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Für einen Moment herrschte Schweigen, während man über das Gehörte nachdachte.

„Das ist bestimmt aufregend, oder?“, fragte Lucius wissbegierig. „Du musst mir alles von den Ländern und Völkern erzählen, die du kennengelernt hast!“

Syros lachte: „Haben wir einen Abend oder ein Jahr Zeit? Der Osten ist ein buntes Gemisch von Völkern – Syrer, Griechen, Römer, Armenier, Ägypter, Phönizier, Judäer.“

Er trank noch einen Schluck. Dann sah er sich suchend um: „Kein Garum?“, fragte er zu Gaius gewandt. Lucius grinste in sich hinein, in Erwartung eines bissigen Kommentars von Gaius. Syros konnte die Vorbehalte seines Bruders gegen die würzige Fischsauce, die jeden Eigengeschmack übertünchte, nicht kennen. Gaius verzog nur leicht das Gesicht: „Stephanos, bringe bitte das Garum!“ Er schaffte es sogar, den Widerwillen in seiner Stimme zu unterdrücken.

Syros fiel es anscheinend nicht auf. Er wandte sich wieder an Lucius und fuhr fort zu erzählen: „In einigen Jahren will mein Vater mit mir nach Ägypten reisen. Dann werde ich Jerusalem und Alexandria kennenlernen.“ Syros erzählte, dass er es kaum erwarten konnte, vollwertig im Geschäft seines Vaters zu arbeiten. „Andere Länder und Menschen sehen – Rhodos, Athen und Gades, die Zinninseln, Kolchis, das Euxenische Meer. Vielleicht sogar eines Tages Indien.“

Syros’ Augen leuchteten begeistert bei dieser Aufzählung.

Sextus lächelte. „Das scheint eine Familienkrankheit zu sein. In jeder Generation wird einer vom Fernweh infiziert. Lucius schwärmt auch von anderen Ländern.“

„Ich nicht.“ Gaius schüttelte heftig den Kopf. „Ich finde das Reisen anstrengend. Mir reicht es, nach Lugdunum und Massilia zu fahren. Als ich vor vier Jahren nach Rom gereist bin, war ich von den Strapazen ganz erledigt.“

„Wie hat dir Rom gefallen, Gaius?“, fragte Syros.

„Wenn du die Bauten in Rom gesehen hast, erscheint dir alles andere klein“, antwortete Gaius.

Syros nickte. „Wir haben auf unserer Reise Athen angelaufen. Dann Brundisium, Syrakus und Neapel. Alles wunderschöne Städte, aber Rom ist unübertrefflich. Das Herz der Stadt ist fast ganz aus Marmor“, schwärmte er. „Und überall wird immer noch eifrig gebaut. Augustus und Agrippa werden eine Stadt aus Marmor hinterlassen.“

„Gibt es Städte im Osten, die sich mit der Größe und der Pracht Roms messen können?“, fragte Lucius, begierig, mehr zu erfahren.

„Alexandria oder Babylon vielleicht, eventuell Susa. Ich habe diese Städte bisher noch nicht gesehen“, erwiderte Syros nachdenklich. „Nur Ekbatana!“

„Ekbatana?“, fragte Gaius erstaunt. „Ekbatana in Parthien? Was hast du da gemacht?“

Anstatt zu antworten, nahm Syros einen weiteren Schluck aus seinem Weinbecher.

Gaius und Lucius warteten ungeduldig auf seine Antwort. Sextus lächelte über die gespannte Erwartung seiner Neffen.

„Nun, ich war mit meinem Vater dort!“, antwortete Syros knapp.

Gaius und Lucius sahen sich verdutzt an. Das war doch keine Erklärung. Ekbatana lag viele Meilen weit im Reich der Parther, und gegen die Parther hatte Rom bis vor kurzem offiziell noch Krieg geführt.

Als Syros schwieg, hakte Lucius nach. „Und was machte dein Vater dort?“

„Mein Vater? Mein Vater hat euren begleitet“, entgegnete Syros.

Gaius und Lucius sahen fragend zu Sextus hinüber. Der schien aber ganz in sein Essen vertieft zu sein. Lucius überkam der Verdacht, dass Syros sie zum Besten hielt. Er sah sich seinen Vetter genau an. Aber Syros schaute ganz arglos zurück. Dann sah Lucius nochmals zu Sextus. Der blickte ganz unbefangen zu seinem Neffen. Er lachte nicht, oder besser: Er lachte ganz betont nicht.

Die beiden nehmen uns auf den Arm, schoss es Lucius durch den Kopf. Auch Gaius musste dieser Gedanke gekommen sein. Er griff nach ein paar Trauben und warf sie Syros an den Kopf.

„Nun los, rede schon!“

Syros lachte laut auf und Sextus platzte heraus: „Oh, ihr Götter! Eure Gesichter sind zu köstlich. Wie zwei Schafsböcke!“

Etwas gequält und unsicher stimmten Gaius und Lucius in das Lachen ein. Ihr Vater hielt es offenbar für völlig unnötig, sie in seine Missionen einzuweihen. Endlich erbarmte sich Syros und begann zu erzählen: „Marcus Agrippa wollte Verhandlungen mit den Parthern. Dazu gehört natürlich mehr, als nur herumzuschreien. Mein Vater hat gute Beziehungen zu den Parthern, da wir mit ihnen Geschäfte machen. Agrippa wollte sich das zunutze machen, daher hat er unsere Familie einbezogen. Also sind unsere Väter nach Ekbatana gereist. Ich habe sie als Sekretär begleitet.“

„Und weiter?“

Syros machte eine Pause, um die Spannung zu steigern: „Nun, Verhandlungen nehmen im Osten viel Zeit in Anspruch. Da gibt es viele Kleinigkeiten zu beachten und man muss die Form wahren. Das bedeutet eine Reihe von Besuchen und Gegenbesuchen, Einladungen und Geschenken bei Geschäftsleuten, die jemanden kennen, der jemanden kennt, der der Vetter von jemandem ist, der das Ohr des dritten Eunuchen hat, der der dritte Sohn von jemandem ist!“

Lucius schwirrte der Kopf. „Und der ist dann jemand vom Königshaus!“

„Nein, er aber kennt jemanden, von dem er gehört hat, dass er jemanden aus dem Königshaus kennt!“, warf Gaius trocken ein.

„Wie ich sehe, kennst du dich aus!“, stellte Syros fest und alle lachten.

„Woher kanntet ihr die politischen Verhältnisse im Reich der Parther so genau?“, hakte Gaius nach.

„Die Verhältnisse bei den Parthern kennt im Osten jeder Händler. Aus Geschäftsgründen sozusagen. Für einen Händler ist es ungemein wichtig zu wissen, welcher König auf Krieg und welcher auf Frieden aus ist.“ Mit einem durchtriebenen Grinsen fügte er hinzu: „Und wer wen kennt und kennen könnte und so weiter!“

Lucius musste plötzlich an etwas anderes denken. „Was ist denn mit den römischen Gefangenen?“

„Du denkst an unseren Onkel? Die Gefangenen werden zwar freigelassen, aber unser Onkel stand auf keiner der Listen. Er ist immer noch verschollen. Wahrscheinlich längst tot“, sagte Syros traurig. „Unsere Väter sind nach Nisibis gereist, um bei der Rückgabe der Adler dabei zu sein.“

„Wann Gnaeus nach Arausio zurückkehrt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen!“, bemerkte Sextus. „Aber er kehrt in jedem Fall dieses Jahr noch nach Italien zurück. Da es noch einiges zu erledigen gibt, bleibt er den Winter über vielleicht in Rom. Allerdings hat er Pläne mit euch. Daher soll ich euch seine Wünsche übermitteln.“

„Pläne?“, fragte Lucius verwirrt.

„Wünsche?“, ergänzte Gaius misstrauisch.

„Ja. Du, Gaius, sollst dich in diesem Jahr um ein Amt bei den Vigintiviri bewerben!“, sagte Sextus. Gaius verschluckte sich am Wein und prustete ihn über den Tisch.

„GAIUS!“ Julia sah ihn empört an, aber Gaius röchelte nur und versuchte den Wein aus seiner Luftröhre zu husten. Sextus war ihm behilflich, indem er ihm auf den Rücken klopfte. Seine tellergroßen Hände sausten mit einer solchen Wucht auf Gaius’ Rücken, dass Lucius befürchtete, er würde seinem Bruder das Kreuz brechen.

„Ich soll mich dieses Jahr wählen lassen?“, keuchte Gaius schließlich.

„Warum nicht?“, fragte Sextus. „Die Wahlen sind erst im Juli, das gibt dir Zeit, deine Kandidatur einzureichen und deinen Wahlkampf zu führen. Die Justinii Marcelli sind in Arausio bekannt, du hast gute Chancen, gewählt zu werden.“

„Aber ich habe schon einem Kandidaten für die triumviri capitales und einem Kandidaten für das Amt des Kurators für die Wasserversorgung Unterstützung zugesagt“, erklärte Gaius mit Nachdruck. „Und wenn ich nicht als Triumvir für die öffentliche Ordnung kandidieren kann, bleibt nur das Amt eines duovir viarum für die Straßen in der Stadt oder das eines Quatrovir für die Straßen außerhalb der Stadt übrig. Diese Ämter sind eine Zumutung.“