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»Das ist Wahnsinn«, fuhr Soerensen fort, in einem Ton und mit einem Blick, als hätte er Becker gar nicht bemerkt. »Wir sitzen hier und... und reden über einen Krieg mit außerirdischen Wesen, die ...«

»Noch«, fiel ihm Becker scharf ins Wort, »reden wir über gar nichts, Professor. Sie haben völlig recht - wir haben nur ein paar Bilder gesehen, die alles mögliche bedeuten können.«

Charity sah überrascht auf. Becker hatte ihr Gespräch mitgehört. Sie fragte sich, warum.

»Aber es ist wahrscheinlich, dass es zu ... Konflikten kommt«, sagte Mike vorsichtig.

Becker sah ihn fast ausdruckslos an. »Wir sind auf DEFCON 2, wenn Sie das meinen«, sagte er nach einer Weile. »Aber das heißt nicht zwangsläufig, dass es zu Kampfhandlungen kommen muss. Das Ganze kann sich als Irrtum herausstellen. Als Überreaktion der einen oder anderen Seite. Als Missverständnis ...« Er hob in einer hilflos aussehenden Bewegung die Hände.

»Das ist Wahnsinn!« beharrte Soerensen. »Das muss ein Alptraum sein. Ein... ein Krieg zwischen zwei Planeten ist völlig unmöglich. Selbst wenn sie hierher kommen könnten, es würde sich gar nicht lohnen.«

»Sie sind doch schon da, Professor«, sagte Becker, fast sanft.

»Aber es ist Irrsinn«, murmelte Soerensen. Charity spürte, dass er dem Zusammenbruch nahe war. »Ein... ein Volk, das weit genug fortgeschritten ist, andere Welten zu besuchen, kann nicht ...«

»Auf Eroberungen aus sein?« Niles schnaubte. »O nein, natürlich nicht. Es muss ethisch viel höherstehend als wir sein, nicht wahr? Ich glaube, so etwas Ähnliches haben die Indianer vor zweihundert Jahren hier auch gedacht. Und wissen Sie was, Professor? Sie hatten unrecht.«

Soerensen fuhr hoch, aber der erwartete Protest blieb aus. Er blickte Niles nur an, sah dann wieder weg und zündete sich eine weitere Zigarette an, obwohl die alte erst halb aufgeraucht im Aschenbecher lag.

»Das alles ergibt überhaupt keinen Sinn«, sagte Landers plötzlich. Mit Ausnahme Terhovens war er bisher der Schweigsamste von ihnen gewesen; tatsächlich hatte Charity fast vergessen, dass er überhaupt da war. Jetzt sah er abwechselnd Becker und Soerensen an.

»Verdammt, wir alle wissen doch, wie es im Inneren dieses sogenannten Sternenschiffes aussieht. Das Ding ist primitiver, als hätten wir es gebaut.«

»Und?« fragte Becker.

»Woher kommt dieser... dieser Materiesender, oder was immer es ist? Er paßt einfach nicht ins Bild.«

»Da passt eine ganze Menge nicht ins Bild«, bestätigte Becker. »Aber damit sollen sich die Wissenschaftler auseinandersetzen, nicht wahr? Früher oder später werden wir eine Erklärung finden.«

»Wenn sie uns Zeit dazu lassen.«

Becker sah Charity scharf an. »Sie sind nicht hier, um Pessimismus zu verbreiten, Captain«, sagte er. »Die Lage ist ernst, aber wir werden mit ihr fertig, keine Sorge. Es ist nur ein Schiff, ganz egal, wie groß es auch ist. Und ganz egal, wie viele Riesenkäfer und sonstige Ungeheuer herauskommen, wenn es sein muss, sprengen wir sie in die Luft.«

Ja, dachte Charity, das war ganz genau die Antwort, die sie von Becker erwartet hatte. Und ein wenig hoffte sie sogar, dass er recht hatte, dass sie es konnte, wenn sie mussten. Sie war nicht sicher.

»Das klingt, als warteten Sie nur darauf, Becker!« sagte Soerensen aufgebracht.

Becker blieb ruhig. »Nein«, sagte er gelassen. »Wenn Sie es genau wissen wollen, habe ich eine Scheißangst davor. Aber ich bin vorbereitet, wenn es sein muss.«

»Warum sind wir hier, Commander?« fragte Charity, ehe Soerensen erneut loslegen konnte. »Doch sicher nicht, um über einen Angriff auf die Aliens zu beraten, oder?«

Becker lächelte schwach und wurde sofort wieder ernst.

»Nein«, sagte er. »Ich wollte Ihnen Ihre Marschbefehle persönlich mitteilen, das ist alles. Die CONQUEROR und ihre beiden Schwesterschiffe werden verlegt. Vorsorglich«, fügte er hinzu.

»Verlegt? Wohin?«

»SS Nulleins«, antwortete Becker.

Charity hatte das halbwegs erwartet, aber sie fragte sich, warum. Und sie stellte diese Frage laut.

»Weil wir nur drei Kampfschiffe haben, Captain«, antwortete Becker unwillig. »Und weil wir gerne auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Sie kennen Plan Omega, oder?« Der Tadel in seiner Stimme war unüberhörbar.

Bis auf Soerensen wurden alle plötzlich sehr ruhig. Der Wissenschaftler blinzelte irritiert.

»Plan Omega?«

Charity sah Becker fragend an, und der Commander nickte.

»Ein Planspiel für den Ernstfall«, erklärte Charity. »Natürlich nicht für den, der jetzt eingetreten ist, sondern für die ...« - sie betonte die Worte absichtlich spöttisch, was ihr einen weiteren ärgerlichen Blick Beckers eintrug - »...unwahrscheinliche Vorstellung, dass es eines Tages zum großen Knall zwischen uns und Demisows Brüdern auf der anderen Seite kommen sollte, Professor. Survival Station Nulleins ist der sicherste und tiefste Bunker dieses Landes. Angeblich hält er sogar einen Volltreffer aus, obwohl das noch niemand probiert hat. Plan Omega sieht vor, die Regierung der Vereinigten Staaten in diese Anlage zu evakuieren.«

»Mit einem Raumschiff?«

Charity lächelte. »Natürlich nicht. Aber es gibt bombensichere Hangaranlagen dort. Und vielleicht brauchen wir die drei Schiffe hinterher.«

»Und wozu?«

»Na, zum Beispiel, um uns einen neuen Planeten zu suchen, falls unsere gute alte Erde ein bisschen zu mitgenommen sein sollte.«

»Das reicht, Captain«, sagte Becker ärgerlich. Und sein Blick fügte hinzu: Er muss nicht unbedingt den ganzen Plan erfahren. Plan Omega sah noch mehr vor: nämlich im allerschlimmsten Fall der Fälle die Erdregierung mit Hilfe der drei Schiffe auszufliegen, auf eine der Mondbasen oder die Orbitstadt, sollte noch eine existieren.

Immerhin, dachte Charity spöttisch, war es möglich, dass die Jungs von dort oben aus ein Fleckchen Erde entdeckten, das noch nicht bombardiert worden war...

»Und... was soll ich dabei?« fragte Soerensen verwirrt.

Becker lächelte kalt. »Überleben, Professor. Haben Sie keine Lust dazu?« Er machte eine rasche Handbewegung, als Soerensen widersprechen wollte. »Der Befehl kommt vom Präsidenten persönlich, Soerensen. Und ich habe ihm dazu geraten. Verdammt, Sie gehören zu den fünf besten Köpfen auf der Welt, was unser Problem angeht. Glauben Sie im Ernst, wir werfen Sie den Außerirdischen zum Fraß vor?«

Beckers Wortschatz gefiel Charity nicht besonders, aber sie schwieg dazu und fragte nur einfach: »Wann?«

»So schnell wie möglich. Sie fliegen noch heute zurück und überführen die DESTROYER, anschließend die CONQUEROR. Die ENTERPRISE befindet sich noch im Dock. Aber ich mache ein bisschen Dampf. In ein paar Tagen ist sie flugfähig.«

Wenn es dann noch irgend etwas gab, wohin sie fliegen konnte, dachte Charity.

Aber das sprach sie vorsichtshalber nicht laut aus.

5. Kapitel - Gegenwart

12. Dezember 1998

Doktor Tauber brauchte fast eine halbe Stunde, auch den letzten Rest der klebrigen Substanz aus ihrem Haar und von ihrer Haut zu pflücken, und er ging dabei alles andere als sanft zu Werk. Charity kannte ihn seit Jahren, und sie war bisher immer ganz froh gewesen, dass sich ihre Bekanntschaft auf rein private Dinge beschränkt hatte.

Tauber war ein grauhaariger Mann Mitte Vierzig, mit kräftigen Händen, die eher zu einem Hufschmied gepaßt hätten als zu einem Arzt. Er war sicher sehr fähig, aber er gehörte nicht zu den Ärzten, die ihre vornehmste Pflicht darin sahen, ihren Patienten ein Mindestmaß an Unannehmlichkeiten zuzufügen.