Выбрать главу

Sie zählte ganz langsam bis zehn. »Buckley, bestimme die wahrscheinlichste Route vom Tower zum Apartmentgebäude, basierend auf den Bewegungsmustern der Zielperson. Auf dem Bildschirm anzeigen.«

»Okay.« Ein Teil des Stadtplans von Chicago mit einer rot markierten Route erschien auf dem Bildschirm. Sie sah wie die aus, an die sie sich vom Freitag erinnerte, aber sie wollte sichergehen.

»So, und jetzt füge dieser Route, ohne sie zu löschen, die zweitwahrscheinlichste Route für die Zielperson vom Tower zu dem Apartmentgebäude hinzu.«

»Warum hängt man mir immer die Idioten an? Das geht nicht.« Dem Tonfall nach zu schließen war der PDA darüber ziemlich erfreut.

»Warum kannst du diesen letzten Befehl nicht befolgen, Buckley?«, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen.

»Es gibt keine Daten über die Bewegungen der Zielperson, die mit der ersten Route nicht kongruent wären.«

»Er nimmt diese Route jedes Mal?« Sehnt sich dieser Kerl nach dem Tod oder was?

»Brillant. Wenn du so weitermachst, wirst du möglicherweise sogar einige von den vielen Dingen begreifen, die in dieser Situation schief gehen, könnten. Nicht, dass es viel nützen würde«, erklärte das Gerät mürrisch.

»Na großartig. Dann hackst du dich jetzt ein und beobachtest die Kameras entlang seiner Route. Pass aber auf, dass der Server dich nicht erwischt. Wenn er sich jetzt auf dieser Route bewegt oder wann auch immer er damit anfängt, sagst du mir Bescheid und platzierst einen Punkt auf dem Bildschirm, um seine mutmaßliche Position anzuzeigen, und aktualisierst diese Information immer dann, wenn du von den Kameras neue Daten bekommst.«

»Und du bist sicher, dass du das wissen willst?«

»Warum, ist er schon unterwegs?«, fragte sie bissig.

»Nein. Ich dachte nur, falls du zu den Leuten gehören solltest, die besser mit Katastrophen klarkommen, wenn sie nicht wissen, dass sie kommen …«

»Buckley, du wirst mir jetzt nur sagen, wenn die Zielperson den Tower nach hierher verlässt oder wenn er ein anderes Ziel ansteuert. Ansonsten hältst du die Klappe.«

»Heute sind wir aber empfindlich, wie?« Der Buckley verstummte.

Cally warf einen Blick in den billigen Aktenkoffer, den sie in einem Bürobedarfsgeschäft in der Mall erstanden hatte. Kleider zum Wechseln, in Plastik eingeschweißt, gut. Okay, Drogen, Weinkühler, Kabelbinder, mehrere Paar Strumpfhosen, Handschuhe, Knebel, Klappmesser, Soundbox … Sie nahm die kleine graue Box mit dem Schalter oben und knipste sie an. »Test, Test, Test.« Die Verkehrsgeräusche wurden gedämpft, und ihre Stimme klang hohl. Sie schaltete das Gerät ab und hängte es sich an den Gürtel, ehe sie das Klappmesser herausnahm und es in die Tasche schob. Wenn man vermeiden wollte, jemanden zu töten, war das eine nützliche Waffe, weil das Messer sie meist sofort davon überzeugte, dass man sie wirklich töten würde und auf die Weise dafür sorgte, dass sie mit einem kooperierten. Na ja, bei bestimmten Typen wirkte es jedenfalls. Im Augenblick war die gesunde Angst der Nicht-Zielperson die beste Überlebenschance der Frau.

Sie öffnete den Weinkarton und trank ein paar Schlucke, damit oben etwas Platz wurde. Dann nahm sie die Flasche mit der roten Markierung und goss die Drogen vorsichtig in den Wein. Anschließend wanderte die Drogenflasche wieder in eine Tasche des Aktenkoffers, dann schraubte sie die Plastikkappe auf den Weinkarton und schüttelte ihn leicht. Zum Mischen braucht es nicht viel, aber wir wollen nicht, dass etwas herausspritzt.

Mit einem der Marker machte sie ein rotes Zeichen auf das Etikett und verstaute den Weinkarton wieder in dem Koffer neben einem ungeöffneten und holte dann ein kleines rosafarbenes Namensschild heraus und steckte es sich an das Revers ihrer Jacke. Auf dem Namensschild stand, dass sie Lisa Johnson war, und darunter war das vertraute Logo einer bekannten Kosmetikfirma zu erkennen. Sie sah auf die Uhr. Zwölf Minuten nach vier.

»Buckley.«

»Wir werden jetzt gleich sterben, oder?«

»Nein, Buckley. Halte weiter Ausschau nach dem Wagen der Zielperson, aber außerdem musst du die Kameras anzapfen, die ich in Apartment 302C untergebracht habe und mir sagen, ob jemand zu Hause ist und wo sie sich befinden.«

»Ah, das Vertrauen der Jugend. Zwei in dem Apartment.«

»Zwei?!«

»Eine in der Küche, eine unter der Couch.«

»Unter der …« Den bringe ich noch um. »Buckley, kümmere dich nicht um die verdammte Katze. Wie viele menschliche Wesen in 302C?«

»Du unterschätzt offensichtlich den Schaden, den eine hinreichend wütende Hauskatze anrichten kann. Ein Mensch, erwachsene Frau, in der Küche.«

»Richtig. Sag mir Bescheid, wenn sie das Apartment verlässt oder wenn es jemand betritt.«

»Bitte.«

»Danke, Buckley«, fügte sie hinzu.

»Weißt du, es ist noch nicht zu spät, um nach Hause zu fliegen und die ganze Geschichte zu vergessen«, schlug er voll Hoffnung vor.

»Halt die Klappe, Buckley.« Ein paar Augenblicke lang herrschte Stille im Wagen. »Oh, ich meine davon abgesehen, dass du mir sagst, wenn die Zielperson weggeht, und mich darüber informierst, wie er auf der Route hierher vorankommt.«

»Richtig.«

Sie gab sich Mühe, nicht mit den Fingern zu trommeln, während sie wartete. In all den Jahren hatte es ihr immer die meiste Mühe bereitet, ihre Ungeduld zu unterdrücken. Das erforderte immer noch bewusste Willensanstrengung. Sie rief irgendwelche Musik im Audiosystem des Wagens auf, einfach was auf dem Würfel als Nächstes kam, und zwang sich erneut, nicht etwa den Takt mitzuklopfen, als die Pianoklänge von »Hello« aus den Lautsprechern tönten. Sie rümpfte die Nase. »Nein, vielen Dank«, sagte sie und suchte weiter, bis sie »Don’t Fear the Reaper« fand. Nicht, dass der moderne Re-Mix besser als das Original gewesen wäre, aber das Ganze wirkte nicht so … altmodisch. Einige Mitglieder der ursprünglichen Band hatten ziemlich früh eine Verjüngung gekauft, indem sie sich für eine Kolonientour auf Diess verpflichtet hatten, hatten dort eine Unzahl Abendkonzerte gegeben und von ihren Mit-Kolonisten und dem Personal von Fleet und Fleet Strike genügend Geld verdient, um ihre Verträge zurückzukaufen und für die Passage nach Hause zu bezahlen.

Eine ganze Band mit Runderneuerten war hier auf der Erde natürlich nicht jedermanns Sache, aber sie waren eben eine Rockband. Sie waren das gewöhnt. Sie befahl dem System, das ganze Album zu spielen.

Die schrillen Gitarren bei der Eröffnung von »Godzilla« klangen so machtvoll wie eh und je, und es tat ihr wirklich Leid, unterbrechen zu müssen, als der Buckley ihr mitteilte, dass die Zielperson unterwegs sei.

»Ist die Frau in 302C immer noch in der Küche, Buckley?«

»Bedauerlicherweise ja. Hättest du gern eine Liste der zehn schlimmsten Dinge, die bei diesem Einsatz schief gehen könnten?«

»Nein!«

»Ehrlich, es würde mir gar keine Mühe machen«, erbot der Apparat sich.

»Halt die Klappe, Buckley.«

»Geht in Ordnung.«

7

Cally stand an der Tür von 302C. Den Reißverschluss ihrer Aktentasche hatte sie geöffnet, hielt sie aber so, dass man den Inhalt nicht sehen konnte. Sie schloss kurz die Augen und schlüpfte in die Rolle der Kosmetikvertreterin. Als sie sie wieder öffnete, zeigte ihr Gesicht ein strahlendes Lächeln, und ihre Augen strahlten vor Begeisterung. Sie klingelte und wartete.

Kurz darauf hörte sie es auf der anderen Seite der Tür rascheln. Vermutlich die Freundin, die durch den Türspion lugte. Die Tür ging auf.

»Äh … Hallo?« Die Frau hatte Lockenwickler im Haar, und ihr Gesicht war ohne Make-up, so als ob sie sich gerade gewaschen hätte.