Während Charity mit einem ihrer Uniformhemden und reichlich Wasser aus dem See versuchte, die klebrigen Reste der Rieseninsekten von der Kanzel zu wischen, kletterte Mike auf die Maschine hinauf und untersuchte den Motor.
Charity hörte ihn gedämpft fluchen.
»Was ist los?« fragte sie.
»Was los ist?« Mike fluchte erneut. »Komm rauf und schau dir die Schweinerei an, dann weißt du, was los ist«, fauchte er. »Diese verdammte Scheiße verkleistert den ganzen Motor! Ich brauche mindestens eine Stunde, um den Dreck herunterzubekommen. Wenn ich es überhaupt schaffe!«
Trotz allem konnte Charity ein Lächeln nicht unterdrücken. Mike hörte sich an wie jemand, der gerade entdeckt hat, dass der Nachbarsjunge mit einem Nagel den Lack seines neuen Wagens verziert hatte. Vielleicht, dachte sie spöttisch, war das ihr Untergang gewesen: die Außerirdischen hätten nicht die menschliche Rasse, sondern ihre Autos angreifen sollen. Möglicherweise hätte sich der gerechte Zorn einer ganzen Welt voller Autofahrer erhoben und sie wieder zurück in die Galaxis gefegt.
Sie schüttelte - noch immer lächelnd - den Kopf, trat einen Schritt vom Hubschrauber zurück und blinzelte zu Mike hinauf.
»Kriegst du es hin?«
»Ich hoffe es«, grollte Mike. »Ich ...«
Er sprach nicht weiter, und obwohl Charity ihn nur als schwarzen Umriss gegen die Sonne erkennen konnte, sah sie doch, wie er erschrocken aufsah und nach Süden blickte.
»Da kommt jemand«, sagte er. »Ein... ein Wagen!«
Charity drehte sich herum und hob die Hand über die Augen. Ein schwarzer Punkt kroch auf sie zu und zog eine gewaltige Staubwolke hinter sich her. Mike kletterte umständlich vom Hubschrauber herunter, während sich Charity in die Kanzel beugte und ihr Gewehr holte.
Es war ein schwarzer Trans-Am, der sich über die Steppe zu ihnen quälte. Er fuhr schnell, und mehr als einmal rechnete Charity ernsthaft damit, dass der flache Sportwagen einfach in einem Schlagloch stecken bleiben oder sich die Achsen brechen würde.
Aber nichts davon geschah - der Wagen kam näher und blieb schließlich vor dem Hubschrauber stehen. Charity erkannte die Silhouette einer einzelnen Person hinter der abgedunkelten Frontscheibe.
Sie gab Mike ein Zeichen, zurückzubleiben, nahm das Gewehr in einer nur scheinbar lässigen Haltung in die Armbeuge und ging auf den Wagen zu. Das Fenster wurde heruntergelassen, als sie noch zwei Schritte davon entfernt war.
Ein sehr blasses, sehr erschrockenes Gesicht blickte zu ihr auf.
»Gott sei Dank, Sie sind ein Mensch«, sagte der junge Mann.
Charity hatte selten eine solche Erleichterung in der Stimme eines Menschen gehört.
»Sollten wir etwas anderes sein?« fragte sie verwirrt.
Der Fahrer des Trans-Am antwortete nicht darauf, sondern öffnete die Tür und stieg umständlich aus dem Wagen. Seine Bewegungen wirkten erschöpft, und Charity sah erst jetzt, dass er eine völlig zerfetzte Uniform trug. Über seiner rechten Hüfte war ein großer, kaum eingetrockneter Blutfleck. Sein Blick flackerte.
Er schien halb verrückt vor Angst zu sein.
»Wer sind Sie?« fragte Charity noch. »Und was ist passiert?«
»Harker«, antwortete der Soldat. »Sergeant Jonathan Harker, 7. Panzerbataillon. Und wahrscheinlich der einzige, der noch lebt.« Er begann nervös auf der Stelle zu treten und sah sich immer wieder um, als fürchte er, die Fremden könnten jeden Moment hinter ihm aus dem Boden wachsen. »Ich habe Ihren Hubschrauber gesehen und gehofft, dass Sie landen«, fuhr er fort. »Und Gott sei Dank haben Sie es getan. Ich habe kaum noch Benzin. Bitte - Sie müssen mir helfen! Sie töten uns. Ich... ich glaube nicht, dass einer der anderen noch lebt. Ich bin nur entkommen, weil... weil ich dieses Ding hier gefunden habe.« Er deutete auf den Trans-Am. »Aber sie sind hinter mir her.« Charity verbiss sich die Frage, wieso der Trans-Am überhaupt noch fuhr.
»Sie können ein paar Gallonen Benzin von uns haben«, sagte Mike, der mittlerweile ebenfalls herangekommen war. »Aber jetzt erzählen Sie erst einmal, was überhaupt passiert ist, Mann. Sie wurden angegriffen?«
»Angegriffen?« Harker kreischte fast. »Sie haben uns aufgerieben! Ich ... ich habe nie so etwas erlebt. Es ... es müssen Millionen sein. Und es werden immer mehr. O Gott, sie ... sie vernichten alles. Sie töten jeden, den sie sehen.«
Mike wollte Harker erneut unterbrechen, aber Charity warf ihm einen raschen, warnenden Blick zu.
Sie spürte, dass der junge Soldat ganz kurz vor dem Zusammenbruch stand. Ein falsches Wort, und sie würden überhaupt nichts mehr erfahren.
»Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal, John«, sagte sie. »Im Moment sind Sie nicht in Gefahr.« Sie deutete auf den Helikopter.
»Wir sind den ganzen Morgen über geflogen, ohne auch nur einen einzigen Außerirdischen zu sehen.«
»Sie kommen«, beharrte Harker.
»Das mag ja sein«, sagte Charity, eine Spur härter. »Aber nicht jetzt. Sie werden sich jetzt verdammt noch mal beruhigen und uns dann erzählen, was passiert ist.«
Mike verdrehte ungeduldig die Augen, aber Charity machte abermals eine warnende Geste. Harker war halb verrückt vor Angst.
Sie konnten schon froh sein, wenn er überhaupt sprach.
Harkers Augen waren voller Panik, aber er beruhigte sich tatsächlich ein wenig.
Trotzdem dauerte es noch fast fünf Minuten, ehe er sich wieder so weit in der Gewalt hatte, mit dem geforderten Bericht zu beginnen.
»Wir waren drüben in Colinsville stationiert«, begann er, »als das Licht ausging. Ein kleines Kaff, vielleicht fünfzig Meilen von hier. Kein Mensch wusste, was überhaupt passiert war, verstehen Sie? Zuerst dachten wir, dass die Bomben gefallen wären, aber nach und nach erfuhren wir dann die Wahrheit. Viele sind einfach abgehauen. Desertiert, verstehen Sie? Wollten nach Hause zu ihren Familien.«
»Und dann kamen die Fremden?« fragte sie behutsam.
Harker schüttelte den Kopf. »Nicht gleich. Zuerst war alles friedlich. Wir hörten von Kämpfen, weiter im Osten und im Norden, aber bei uns ... tat sich nichts. Es sieht so aus, als würden sie nur das Militär angreifen. Flughäfen, Basen, die Magazine der Nationalgarde ...«
Harker trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Sein Blick irrte zwischen dem Hubschrauber und den Hügeln im Norden hin und her. Er war ein Kind, dachte Charity, halb mitleidig, halb verärgert. Man sollte Kinder nicht in Uniformen stecken und dann von ihnen erwarten, die Arbeit von Männern zu tun.
»Haben Sie ... eine Zigarette?« fragte Harker plötzlich. Charity schüttelte den Kopf, aber Mike griff in die Jackentasche und förderte ein noch nicht angebrochenes Päckchen Marlboro zutage.
»Behalten Sie sie«, sagte er. »Aber seien Sie sparsam. So etwas wird heute nicht mehr hergestellt. Vorkriegsware.«
Harker lächelte pflichtschuldig, griff nach den Zigaretten und senkte die andere Hand in die Tasche, um ein Feuerzeug herauszuziehen.
Wenigstens war es das, was Charity glaubte.
Aber er zog kein Feuerzeug hervor, sondern eine Pistole, und er griff auch nicht nach der Zigarettenpackung, sondern nach Mikes Handgelenk, schnell und hart und mit einem Male gar nicht mehr nervös, sondern mit solcher Kraft, dass Mikes instinktive Abwehrbewegung zu spät kam. Mike schrie auf, brach in die Knie, als Harker seinen Arm rasch und brutal verdrehte, und versuchte vergeblich, seinen Griff zu sprengen.
Charity ließ sich einfach zur Seite fallen, kam mit einer blitzschnellen Rolle wieder auf die Füße und federte auf Harker zu.
Ein Schuss krachte. Zehn Zentimeter vor Charitys Füßen spritzte der Sand auf, und sie erstarrte mitten in der Bewegung. Ganz langsam hob sie die Hände, starrte Harker einen Moment lang fassungslos an und drehte sich dann ganz langsam zur Seite.
Es war nicht Harker, der geschossen hatte. Der Kofferraum des Trans-Am hatte sich geöffnet, und zum Vorschein kam ein grün uniformierter GI, dessen Mio-Gewehr drohend auf Charitys Magen wies. Sie konnte sein Gesicht nicht genau erkennen, aber sie war ziemlich sicher, dass der nächste Schuss nicht nur den Sand vor ihr treffen würde.