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»Ja, Al, aber Tatsache ist und bleibt doch, dass sie ihn getötet hat, obwohl sie hinreichend Grund zu der Annahme haben musste, dass wir seine Tötung nicht wollten«, sagte O’Reilly.

»Die Wünsche und Bedürfnisse der Organisation sind für sie kein Regulativ. Das war eine sehr bewusste Entscheidung für alle Feldagenten ihrer Spezialität, mit der Zielsetzung, nicht dadurch die Effizienz von Agenten zu beeinträchtigen. Mit anderen Worten, wenn die Bane Sidhe eine Tötung anordnet und darüber unterschiedliche Ansichten herrschen, sollten diese unterschiedlichen Ansichten die Effizienz des Agenten nicht beeinträchtigen. Sie hat festgestellt, dass er nicht tot war, sie hat die Liste der Ermessensziele überprüft, sein Name befand sich auf ihr, und sie hat ihn getötet. Ebenso gut hätte sie eine Lenkwaffe sein können. Wir haben sie dazu ausgebildet, gewisse Befehle zu befolgen. Sie hat sie befolgt. Ohne ihre persönlichen Gefühle hätte sie sich um Klärung bemühen können. Das hätte sie wahrscheinlich auch getan. Aber ich kann nicht nachdrücklich genug darauf hinweisen, dass man unseren Auftragskillern einfach nicht sagen darf, dass sie jemanden töten sollen, wenn Sie diese Tötung nicht wollen«, erklärte der Doktor.

»Bei euch Menschen gibt es einen Satz, der hier möglicherweise zutrifft. Etwas von Anwälten, die Häuser schützen?« Aelool sah die beiden Menschen ernst, beinahe würdevoll an.

»Winkeladvokaten. Sie glaubt wahrscheinlich, glaubt tatsächlich, dass sie sich wie einer verhalten hat. Aber sie ist ausdrücklich dafür ausgebildet, einige der psychologischen Aspekte eben dieser Ausbildung nicht wahrzunehmen. Beispielsweise die Unterdrückung des traumatischen Traumzyklus. Sie stellt sich nie ernsthaft die Frage, weshalb sie keine Albträume hat. Ihr freier Wille, jemanden auf der Zielliste nicht zu töten, dem sie begegnete oder der zu ihrer Kenntnis gelangte und den sie töten konnte, ohne ihren Einsatz zu gefährden … nun, ich will nicht gerade sagen, dass dieser freie Wille nicht existiert hätte. Aber er war jedenfalls wesentlich weniger stark ausgeprägt, als sie das annimmt und er das auch offenbar nach ihrer Einschätzung war. Ich sage es noch einmal, meine Herren, man darf einem dieser Auftragskiller einfach nicht sagen, dass jemand Zielperson ist, wenn man nicht will, dass diese Person getötet wird«, betonte Vitapetroni.

»Team Hector wusste zwei Jahrzehnte lang über Petane Bescheid. Team Hector konnte offenbar der Versuchung widerstehen, ihn zu töten«, gab der Priester zu bedenken.

»Dem Auftragskiller von Team Hector hat man gesagt, dass Petane am Leben ist, und man hat ihm befohlen, ihn nicht zu töten«, erklärte der Doktor.

»Wenn ich mich richtig entsinne, hatten Sie uns gesagt, wir dürften nicht verlässlich erwarten, dass Miss O’Neal einen solchen Befehl befolgen würde und dass man sie vor der Kenntnis seines Status schützen musste«, erklärte Aelool.

»Ja, das habe ich. Sie hatte das Gefühl, gegenüber Team Conyers in einer Ehrenschuld zu stehen oder glaubte das jedenfalls, nachdem Team Conyers versucht hatte, ihr Leben zu retten, als sie das Ziel eines Attentatsversuchs war; und nachdem das Team auf der Seite der O’Neals gekämpft hatte, als die Posleen das O’Neal-Haus angegriffen hatten. Ich war nicht sicher, dass sie dem Befehl nicht gehorchen würde, aber ich war sicher, dass die Belastung, die seine Befolgung für sie bedeuten würde, eine erhebliche Gefahr für ihre mentale Stabilität sein würde.«

»Wir sind uns zwar stets bewusst, wie tief unsere Leute in der Schuld des O’Neal-Clans stehen, andererseits erfüllt es uns mit Besorgnis, dass dieses ganz spezielle Problem in jenem Clan schon früher aufgetreten ist. Obwohl es bis jetzt erst zwei solcher Vorkommnisse gegeben hat, ist der Clan doch so groß, im nicht menschlichen Teil der Bane Sidhe Besorgnis aufkommen zu lassen, dass wir hier möglicherweise den Anfang eines Musters erleben könnten. So sehr es uns mit Bedauern erfüllt, das Thema auch nur andeutungsweise anzusprechen, müssen wir uns doch fragen, ob wir nicht möglicherweise den Anfang einer Schwachstelle vor uns haben.« Aelools Augen blickten jetzt noch konzentrierter auf den Boden.

»Was interpretieren Ihre Leute denn als mögliche Schwachstelle? Es wäre hilfreich für uns, wenn wir nach Hinweisen suchen könnten, die diese Interpretation entweder bestätigen oder widerlegen. Wir müssten dazu zusätzliche Details über das Ausmaß Ihrer Besorgnis kennen.« Father O’Reilly sah Aelools Gesichtsausdruck und hatte alle Mühe, seine unbewegte Miene zu bewahren. »Bitte, Aelool, ich sage ja nicht, dass es keinen Grund zur Besorgnis gibt oder dass wir Ihre Besorgnis nicht in gewissem Maße nachempfinden können. Ich sage nur, dass es hilfreich wäre, wenn Sie die Besorgnis Ihrer Leute etwas detaillierter schildern könnten, damit wir auch ganz sicher sein können, nicht irgendwelche Feinheiten zu übersehen. Nur auf die Weise können wir gemeinsam daran gehen, Abhilfe zu finden und die Probleme zur Zufriedenheit aller Clans in der Bane-Sidhe-Allianz zu lösen.«

»Es ist sehr schwer, das in menschlichen Begriffen zu erklären. Es ist nicht etwa so, dass die Handlung eines Individuums oder einer kleinen Gruppe von Individuen zum eigenen Nutzen, aber gegen die Interessen des Clans als Ganzem meinen Leuten als unehrenhaft und illoyal erscheinen würde, obwohl es davon gewisse Untertöne gibt, und zwar in solchem Maße, dass uns das … ich glaube, das beste Wort in Ihrer Sprache wäre dafür geistesgestört vorkommt. Uns erscheint das so, als hätten wir gewalttätige, verrückte, unkontrollierbare Fleischfresser ans Herdfeuer des Clans selbst geholt.« Er hob beschwichtigend die Hand. »Es ist nicht etwa so, als würde ich die Menschen so sehen, aber Sie müssen begreifen, dass … bei Ihnen gibt es ein Sprichwort, das etwa so lautet, dass ›Knöpfe gedrückt werden‹. Es wäre nicht übertrieben, wenn man sagte, dass diese eine Handlung so ziemlich jeden Knopf drückt, den meine Spezies bezüglich des Umgangs mit Fleischfressern hat.«

»Okay, in Anbetracht der Kultur, der Biologie und der gesellschaftlichen Struktur Ihrer Spezies kann ich einigermaßen begreifen, dass Sie das so empfinden«, sagte Vitapetroni, »aber ich würde doch gern ein paar Feststellungen treffen, die wir vielleicht alle hier beachten sollten. Zum Ersten ist sie nicht unkontrollierbar. In diesem Fall haben die Kontrollsysteme versagt, weil sie nicht befolgt wurden. Zum Zweiten ist ihre Bereitschaft zu töten kein natürliches menschliches Verhalten. Jeder einzelne unserer Attentatsspezialisten ist sehr sorgfältig manipuliert worden mit dem Ziel, einen Menschen zu schaffen, der bei voller Zurechnungsfähigkeit imstande ist, auf Anweisung zu töten. Diese Manipulation muss mit größter Präzision geschehen. Zum Dritten hatte sie einen rationalen Grund, ihre Handlung als nicht gegen die tatsächlichen Interessen der Bane Sidhe als Ganzes gerichtet wahrzunehmen. Der einzige tatsächliche Schaden, der dabei angerichtet wurde: dass es die Leute in Verlegenheit gebracht hat, die es unterlassen haben, neuerdings die Entscheidung, Petane am Leben zu lassen, zu überprüfen. Zum Vierten handelt sie immer noch völlig im Einklang mit den festgelegten Kontrollparametern und hat im Laufe von über dreißig Jahren der Bane Sidhe viel mehr Nutzen als Schaden gebracht. Wenn die Bane Sidhe willens war, aus pragmatischen Gründen Petane zu halten und weiterhin zu nutzen, dann sollte sie in viel höherem Maße willens sein, weiterhin Cally O’Neals Ausbildung und Talente zu nutzen.«

»Diese letzte Feststellung kann ich dazu benutzen, um meine Leute davon zu überzeugen, dass es richtig ist, den nächsten planmäßigen Einsatz durchzuführen, insbesondere in Anbetracht seiner Bedeutung und unter der Voraussetzung, dass Sie mir versichern, es ist hochgradig unwahrscheinlich, Miss O’Neal werde bei diesem Einsatz die falsche Person oder falsche Personen töten. Das übergeordnete Thema der Loyalitätsstandards spricht Ihre Feststellung allerdings nicht an«, erklärte der Indowy.