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„Ja, Hortensius, um genau zu sein. Ihr wisst doch, dass er und Geta sich nicht ausstehen können“, erzählte Titus.

„Was ist genau passiert?“, fragte Sextus begierig. Der Römer, der sich Klatsch entgehen ließ, war noch nicht geboren! Titus steigerte die Spannung, indem er zunächst ein paar Nüsse nahm und dann einen Schluck Wein trank. „Also, es begann mit einer Parole gegen Geta. War einer von euch in letzter Zeit außerhalb der Stadt? Sie prangt an der Via Agrippa am lugdinischen Tor.“

Appius grinste. „Wir, die Diebe von Arausio, schlagen Geta zum Ädilen vor. Er ist sowieso der größte Spitzbube von allen“, zitierte er.

Sie brüllten vor Lachen. „Ja, und als sein Neffe das sah, wurde er ganz grün vor Wut“, sagte Titus. „Er beauftragte einen Freigelassenen, an den Giebel ihres Hauses in großen Buchstaben ‚Römer, geht zur Wahl. Wählt Geta zum Ädilen, wir, die Metzger, befürworten das’ zu schreiben.“

„Und?“ „Der Freigelassene kann Latein kaum unfallfrei sprechen, geschweige denn schreiben. ‚Römers gehen zur Wahl’ hat dieser Trottel geschrieben. Der Neffe stand rot vor Wut daneben und schrie so lange ‚R O M A N I, R O M A N I, GEHT, GEHT’, bis die ganze Nachbarschaft zusammengelaufen war.“

Sie schrien vor Lachen, Lucius schossen Tränen in die Augen. Die anderen Badegäste zischten empört. Ein Badediener kam herbei. „Meine Herren, bitte benehmen Sie sich manierlich. Sie stören die anderen Gäste!“

Lucius erstickte beinahe beim Versuch, das Lachen zu unterdrücken.

„Das Beste kommt noch!“, japste Titus. „Getas Neffe befahl, die Wand neu zu weißen und dann die Parole richtig zu schreiben, aber da stand plötzlich Hortensius da und sagte mit seiner weit tragenden Stimme: ‚Es ist verboten, Wahlparolen vor den Kalenden des Sextilis zu übermalen. Wenn du es doch tust, wird dein Onkel wegen Wahlbehinderung ausgeschlossen!’“

Lucius bemühte sich, nicht zu laut loszuprusten, Quintus schüttelte es.

„Das kann er doch unmöglich ernst gemeint haben!“, sagte Sextus.

„Doch!“, bestätigte Appius. „Heute Morgen hat er Geta vor die Duoviri zitiert und Gallianus hat entschieden: Entweder die Schrift bleibt stehen oder Geta wird ausgeschlossen.“ Er machte eine Pause. „Und dann fügte Gallianus hinzu: ‚Und jetzt, Römer, geht, geht, geht!’“

Sie wieherten wieder los. Sextus fiel von seiner Bank, was das Geheul der anderen noch verstärkte. Quintus, der schon auf dem Boden lag, kugelte sich vor Lachen. Der Badediener stand wieder vor ihnen und versuchte, sie zur Ruhe zu ermahnen, aber es war vergeblich. Schließlich drehte er sich energisch um und ging schnellen Schrittes in den Vorraum – wahrscheinlich, um Verstärkung zu holen.

„Ich glaube, es ist besser, wir verschwinden!“, japste Appius. „Bevor er gleich mit den Rausschmeißern wiederkommt!“

Es dauerte eine Weile, bis sie dazu in der Lage waren. Dann rappelte Sextus sich vom Boden auf, Lucius half Quintus auf die Beine. Sie sammelten ihre Habseligkeiten ein und strebten dem Ausgang zu. Keine leichte Sache, wenn man dabei versucht, das Lachen zu unterdrücken. Vor allem, als ihnen jemand aus dem Warmwasserbecken auch noch ein „Geht, geht, geht!“ nachrief. Sie schafften es aber irgendwie, in den Ankleideraum zu kommen, und als der Badediener mit zwei muskelbepackten Helfern dort hereinstürmte, sah er sich fünf manierlichen jungen Herren gegenüber, die ihn erstaunt über seinen Auftritt ansahen. Sie nickten ihm, ganz die dignitas wahrend, hoheitsvoll zu, ignorierten die Muskelmänner und stolzierten an ihnen vorbei hinaus, als ob sie Romulus persönlich wären.

Lucius’ Schwertkampftraining entwickelte sich zu einem Alptraum. Jeden Nachmittag trainierte er nichts anderes als Zustoßen, und jeden Tag dauerte die Übung so lange, bis Lucius vor Entkräftung das Schwert fallen ließ. Dann hob Pertinax es auf, verabschiedete sich und ging. Pertinax war kein Mann vieler Worte, aber seine Blicke ließen Lucius deutlich spüren, dass er noch weit davon entfernt war, ein Schwertkämpfer zu sein. Nach dem Training fühlten sich Lucius’ Arm, seine Schulter und seine ganze rechte Seite taub an. Trotz Massage konnte er am nächsten Morgen seinen Arm meist kaum bewegen. Ein Zustand, der sich im Laufe des Tages zwar besserte, doch dann folgte die nächste Trainingsstunde und es ging wieder von vorne los. Nach einer Woche meuterte er. Trotzig warf er sein schweres Übungsschwert auf den Boden.

„Was hat das mit Kämpfen zu tun? Wie soll ich dabei etwas lernen?“

Pertinax sah ihn leicht amüsiert an, bückte sich, hob zwei kurze Holzgladien auf und warf ihm einen zu. „Na los, verteidige dich!“

Pertinax machte eine Finte und Lucius riss seinen Schwertarm hoch, worauf Pertinax einen Schlag gegen sein Schwert führte. Ein heftiger Ruck ging durch Lucius’ Arm. Das Schwert flog unter allgemeinem Gejohle der Zuschauer in den Sand.

„Heb es auf“, sagte Pertinax ruhig.

Lucius hob das Schwert auf. Kaum hatte er Kampfstellung eingenommen, entwaffnete ihn Pertinax wieder. Und dann noch ein drittes Mal. Als Nächstes ließ ihn Pertinax angreifen, Lucius stieß wütend zu, aber Pertinax blockte ab und schlug ihm erneut das Schwert aus der Hand.

„Vielleicht ist es besser, du lernst erst einmal ein Schwert festzuhalten, bevor du kämpfen willst!“ Kleinlaut hob Lucius sein schweres Übungsschwert auf und nahm gedemütigt seine Übungen wieder auf. Das Gelächter der Zuschauer und seiner Freunde brannte in seinen Ohren.

Er schämte sich so sehr, dass er an diesem Nachmittag seinen Freunden nicht ins Bad folgte. Er suchte das erstbeste Bad auf dem Heimweg auf. Er fühlte sich immer noch erniedrigt. Lern erstmal ein Schwert festzuhalten, bevor du kämpfen willst. Was bildete sich dieser Ex-Sklave eigentlich ein! So konnte er doch nicht mit ihm reden. Warum ließ Gaius es zu, dass Lucius in aller Öffentlichkeit gedemütigt wurde? Seit er die Wahl zum Quatrovir gewonnen hatte, studierte Gaius alle Gesetzestextes, die mit dem Straßenwesen zu tun hatten. Vielleicht wusste er gar nicht, was Pertinax mit seinem Bruder machte? Gut, das konnte man ändern.

„Warum muss ich in aller Öffentlichkeit in der Palaestra trainieren? Ich kann die Schwertübungen doch auch bei uns im Garten machen!“, fragte er Gaius nach seiner Rückkehr in einem ungewollt patzigen Tonfall. Gaius, der im Atrium auf einer Cline saß und über Schriftrollen brütete, sah ihn erstaunt an. „Warum willst du plötzlich in unserem Garten trainieren? Wofür ist die Palaestra sonst da? Ein Marsfeld haben wir nicht.“

„Jeden Tag muss ich mit dem Schwert gegen diesen blöden Baum stechen, bis ich nicht mehr kann und das Schwert fallen lassen muss!“, sprudelte Lucius heraus. „Mein ganzer Arm tut weh. Ich spüre Muskeln, deren Existenz ich gar nicht kannte. Und heute hat mich Pertinax wie einen Anfänger aussehen lassen. Er hat mir immer wieder das Schwert aus der Hand geschlagen und mich vor allen anderen zum Gespött gemacht!“

Gaius hatte sich auf der Liege aufgerichtet und sah ihn ruhig an. Nachdem Lucius geendet hatte, seufzte er und sagte: „Lucius, ich verstehe nicht das Geringste vom Kämpfen. In deinem Alter lebte ich noch auf dem Hof und musste dort mit anpacken. Aber eines weiß ich: Du bist ein Anfänger im Schwertkampf!“

Lucius lief rot an. „Das weiß ich ja, das habe ich auch nicht gemeint!“

„Ich weiß, was du gemeint hast, Lucius“, beschwichtigte ihn Gaius. „Ich weiß nicht, warum Vater dich im Schwertkampf ausbilden lässt. Alles, was ich weiß, ist, dass Schwertkampf etwas anderes ist als Ringen oder Boxen. Hier geht es um Leben und Tod. Solltest du je ernsthaft kämpfen müssen, kannst du dir nicht aussuchen, ob du Publikum hast oder nicht. Pertinax war und ist ein Meister in diesem Fach. Ich werde mir nicht anmaßen, mehr zu wissen als er!“ Er machte eine Pause. „Und wenn du den Schwertkampf vernünftig lernen willst, solltest du lernen, ihm zu vertrauen. Lass die anderen doch lachen! Wer von deinen Freunden kann ein Schwert führen? Na gut, noch lässt du es fallen, aber ein, zwei Wochen oder einen Monat weiter, und sie können nur neidisch zuschauen. Hab Geduld, Lucius. Ohne Fleiß kein Preis!“ Mit dieser Weisheit ließ er ihn stehen und vertiefte sich wieder in die Schriftrollen. Lucius seufzte. Warum musste sein Bruder immer recht haben, das war furchtbar.