Er lächelte. »Machen Sie sich keine Sorgen um ihren Hubschrauber«, sagte er. »Wir tanken ihn auf, und Patrick kann sich die Maschine ansehen. Er versteht eine Menge von Motoren. Morgen früh können Sie weiterfliegen.«
Charity zögerte noch immer, obwohl sie im Grunde recht gut wusste, dass sie gar keine andere Wahl hatte, als Stans Angebot anzunehmen. Sie war nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt gehen lassen würde, wenn sie darauf bestanden. Sie kannte ihn und die anderen ja erst seit wenigen Minuten.
Was, wenn Stanley mit seiner Warnung recht gehabt hatte? Was, wenn...
Wenn ich allmählich anfange, hinter jeder freundlichen Geste eine Falle zu wittern? dachte sie. Ihre Menschenkenntnis sagte ihr, dass sie diesen Leuten hier vertrauen sollte.
Mike nahm ihr die Entscheidung ab, indem er nickte. »Wir nehmen Ihr Angebot an, Stan«, sagte er. »Falls wir Ihnen nicht zur Last fallen.«
»Bestimmt nicht«, sagte Stan. »Im Gegenteil, Lieutenant. Wir haben auf jemanden wie Sie gewartet. Aber ganz so billig«, fügte er nach einer winzigen Pause hinzu, »kommen Sie uns nicht davon. Sie müssen uns alles erzählen, wenn Sie gegessen haben - einverstanden?«
»Ein Steak gegen Informationen?« Mike zuckte die Achseln.
»Warum nicht?«
Und wahrscheinlich, fügte Charity in Gedanken hinzu, war das ohnehin die Währung, in der in Zukunft in diesem Land bezahlt werden würde.
Falls es überhaupt noch eine Zukunft gab.
Sie musste vier oder fünf Stunden geschlafen haben. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, war es kurz vor Mittag, als sie die Augen aufschlug, und es dauerte einen Moment, bis sie spürte, dass sie nicht mehr allein im Zimmer war. Dann fuhr sie mit einem Ruck hoch und griff nach der Pistole, die unter ihrem Kopfkissen lag.
Stan hob erschrocken die Hände. »Nicht!« sagte er hastig. »Ich bin es nur.«
Charity blickte ihn einen Moment lang verwirrt an, dann senkte sie die Waffe.
»Haben Sie noch nie gehört, dass man anklopft, wenn man das Schlafzimmer einer Dame betritt, Stan?« fragte sie müde.
»Vor allem, wenn sie eine Waffe unter dem Kopfkissen hat«, fügte Stan hinzu. »Ich weiß. Nehmen Sie sie ruhig herunter, Miss Laird. Ich will nur mit Ihnen reden. Ohne die anderen«, fügte er hinzu. Er machte einen Schritt auf sie zu und blieb abermals stehen.
»Legen Sie das Ding zur Seite«, bat er noch einmal. »Ich will wirklich nur reden.«
Mit einem verlegenen Lächeln legte sie die Waffe auf das Bett, stand auf und taumelte schlaftrunken zum Waschbecken. Der Wasserhahn drehte sich quietschend, aber es kam kein Tropfen heraus. Nein, dachte sie ärgerlich - sie war wirklich noch nicht ganz wach.
Stan lächelte, kam mit zwei raschen Schritten zu ihr herüber und goss frisches Wasser aus einem großen Porzellankrug in das Becken.
Charity seufzte. Ob sie sich irgendwann einmal daran gewöhnen würde, dass sie um gut zweihundert Jahre zurückgeworfen worden waren? Kaum.
Sie wusch sich flüchtig, fühlte sich aber hinterher kein bisschen wacher.
»Also?« sagte sie. Sie sah Stan nicht an, sondern ging zum Fenster und blickte hinaus. Alles sah so friedlich aus. Sie schauderte.
»Sie haben uns nicht die Wahrheit gesagt, heute morgen, nicht wahr?« begann Stan.
Charity betrachtete ihr eigenes Spiegelbild in der verschmutzten Scheibe. »Wollen Sie sie denn hören?«
»Ich glaube schon«, sagte Stan. Er klang fast ein bisschen verärgert. »Wie schlimm ist es wirklich?«
»Schlimmer«, sagte Charity hart. »Sie haben New York vernichtet, wenn Sie es ganz genau wissen wollen. Und wahrscheinlich jede andere Großstadt in diesem ganzen Land.«
Stan wurde ein bisschen blass, nahm die Nachricht aber ansonsten fast ausdruckslos hin.
»Die Hilfe, auf die Sie warten, wird nicht kommen, Stan«, fuhr sie fort, ein wenig sanfter, weil ihr ihre eigenen Worte schon wieder leid taten.
»Es gibt keine Hilfe mehr. Die Army ist paralysiert, und ich fürchte, die Ameisen werden kaum warten, bis sie sich wieder erholt hat.« Sie schüttelte traurig den Kopf und wünschte sich, sich nicht vor zwei Jahren das Rauchen abgewöhnt zu haben.
Vielleicht sollte sie Stan um eine Zigarette bitten. Dann fuhr sie fort: »Ich würde Ihnen gerne den Rat geben, von hier zu verschwinden, Stan, aber ich kann es nicht. Ich wüsste nicht, wohin ich Sie schicken sollte, wissen Sie? Ich glaube, Sie haben es hier ganz gut getroffen. Wenigstens leben Sie noch.«
»Keine Hilfe?« murmelte Stan, als hätte er alles, was sie danach gesagt hatte, gar nicht gehört. Charity überlegte, ob sie sich vielleicht in ihm getäuscht hatte.
Vielleicht war er nicht so stark, wie sie und Mike angenommen hatten, sondern spielte nur den Führer.
Sie schüttelte den Kopf. »Wenn Sie auf die Air Force warten, Stan«, sagte sie sanft, »muss ich Sie enttäuschen. Das fünfundzwanzig Jahre alte Wrack dort draußen ist die Air Force.«
»Aber warum?« murmelte Stan. »Es ist bisher nichts passiert.«
»Hier«, sagte Charity - obwohl sie zugeben musste, dass Stan nicht völlig unrecht hatte. Sie hatten keine Außerirdischen gesehen, seit sie New York verlassen hatten, und das, obwohl sie jetzt beinahe tausend Meilen weit geflogen waren.
Aber die Karte in Stanleys Büro behauptete das Gegenteil.
»Vermutlich konzentrieren sie sich im Moment darauf, den Widerstand zu zerschlagen«, sagte sie. »Ich denke, dass Sie hier noch eine Weile Ruhe haben werden, Stan. Die meisten unserer Waffen funktionieren nicht mehr, aber das heißt nicht, dass wir wehrlos sind. Es dauert eine Weile, eine ganze Welt zu erobern.«
Sie lachte bitter.
»Keine Hilfe?« murmelte Stan noch einmal. Er wirkte erschüttert, so sehr, wie sie es noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. Und plötzlich begriff sie. Das Dutzend Menschen, das das Schicksal hier zusammengeführt hatte, hatte ihn zu ihrem Führer gewählt, aber er hatte ihnen wahrscheinlich nur Mut geben können, weil sie alle glaubten, dass irgendwann Hilfe kommen würde.
Wenn sie die Wahrheit erfuhren, würde ihre Gemeinschaft so schnell zerbrechen, wie sie entstanden war.
»Sie sollten versuchen, sich in die Berge durchzuschlagen«, sagte sie. »Das ist der einzige Rat, den ich Ihnen geben kann, Stan. Es ist ein verdammt langer Weg, zu Fuß, aber ...«
»Wir werden fahren«, sagte Stan. Charity sah ihn überrascht an.
»Patrick hat sich ihren Hubschrauber angesehen«, erklärte Stan. »Keine Sorge, er hat nichts angerührt. Aber er sagt, es wäre eigentlich ganz leicht, wenn man nur einmal wüsste, wie man es macht. Wir werden ein paar der Wagen flott machen und so viel Benzin mitnehmen, wie wir können. Ich... ich weiß nur noch nicht genau, wie ich es ihnen beibringen soll.«
»Soll ich es tun?« fragte Charity.
Stan schüttelte traurig den Kopf.
»Das ist meine Aufgabe«, sagte er. »Aber ich ... werde warten, bis Sie wieder abgeflogen sind.« Er seufzte, ließ sich auf einen Stuhl sinken und verbarg das Gesicht in den Händen. Er tat Charity sehr, sehr leid.
Aber sie sagte nichts mehr, sondern wartete, bis er nach einer Weile wieder aufstand und sie allein ließ, ehe sie sich umzog und ihr Gepäck wieder zusammenpackte.
Sie aßen noch einmal zusammen, ehe sie abflogen. Charity war sicher, dass Stan niemandem etwas von ihrem Gespräch verraten hatte, aber die anderen schienen zu spüren, dass irgend etwas nicht stimmte. Sie redeten sehr wenig, und so absurd es war - Charity hatte das sichere Gefühl, dass nicht nur Stan erleichtert war, als sie schließlich aufstanden und erklärten, es wäre Zeit aufzubrechen.
Diesmal saß Charity hinter dem Steuerknüppel. Sie winkte Stan und den anderen zum Abschied zu, zog den Helikopter vorsichtig höher und flog noch eine Schleife um das Drive-In. Mike runzelte vielsagend die Stirn, aber er war klug genug, nichts zu sagen.