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»O nein, das tust du nicht!« brummte Tolpan. »Das ist mein Bronzener! Fizban hat ihn mir geschickt. Bloß, wie kämpft man gegen einen Drachen?«

Geschichten über Huma fielen dem Kender ein, aber sie waren keine große Hilfe, da er keine Drachenlanze und nicht einmal ein Schwert hatte. Er zog sein kleines Messer hervor und begutachtete es hoffnungsvoll. Doch dann schüttelte er den Kopf und schob es wieder in seinen Gürtel zurück. Na ja, er mußte sein Bestes versuchen.

»Feuerblitz!« wies er den Drachen an, während er auf dessen breiten, beschuppten Magen kletterte. »Du bleibst einfach liegen, und zwar mucksmäuschenstill, verstanden? Ja, ich weiß alles, ich weiß, daß du ehrenhaft im Kampf gegen deinen Feind sterben willst. Ich hatte einen Freund, einen Ritter von Solamnia. Aber gerade jetzt können wir es uns nicht leisten, ehrenhaft zu sein. Ich habe zwei andere Freunde, die gerade jetzt leben, aber vielleicht nicht mehr lange, wenn du mir nicht hilfst, zu ihnen zu kommen. Außerdem habe ich heute morgen dein Leben schon einmal gerettet, obwohl es in dem Moment vielleicht nicht offensichtlich war, und dafür schuldest du mir einen Gefallen.«

Tolpan war sich nicht sicher, ob Khirsah ihn verstand und seinem Befehl gehorchte oder ob er einfach ohnmächtig war. Jedenfalls hatte er keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Er stand auf dem Magen des Drachen und griff tief in einen seiner Beutel, um zu sehen, ob er vielleicht etwas Hilfreiches bei sich trug, und zog Tanis’ silbernes Armband hervor.

»Man sollte nicht glauben, daß er so sorglos damit umgeht«, murmelte Tolpan, während er es um seinen Arm legte. »Er muß es fallen gelassen haben, als er sich um Caramon gekümmert hat. Zum Glück habe ich es aufgehoben. Nun...« Er hob seinen Arm und zeigte auf den schwarzen Drachen, der über ihm schwebte, die Kiefer weit geöffnet, bereit, die tödliche Säure auf sein Opfer zu speien.

»Halt dich bloß zurück!« schrie der Kender. »Dieser Drachenkadaver gehört mir! Ich habe ihn gefunden. Na ja... er fand mich, sozusagen. Hat mich fast in den Boden gequetscht. Halt dich also zurück und ruiniere ihn nicht mit deinem abscheulichen Atem!«

Der schwarze Drache hielt verwirrt inne und starrte herab. Er hatte häufig genug Drakoniern oder Goblins seine Beute überlassen, aber niemals – soweit er sich erinnern konnte – einem Kender. Auch er war in der Schlacht verletzt worden und fühlte sich jetzt vom Blutverlust und einem Schlag gegen die Nase etwas benommen, aber irgend etwas in ihm sagte ihm, das da etwas nicht stimmte. Er konnte sich nicht erinnern, jemals auf der Seite des Bösen einen Kender getroffen zu haben. Er mußte sich jedoch auch eingestehen, daß es immer ein erstes Mal geben mußte. Dieser trug ein Armband mit zweifellos schwarzer Magie, deren Macht er spürte, da sie seine Zaubersprüche blockierte.

»Weißt du, was ich heutzutage für Drachenzähne in Sanction kriegen kann?« schrie Tolpan. »Geschweige denn für die Klauen. Ich kenne einen Zauberer, der dreißig Stahlmünzen nur für eine Klaue zahlt!«

Der schwarze Drache warf ihm einen finsteren Blick zu. Das war eine dümmliche Unterhaltung. Er war verwundet und wütend. Er entschied, diesen lästigen Kender zusammen mit seinem Feind einfach zu vernichten, und öffnete sein Maul... als er plötzlich von hinten von einem anderen bronzenen Drachen angegriffen wurde. Vor Zorn kreischte der Schwarze auf, vergaß seine Beute und kämpfte um sein Leben, wobei er hektisch mit den Klauen fuchtelte, um Platz in der Luft zu gewinnen, während der Bronzene ihm folgte.

Tolpan stieß einen tiefen Seufzer aus und nahm auf Khirsahs Magen Platz.

»Ich dachte schon, jetzt wäre es um uns geschehen«, murmelte er, zog das silberne Armband ab und stopfte es in seinen Beutel zurück. Er spürte, daß der Drache sich unter ihm bewegte und tief Atem holte. Tolpan rutschte die schuppige Flanke des Drachen hinunter und landete auf dem Boden.

»Feuerblitz? Bist – bist du schwer verletzt?« Wie heilte man überhaupt einen Drachen? »Ich könnte mich nach einem Kleriker umsehen, aber ich nehme an, sie sind ausgerechnet jetzt alle sehr beschäftigt, mit dieser Schlacht und allem...«

»Nein, Kender«, unterbrach ihn Khirsah mit tiefer Stimme, »das wird nicht nötig sein.« Der Drache öffnete seine Augen, schüttelte seinen riesigen Kopf und bog seinen langen Hals, um sich umzuschauen. »Du hast mein Leben gerettet«, sagte er und starrte den Kender verwirrt an.

»Zweimal«, verbesserte ihn Tolpan fröhlich. »Das erste Mal war heute morgen beim Einzug von Lord Soth. Mein Freund Caramon – du kennst ihn nicht – hat dieses Buch, in dem steht, was in der Zukunft geschehen wird – oder besser gesagt, was jetzt nicht in der Zukunft passieren wird, weil wir sie ja verändern. Jedenfalls hättest du nach diesem Buch mit Tanis gegen Lord Soth kämpfen sollen, und ihr beide wäret gestorben, wenn ich nicht das Armband gestohlen hätte, so daß ihr es nicht getan habt. Gestorben, meine ich.«

»In der Tat.« Khirsah rollte sich auf die andere Seite und breitete einen seiner riesigen ledernen Flügel in der verrauchten Luft aus und untersuchte ihn eingehend. Er war voller Schnittwunden, und er blutete, aber er war nicht eingerissen. Mit der gleichen Methode ging er bei dem anderen Flügel vor, während Tolpan gebannt zusah.

»Ich glaube, ich möchte gern ein Drache sein«, erklärte er mit einem Seufzer.

»Natürlich.« Khirsah drehte langsam seinen bronzenen Leib auf den Bauch, um sich auf seine Klauenfüße aufzurichten. Zuvor zog er seinen langen Schwanz aus dem Schutt eines Gebäudes hervor, das er umgeworfen hatte. »Wir sind die Auserwählten der Götter. Unsere Lebenszeit ist so lang, daß uns das Leben der Elfen so kurz wie das Abbrennen einer Kerze zu sein scheint, während das Leben der Menschen und von euch Kendern nichts weiter als eine Sternschnuppe ist. Unser Atem bedeutet den Tod, und unsere Magie ist so mächtig, daß uns lediglich die größten Zauberer übertreffen.«

»Ich weiß«, gab Tolpan zurück und versuchte seine Ungeduld zu verbergen. »Also, bist du sicher, daß alles funktioniert?«

Khirsah verbarg ein Lächeln. »Ja, Tolpan Barfuß«, sagte der Drache ernst und spannte seine Flügel an, »alles – äh – funktioniert, um deinen Ausdruck zu gebrauchen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nur ein wenig benommen, das ist alles. Und da du mein Leben gerettet hast, werde ich...«

»Zweimal.«

»Zweimal mein Leben gerettet hast«, korrigierte sich der Drache, »bin ich verpflichtet, dir einen Gefallen zu erweisen. Um was bittest du mich?«

»Bring mich hoch zu der fliegenden Zitadelle!« antwortete Tolpan und schickte sich unverzüglich an, auf den Rücken des Drachen zu klettern. Er wurde jedoch am Kragen, der sich in einer Riesenkralle von Khirsah verfangen hatte, in die Luft gehoben. »Oh, danke für den Beistand. Aber ich hätte es auch allein geschafft...« Dann wurde er jedoch nicht auf den Rücken des Drachen gesetzt. Statt dessen fand er sich in Augenhöhe mit Khirsah wieder.

»Das könnte äußerst gefährlich – wenn nicht fatal – für dich werden, Kender«, sagte Khirsah streng. »Das kann ich nicht zulassen. Laß mich dich zu den Rittern von Solamnia bringen, die sich im Turm des Oberklerikers aufhalten...«

»Ich war schon im Turmdes Oberklerikers!« plärrte Tolpan. »Ich muß zur fliegenden Zitadelle! Verstehst du denn nicht, uh, verstehst du denn nicht – Tanis, der Halb-Elf! Du kennst ihn? Er ist dort oben, gerade in diesem Augenblick, und uh – er ließ mich hier zurück, um eine wichtige, uh, Information für ihn einzuholen« – Tolpan beendete hastig den Satz – »ich habe sie jetzt und muß sofort zu ihm.«

»Gib mir die Information«, antwortete Khirsah, »und ich werde sie ihm übermitteln.«

»N...nein, das... uh – d...das funktioniert überhaupt nicht«, stammelte Tolpan und dachte verzweifelt nach. »Es ist... uh – in der Kendersprache! Und – und – es kann nicht in – äh – die Umgangssprache übersetzt werden. Du sprichst – uh – doch nicht die Kendersprache, oder, Feuerblitz?«