herumlaufen lassen. Morgen um zwanzig Uhr, bei ihr. Ich sage ihr, daß sie dich erwarten soll.“

„Das riecht nach Verarschung“, sagte ich und wurde immer mürrischer. „Das ist zu einfach. Zu unwirklich.“

„Sei kein Arsch. Sieh es als stellvertretende Erfahrung an. Wie wenn man ins Kino geht, nur ist es hier entschieden intimer.“

„Und vor allem greifbarer“, sagte Ned.

„Ich glaube, du willst mich auf den Arm nehmen“, erklärte ich.

„Großes Pfadfinder-Ehrenwort! Sie gehört dir!“

Er begann, Margos Vorzüge im Bett zu beschreiben, ihre besonderen erogenen Zonen, die kleinen intimen Zeichen, auf die sie beide abfuhren. Mein Geist begann sich auf die Sache einzustellen, er flog höher und höher, ich mußte ganz fürchterlich lachen und begann damit, Timothys Beschreibungen mit eigenen schmutzigen Vorstellungen zu ergänzen. Klar, als ich ein oder zwei Stunden später wieder auf dem Teppich stand, war ich mir sicher, daß Timothy mich verarscht hatte, und das ließ mich in einen tiefen Abgrund stürzen. Denn ich war mir immer dessen bewußt gewesen, daß die Margos dieser Welt nicht für mich gemacht sind. Die Timothys konnten sich ihren Weg durch eine ganze Armee von Margos bumsen, aber ich würde nie eine von ihnen abkriegen. In Wahrheit himmelte ich Margo aus der Ferne an. Der Prototyp einer Schickse, die Blüte arischer Weiblichkeit, schlank und langbeinig, ein paar Zentimeter größer als ich (es sieht nach viel mehr aus, wenn das Mädchen größer als man selbst ist!), seidiges, goldiges Haar, schelmische, blaue Augen, eine leichte Stupsnase, große, lebendige Lippen. Ein kräftiges Mädchen, ein lebendiges Mädchen, ein Star beim Basketball (selbst Oliver schätzte ihre Fähigkeiten auf dem Spielfeld), eine begabte Studentin, alles in allem ein gemeiner und schmerzender Witz. Warum? Weil sie so erschreckend war, einen mit ihrer Perfektheit erstarren ließ; sie war eines jener fehlerlosen weiblichen Geschöpfe, die unsere Oberschicht so massenweise produziert, die geboren werden, um gelassen über Landhäuser zu herrschen oder mit ihrem Pudel über die Second Avenue zu flanieren. Margo für mich? Meinen schwitzigen, haarigen Körper auf ihren legen? Mit meinem stoppeligen Kinn über ihre seidige Haut schaben? Ja, wenn Frösche sich mit Kometen paaren. Für sie mußte ich eine grobe, schmierige Erscheinung sein, der jämmerliche Repräsentant einer niederen Rasse. Jeder Verkehr zwischen uns mußte etwas Widernatürliches sein, wie die Legierung von Silber und Blech, die Mischung von Alabaster und Holzkohle, so verbannte ich die ganze Angelegenheit aus meinem Kopf. Aber beim Mittagessen erinnerte Timothy mich an meine Verabredung. Das ist unmöglich, sagte ich und gab ihm sechs in rascher Eile geborene Entschuldigungen — Studium, ein Referat, eine schwierige Übersetzung und so weiter. Er wischte meine kraftlosen Versuche, Zeit zu gewinnen, einfach beiseite. So um zwanzig Uhr in ihrem Apartment, sagte er. Wie eine Woge stieg der Schrecken in mir hoch. „Ich kann nicht“, beharrte ich. „Du machst sie zur Hure, Timothy. Was erwartest du denn von mir? Soll ich einfach rein, den Reißverschluß für meinen Schwengel öffnen und auf sie draufspringen? Das klappt doch nie. Du kannst ein Märchen nicht wahr werden lassen, bloß wenn du mit deinem Zauberstab wedelst.“ Timothy zuckte die Achseln.

Ich nahm an, damit sei die Sache erledigt. Oliver mußte an diesem Abend zum Basketball-Training. Ned ging ins Kino. Um halb acht verschwand auch Timothy. Muß noch in die Bibliothek, sagte er, um zehn bin ich wieder da. Ich war allein in unserer Wohnung, und war natürlich auf nichts gefaßt. Beschäftigte mich mit meinen Unterlagen. Um zwanzig Uhr drehte sich ein Schlüssel im Türschloß. Margo trat ein. Ein hinreißendes Lächeln, wie geschmolzenes Gold. Ich dagegen: Panik, Verwirrung. „Ist Timothy da?“ fragte sie, während sie beiläufig die Tür hinter sich abschloß. Mein Herz donnerte. „Bibliothek“, platzte es aus mir heraus. „Um zehn zurück.“ Nirgendwo ein Versteck für mich. Margo schmollte. „Ich war mir ganz sicher, ihn hier zu finden. Nun, da hat er eben Pech gehabt. Bist du sehr beschäftigt, Eli?“ Ein funkelndes Zwinkern der blauen Augen. Sie ließ sich lässig auf der Couch nieder.

„Ich sitze hier an einer Arbeit“, sagte ich, „über die unregelmäßigen Formen des Verbs …“

„Wie interessant! Möchtest du gerne rauchen?“

Ich verstand. Sie hatten alles eingefädelt. Eine Verschwörung mit dem Ziel, mich glücklich zu machen, ob ich nun wollte oder nicht. Ich fühlte mich bevormundet, benutzt, angeschmiert. Sollte ich sie hinauskomplimentieren? Nein, du Schmendrick, sei kein Esel. Sie gehört dir für zwei Stunden. Zur Hölle mit der Moral! Das Ziel rechtfertigt die Mittel. Hier ist deine Chance, eine zweite kriegst du nicht. Ich stolperte auf die Couch zu. Eli stolperte, jawohl! Sie hielt zwei dicke Joints, die kunstvoll zusammengerollt waren. Cool zündete sie einen an, nahm einen tiefen Zug und reichte ihn mir. Mein Handgelenk zitterte, fast hätte ich mit dem brennenden Ende des Joints ihren Arm berührt, während ich ihn unbeholfen von ihr nahm. Strammer Stoff; ich hustete; sie klopfte mir auf den Rücken. Schlemihl. Schlep. Sie inhalierte, und ihre Augen blitzten mich mit einem „Oh, Wow!“ an. Der Pott bewirkte bei mir allerdings nichts; ich war zu angespannt, und das Adrenalin in mir brannte die ganze Wirkung weg, bevor sie sich entfalten konnte. Der Gestank meines Schweißes wurde mir bewußt. Schnell war der Joint heruntergebrannt. Margo, die bereits stoned aussah, bot den zweiten an. Ich schüttelte den Kopf. „Später“, sagte ich.

Sie erhob sich und lief im Zimmer herum. „Es ist furchtbar heiß hier drin, meinst du nicht?“ Welch ein Klischee! Ein gewitztes Mädchen wie Margo hätte sich leicht etwas Besseres ausdenken können. Sie streckte sich, gähnte. Sie trug enge weiße Hosen und ein knappes Oberteil, der blasse, gelbbraune Nabel lag frei. Offensichtlich trug sie keinen BH und keinen Slip: die kleinen Hügel ihrer Brustwarzen waren zu erkennen, und die lange Hose, die sich hauteng um ihren kleinen Po spannte, enthüllte in verräterischer Weise das Fehlen von Unterwäsche. Oh, Eli, du voyeuristischer Teufel, du höflicher und geschickter Begutachter weiblichen Fleisches. „So heiß hier drin“, sagte sie stoned-verträumt. Weg mit dem Oberteil. Schenkt mir ein entschuldigendes Lächeln, als wolle sie sagen: wir sind doch alte Freunde und brauchen uns um blöde Tabus keine Gedanken zu machen, warum sollten Brüste tabuisierter sein als Ellenbogen? Ihre Brüste waren mittelgroß, voll, hochstehend, wunderbar fest, zweifellos die großartigsten Brüste, die ich je gesehen hatte. Ich suchte nach Wegen, sie zu betrachten, ohne dabei aufzufallen. Im Kino ist so etwas einfacher: Dort gibt es keine Ich-Du-Beziehung zu dem, was auf der Leinwand vor sich geht. Sie begann ihr Horoskop zusammenzustellen, wahrscheinlich um mich zu beruhigen. Viel Geschwafel über die Konjunktion der Planeten im soundsovielten Haus. Ich konnte nur nachplappern, statt eine richtige Antwort zu geben. Sanft wechselte sie aufs Handlesen über: Das war ihr neuester Fimmel, die Geheimnisse der Handlinien. „Die Zigeunerinnen betrügen ihr Publikum nur“, sagte sie überzeugt. „Aber das bedeutet nicht, daß die Grundidee der Substanz entbehrt. Weißt du, dein ganzes zukünftiges Leben ist in deinen DNS-Molekülen programmiert, und die bestimmen das Aussehen deiner Handfläche. Komm, laß mich mal sehen.“ Indem sie meine Hand nahm, zog sie mich neben sich auf die Couch hinunter. Ich kam mir vor wie ein Idiot, praktisch als männliche Jungfrau, so wie ich mich aufführte, wenn nicht sogar darin, was die praktische Erfahrung anging, als einer, dem man das Offensichtliche noch erklären muß. Margo beugte sich tief über meine Handfläche; es kitzelte. „Das hier, siehst du, das ist die Lebenslinie — oh, die ist aber lang, sie ist sogar sehr lang!“ Verstohlen und heimlich warf ich einige Blicke auf ihre Brüste, während sie noch immer ihre Handlesenummer abzog. „Und das“, sagte sie, „ist der Venusberg. Siehst du die Linie, die hier zustößt? Sie sagt mir, daß du ein Mann von gewaltiger Leidenschaft bist, aber du unterdrückst sie, du verdrängst überhaupt eine ganze Menge. Ist das nicht so?“ Also gut. Ich mache bei deinem Spielchen mit, Margo. Mein Arm umfaßt flugs ihre Schultern, während die Hand nach ihren Brüsten tastet. „Oh, ja, Eli, ja, ja!“ Jetzt konnte der Amateur mal zeigen, was in ihm steckte. Die Körper im Clinch; ein schwülstiger Kuß. Ihre Lippen teilten sich, und ich tat, was von mir erwartet wurde. Aber ich fühlte keine Leidenschaft, weder eine gewaltige noch sonst eine. Das Ganze kam mir formell vor, wie ein Standardtanz, wie etwas, das von außerhalb programmiert wurde. Ich konnte mich nicht hineinsteigern in die ganze Vorstellung, mit Margo zu bumsen. Unwirklich, irreal, unwirklich. Selbst als sie meinem Zugriff entschlüpfte und die Hose auszog, wobei spitze Hüftknochen, ein strammer, jungenhafter Po und festanliegende gelbe Locken zum Vorschein kamen, verspürte ich keine Begierde. Sie lächelte mich an, nickte mir zu, lud mich ein. Für sie hatte diese Affäre nicht mehr apokalyptischen Charakter als ein Händeschütteln oder ein Küßchen auf die Wange. Für mich wälzten sich die Galaxien um. Wie einfach hätte ich es mir doch machen können: Hose runter, auf sie drauf, rein damit, Hüften schwingen lassen, oh, ah, oh, ah, he, wow, super! Ich litt zu sehr an diesem Sex auf Bestellung; ich beschäftigte mich zu sehr mit der Vorstellung von Margo als einem unerreichbaren Symbol weiblicher Perfektion, um mitzukriegen, daß Margo ja sehr wohl erreichbar und gar nicht so perfekt war — die blasse Narbe einer Blinddarmentfernung; schwache Zeichen von Spannung an den Hüften, die letzten Folgen von Speck der Vorpubertät; die Schenkel eine Spur zu schmal.