Выбрать главу

Marcus Cornelius Plautus grüßt Gaius und Lucius Justinius Marcellus,

ach, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es gibt so viel zu erzählen. Das Wichtigste zuerst: Vater war in Rom, ist aber bereits auf dem Wege nach Arausio. Dort wird er noch vor den Kalenden des November eintreffen. Er ist gesund und geschäftig wie eh und je.

Auch Augustus ist wieder in Italien. Das war eine Aufregung! Kaum war bekannt geworden, dass der große Mann in Brundisium an Land gegangen ist, machte sich die halbe Nobilität reisefertig, um ihn in Kampanien aufzusuchen. Sie wurden aber enttäuscht, da Augustus zunächst in Brundisium blieb. Vergil hatte sich eine schwere Krankheit zugezogen und es wollte ihm nicht besser gehen. Schließlich verstarb er. Ist das nicht merkwürdig? Da schreibt er jahrelang an der Aeneis, und kaum hat er sie abgeschlossen, legt er sich hin und stirbt. Die Wege der Götter sind manchmal unerforschlich. Jeder gebildete Römer wartet gespannt auf die Veröffentlichung. Alle kennen natürlich die Geschichte von Octavia, die in Tränen ausbrach, nachdem ihr die Verse über Aeneas’ Besuch in der Unterwelt vorgelesen worden waren, in denen er ihren Sohn Marcus Claudius trifft. Und jetzt möchte jeder die Illias der Römer lesen.

Nach der Beerdigung des Vergil reiste Augustus schließlich weiter nach Kampanien, wo ihm der halbe Senat entgegeneilte, allen voran der Konsul Saturninus. Damit er nicht länger alleiniger Konsul bleiben musste, ernannte Augustus Quintus Lucretius Vespillo zum zweiten Konsul. Er ist jedoch eine unbedeutende Figur. Der Princeps hat auf diesem Wege nur klargemacht, wer das Sagen hat. Als ob jemand daran zweifeln würde!

Es war auf jeden Fall eine klare Botschaft an Marcus Egnatius Rufus, der unmittelbar nach der Nachricht von Augustus’ Rückkehr wegen Hochverrats und der Anstiftung zum Aufruhr angeklagt wurde. Das Urteil lautete: schuldig; und so wurde er unverzüglich hingerichtet. Damit ist der Spuk nun vorüber. Nachdem jetzt der Osten befriedet wurde, Agrippa die Kantabrer und Balbus die Garamanten unterworfen hat, haben wir endlich im Osten, Westen und in Italien Frieden.

Jupiter sei Dank ist Augustus gesund wiedergekommen. Mein Adoptivvater erzählte mir von der Unsicherheit und Panik vor vier Jahren, als Augustus todkrank aus Hispanien zurückkehrte.

Der Prozess gegen Primus, die Verschwörung des Murena, der Tod des Marcus Claudius Marcellus – ein übles Jahr muss das damals gewesen sein. Nun sind, bis auf Agrippa, alle wichtigen Männer in Rom versammelt – zum ersten Mal seit Jahren. Hoffentlich bleibt alles ruhig. Es gibt einige junge adlige Hohlköpfe, die vom Verlust der Freiheit schwafeln und der Meinung sind, die neue Ordnung sei freier Römer unwürdig, aber die stehen ziemlich allein da. Auf der einen Seite lieben die Römer politisches Chaos, aber es gibt keine Familie, die in den letzten sechzig Jahren nicht mindestens ein Familienmitglied durch die Proskriptionen des Sulla, das Triumvirat, die Schreckensherrschaft von Marius und Cinna, durch die Straßenschlachten und die Kriege verloren hat. Das liegt alles hinter uns. Der Senat hat ein Dankesfest und ein Staatsopfer angeordnet.

Nun aber zu meiner Familie …

IM • HAUSE • DES • AUGUSTUS, • ROM

Die morgendliche Begrüßung der Klienten war im vollen Gange, als Titus Statilius Taurus eintraf. Obwohl sich ein vornehmer Römer in der Öffentlichkeit normalerweise nie ohne Klienten bewegte, hatte Taurus auf sie verzichtet. Er wurde nur von einem Schreiber und zwei seiner Statilier begleitet. Angesichts der Masse an Klienten, die sich im Perystil drängten, konnte er sich zu dieser Entscheidung nur beglückwünschen.

Der maior domus begrüßte ihn unterwürfig: „Titus Statilius, willkommen, dein Besuch ehrt uns wie immer.“ Er winkte einem der Sklaven, der sofort herbeistürzte. „Geleite Titus Statilius sofort in das hintere Atrium, und sorge für seine Begleiter!“, fügte er mit einem unsicheren Blick auf die beiden Leibwächter hinzu.

Taurus lächelte still, als er das Unbehagen registrierte, das die beiden Germanen auslösten.

Im hinteren Atrium stellte er fest, dass Augustus seine Beratungen heute in großer Runde durchführen würde. Lucius Tarius Rufus war mit Lucius Domitius Ahenobarbus und Drusus, dem Stiefsohn des Augustus, ins Gespräch vertieft. Tiberius, der andere Stiefsohn, unterhielt sich mit Lucius Calpurnius Piso. Marcus Lollius und Marcus Vinicius hockten zusammengesunken in ihren Stühlen und nippten an dampfenden Bechern. Wahrscheinlich wieder eine lange Nacht, mutmaßte Taurus.

Paullus Fabius Maximus unterhielt sich natürlich mit Marcus Valerius Messalla Corvinus, und Taurus hätte einen Aureus gegen eine hohle Nuss gewettet, dass es um Bücher oder um Dichter ging.

Es waren bereits neun Mitglieder des Consiliums versammelt, doch es fehlten neben dem großen Mann auch noch die amtierenden und die designierten Konsuln. Vielleicht hatte Augustus es ja auch nicht für nötig gehalten, die beiden Lentulii einzuladen. Von der Familie des Princeps stand nur Tiberius mit den Cornelii Lentulii auf gutem Fuß. Wen wunderte es? Die Claudier und die Cornelier gehörten zum alten Patrizieradel von Rom. Taurus streifte die Toga ab und faltete sie zusammen. Dann übergab er sie seinem Sekretär und bekam dafür im Austausch einige der Schriftrollen, die dieser getragen hatte. Der Sekretär verschwand unauffällig im Hintergrund, wo schon die anderen Schreiber saßen und zweifelsohne mit Informationen handelten oder den neuesten Klatsch austauschten.

Taurus grüßte in die Runde, aber ehe er sich an einem der Gespräche beteiligen konnte, kam der große Mann selbst hereingerauscht: Imperator Caesar Augustus, erster Bürger Roms, begleitet von seiner Frau Livia und den beiden Konsuln Saturninus und Vespillo.

Augustus grüßte leutselig. „Antonius Musa sagt, dass Julias Schwangerschaft einwandfrei verläuft. Anfang nächsten Jahres werde ich wieder Großvater. Ich werde Apollo ein Opfer bringen und hoffe, dass der Senat zu Ehren meiner Tochter und meines Enkels das Gleiche tut!“

Tiberius gab ein Geräusch von sich wie eine Katze, bevor sie ein Wollknäuel ausspuckt. Augustus warf ihm einen bösen Blick zu, beachtete ihn aber sonst nicht weiter, sondern begann die versammelten Männer einzeln zu begrüßen.

Saturninus zog sich einen freien Stuhl heran und setzte sich neben Vinicius und Lollius.

„Na, wieder die ganze Nacht gewürfelt? Wer hat gewonnen?“, fragte er mit seiner tiefen Stimme.

„Wer schon?“, entgegnete Vinicius.

„Er hat natürlich geschummelt?“, hakte Vespillo grinsend nach, der auch bei ihnen Platz genommen hatte.

„Wurde Caesar ermordet?“ Lollius sah in die Runde. „Legen Hühner Eier? Natürlich hat er geschummelt!“

Augustus hatte die Begrüßungsrunde beendet und sich auf seinem Stuhl niedergelassen. Livia nahm hinter ihm Platz.

„Diesen Bericht habe ich von Marcus Agrippa erhalten.“ Augustus zog eine Schriftrolle auseinander. „Er berichtet von seinen Tätigkeiten in Gallien und Spanien.“

Augustus trug die wichtigsten Details vor und schloss mit den Worten: „Agrippa hat mit einer Neuordnung der spanischen Provinzen begonnen und die provisorische Provinz Transduriana wieder aufgelöst. Lucius Sestius Albanianus Quirinalis hat also die Ehre, der erste und letzte Statthalter gewesen zu sein.“ Die Männer lachten. „Agrippa hat Gaius Furnius und Publius Silius Nerva als Legaten zurückgelassen und ist wieder in Gallien. Weiter schreibt er, dass die abschließende Neuordnung und ein Zensus Galliens und Hispaniens schnellstens durchgeführt werden müssen.“ Er rollte die Liste wieder zusammen und legte sie auf den Tisch zurück.