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Aber sie brachte die Maschine auch anschließend nicht wieder auf Kurs, sondern flog auf die Berge zu. Mike sah sie verwirrt an.

»Was soll das?« fragte er barsch.

Charity deutete mit einer Kopfbewegung auf die Hügelkette vier oder fünf Meilen vor ihnen. »Der Junge hat gesagt, er hätte die Fremden dort beobachtet«, antwortete sie. »Ich will mir das ansehen.«

»Und wozu?« Mike gab sich nicht einmal mehr Mühe, seine Verärgerung zu verbergen.

»Vielleicht, weil ich gerne weiß, was hinter mir ist«, antwortete Charity. Aber das war nicht der wahre Grund - die Wahrheit war, dass sie sich auf eine völlig widersinnige Art für das Schicksal der Menschen am Drive-In verantwortlich fühlte. Und das mindeste, was sie für sie tun konnten, war, sich davon zu überzeugen, dass sie in Sicherheit waren.

Sie waren es nicht.

Eine grässliche Szenerie breitete sich unter ihnen aus. Wo vor Tagen noch nichts als unberührte Steppe und Sand und ein paar Büsche gewesen waren, lag jetzt eine ungeheuerliche Masse chitinglitzernder gepanzerter Körper, zwischen denen sich eine seltsame schwarze Pyramide erhob. Charity konnte das Gefühl nicht besser in Worte fassen - es war schlicht und einfach unangenehm, das schwarze Bauwerk anzusehen. Etwas in ihr krampfte sich zusammen, wenn sie es versuchte.

Zitternd setzte sie den Feldstecher ab, reichte ihn an Mike weiter und kroch wieder ein Stück den Hügel hinab, hinter dem sie den Hubschrauber gelandet hatten.

Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, als sie daran dachte, was ihnen wahrscheinlich passiert wäre, hätte sie den Hügel überflogen, um sich das dahinterliegende Tal aus der Luft heraus anzusehen, wie sie es ursprünglich vorgehabt hatte.

Mike kam zurück. Er war sehr blass, und seine Hände zitterten, als er ihr den Feldstecher zurückgab. Er sagte kein Wort, aber Charity spürte, dass er darauf wartete, dass sie aufstehen und zum Hubschrauber zurückgehen würde. Statt dessen klappte sie das Fernglas mit einer raschen Bewegung auf, kramte einen Film aus der Brusttasche ihrer Uniform und legte ihn ein.

»Was zum Teufel hast du vor?« fauchte Mike.

»Das siehst du doch«, antwortete Charity, kaum weniger gereizt als er. »Ich mache ein paar Aufnahmen. Ich will wissen, was sie dort unten treiben.«

Sie gab Mike keine Gelegenheit, zu widersprechen, sondern robbte den sandigen Hang wieder hinauf, schob sich vorsichtig auf den Hügelkamm und setzte den Feldstecher abermals an. Der Mikrocomputer in seinem Inneren funktionierte nicht mehr, und sie verstand absolut nichts vom Fotografieren, aber sie hoffte, dass Beckers Spezialisten wenigstens einigermaßen schlau aus den Aufnahmen werden würden, die sie machte.

Mike tauchte wieder neben ihr auf. Sie rechnete mit neuen Vorwürfen, aber er schwieg, während sie den Feldstecher langsam von links nach rechts schwenkte und alle paar Sekunden auf den Auslöser drückte.

»Das ist unglaublich«, murmelte Mike. »Es... ergibt keinen Sinn. Großer Gott - Sternenschiffe und Materietransmitter und dann das da!«

Charity antwortete nicht, aber sie verstand ihn. Was sich unter ihnen ausbreitete, das war... einfach absurd.

Ihre genaue Zahl war schwer zu schätzen, aber Charity vermutete, dass es Tausende dieser bizarren Kreaturen sein mussten, die sich in dem flachen Hügeltal sammelten. Durch das Fernglas hatte sie beobachtet, dass sie aus dem pyramidenförmigen Gebäude im Zentrum des Lagers kamen; ein dünner, aber unaufhörlicher Strom aller nur denkbaren Horrorkreaturen, von denen einige nur mit Mühe aus dem halbrunden Eingang der Pyramide herauskriechen konnten.

Es waren nicht nur die riesigen Käferwesen, die das Tal bevölkerten, oder ihre vierarmigen Reiter, sondern ein ganzes Sammelsurium der absonderlichsten Kreaturen, die nur eines gemeinsam hatten - sie alle wirkten auf die eine oder andere Art gefährlich. Und mit Ausnahme der Vierarmigen, die die Sturmtruppen der Fremden zu sein schienen, waren es ausnahmlos Tiere.

»Vielleicht doch«, sagte sie plötzlich. Sie senkte den Feldstecher, fuhr sich müde mit dem Handrücken über die Augen und deutete mit einer Kopfbewegung ins Tal hinab. »Es ergibt Sinn, wenn man ...«

Sie suchte nach den passenden Worten, fand sie nicht und zuckte die Achseln. »Wenn man anders denkt als wir«, sagte sie schließlich.

»Und wie?« Mikes Tonfall machte deutlich, dass auch er sich Gedanken über diese Frage gemacht hatte. Und vielleicht war er zu dem gleichen, schrecklichen Ergebnis gekommen wie sie.

»Ich vermute, das da sind nur die Sturmtruppen«, sagte Charity. »Die große Dampfwalze, die sie vorausschicken, weißt du?«

»Es sind Tiere«, sagte Mike betont.

»Und?« fragte Charity. »Wir schicken Raketen oder Roboter und sie Tiere - wo ist der Unterschied? Vielleicht haben sie sie zu keinem anderen Zweck gezüchtet.«

»Aber ...«

»Verdammt noch mal, würde es etwas ändern, wenn dort unten zehntausend Roboter aufmarschiert wären?« unterbrach ihn Charity gereizt. »Diese Monster funktionieren perfekt, oder? Du kannst ja runtergehen und dich bei ihnen beschweren, dass sie sich nicht an die Spielregeln halten!«

»Es ist so ... so unmenschlich«, sagte Mike nach einer Weile.

»Sie sind keine Menschen«, erinnerte Charity gereizt. »Und wer immer sie sind, das da unten sind nicht unsere wirklichen Gegner. Es sind ihre Panzer.« Aber sie verstand, was Mike meinte. Neben der ungeheuerlichen Gefahr, die diese Armee aus Horrorkreaturen darstellte, gab es auch noch einen psychologischen Effekt, und sie war nicht einmal sicher, ob er nicht sogar beabsichtigt war. Nicht nur Mike wäre es einfach leichter gefallen, gegen eine Armee gefühlloser Roboter mit Strahlenwaffen zu kämpfen. Diese Invasion der Ungeheuer lahmte schon durch ihren bloßen Anblick.

»Und wahrscheinlich haben sie es schon auf Dutzenden von Welten getan«, knüpfte sie an ihre unterbrochene Rede an. »Sie schicken diese Ungeheuer, und wenn alles vorbei ist, kommen sie selbst und sammeln die Trümmer auf.«

Sie setzte endgültig den Feldstecher ab, verstaute ihn sorgsam in der ledernen Hülle an ihrem Gürtel und begann langsam den Hang wieder hinabzukriechen.

Mike folgte ihr. Auf halber Strecke erhoben sie sich und rannten geduckt zum Hubschrauber. Charity schickte ein Dankgebet zum Himmel, dass der Wind gegen sie stand und das Rotorengeräusch vom Hügel fortwehte.

Sie hoben ab. Charity flog sehr vorsichtig, kam höher als fünf, sechs Meter, und so langsam, wie es die Maschine überhaupt zuließ.

Erst, als sie sich eine gute Meile vom Hügel und damit dem Camp der Fremden entfernt hatte, wagte es Charity, den Hubschrauber ein wenig höher zu steuern und in eine sanfte Linkskurve zu lenken.

»Was hast du jetzt schon wieder vor?« fragte Mike ärgerlich.

»Ich warne Stan und die anderen«, erwiderte Charity. »Falls du nichts dagegen hast.«

Mike sagte nichts, aber sein Blick sprach Bände, und er schwieg auf eine ganz bestimmte, nicht sehr freundliche Art. Charity war ziemlich sicher, dass er sie nach der nächsten Zwischenlandung nicht noch einmal an den Steuerknüppel lassen würde. Verdammt, was war nur mit ihm los? dachte sie. Er hatte sich verändert, seit sie New York verlassen hatten. Sie war plötzlich sehr sicher, dass sie sich voneinander trennen würden, sobald sie ihr Ziel erreicht hatten.

13. Kapitel - Gegenwart

12. Dezember 1998

Sie schaffte es nicht.

Irgend jemand schien beschlossen zu haben, den Teil der Rocky Mountains, in denen sich der Bunker befand, als Amboß zu benutzen, jedenfalls waren die Erschütterungen beinahe unbeschreiblich. Trotz aller Panik war sie umsichtig genug, nicht den Aufzug zu benutzen, was ihr wahrscheinlich das Leben rettete.