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Schaudernd vor Entsetzen drehte sie sich um und blickte das Flammenmeer an, das im Norden von Colinsville tobte; eine Wand aus Feuer, die das vor sich hertrieb, was von Bartons zweitausend Mann übriggeblieben war - ein jämmerlicher Haufen aus panikerfüllten Männern, die in wilder Flucht die Straße herabgerannt kamen. Und hinter ihnen...

Das Licht war zu grell, so dass Charity kaum etwas erkennen konnte, aber was sie sah, nahm ihr fast den Atem. Es war eine Armee aus kriechenden, hüpfenden, flatternden, hopsenden und rennenden Horrorkreaturen, ein Bild von Hieronymus Bosch, das zum Leben erwacht war. Die Männer schössen ununterbrochen, und sie trafen ununterbrochen, aber die grelle Wand aus Feuer spie immer mehr furchterregende Bestien aus.

»Dorthin!« Mike deutete hektisch nach rechts, nicht direkt in die dem Feuer entgegengesetzte Richtung, sondern auf eine schmale Gasse auf der anderen Seite der Hauptstraße. Sie wussten beide, dass es Selbstmord war, sich der fliehenden Menschenmenge anzuschließen. Sie würden einfach niedergetrampelt werden.

Trotzdem hätten sie es beinahe nicht geschafft. Am anderen Ende der Ortschaft ertönte ein dumpfes Krachen, als sie die Straße zur Hälfte überquert hatten, und plötzlich fühlte Charity einen entsetzlich heißen, rasenden Luftzug. Eine halbe Sekunde später explodierte die Panzergranate am anderen Ende der Straße, inmitten der heranrasenden Insektenarmee.

Aber auch inmitten von Bartons Leuten...

Charity sah entsetzt weg, rannte blindlings weiter und blieb erst stehen, als sie die rettende Gasse erreicht hatten. Mike ließ sich neben ihr auf die Knie fallen, hob seine MP und jagte einen kurzen Feuerstoß in die Dunkelheit vor ihnen.

Schweratmend drehte sich Charity um. Der Panzer kam rasselnd näher, und sie erkannte jetzt, dass es ein uralter Sherman war, ein Modell aus dem Zweiten Weltkrieg, das nur noch aus Rost und ein bisschen Farbe zu bestehen schien.

Eine untersetzte Gestalt mit grauem Haar ragte aus der offenen Einstiegsluke.

»Barton!« schrie sie. »Um Gottes willen, hören Sie auf!«

Ihre Worte gingen im Brüllen der Panzerkanone unter. Eine zehn Meter lange Flammenzunge stach über die Straße und explodierte eine halbe Meile entfernt in der Wand eines zweistöckigen Gebäudes. Charity schloss geblendet die Augen, als das Haus in einer Wolke aus Feuer und fliegenden Trümmern auseinander flog.

Dann hob sie ihre Waffe, zielte kurz und drückte ab. Ein einzelner Schuss löste sich peitschend.

Die Kugel prallte harmlos einen Meter vor Barton vom Stahl ab, aber Bartons Kopf flog mit einem Ruck herum. Trotz der großen Entfernung konnte sie seinen Schrecken sehen, als er sie erkannte.

»Hören Sie auf, Sie Idiot!« schrie sie mit überschnappender Stimme. »Sie bringen Ihre eigenen Leute um!«

Der Turm des Panzers drehte sich. Für einen kurzen, schrecklichen Moment war Charity fast sicher, dass die nächste Granate sie und Mike treffen würde, aber dann bewegte sich die Kanone wieder zurück. Der Panzer fuhr klirrend weiter, verminderte sein Tempo für einen Moment und beschleunigte wieder, als Barton sich aus der Luke herausstemmte und zu Boden sprang.

Die Front der Insektenungeheuer war noch näher gekommen, aber ihr Vormarsch verlor jetzt rasch an Geschwindigkeit. Auf der Straße vor Colinsville hatte sie Bartons Männer einfach vor sich hergetrieben, doch hier fanden die GIs genügend Deckung, um sich ihnen in den Weg stellen zu können.

»Sind Sie zufrieden, Sie dämlicher Hund?« begrüßte Mike den General. »Wie viele von Ihren Männern leben noch? Hundert?«

Bartons Lippen pressten sich zu einem schmalen Schlitz zusammen. Er zitterte.

Aber er sagte kein Wort.

Charity warf Mike einen raschen, warnenden Blick zu, zog Barton mit einer groben Bewegung in die Deckung der Mauer zurück und deutete nach Norden.

»Was ist passiert?« fragte sie einfach.

»Es war... eine Falle.« Bartons Stimme klang flach. Von seiner unerschütterlichen Siegessicherheit war nichts mehr geblieben. »Wir haben sie umstellt«, fuhr er fort. »Wir hatten ihr Lager gefunden, vom Helikopter aus. Ein Tal in den Bergen, nur ein paar Meilen von hier.«

»Und?« fragte Mike, als Barton nicht weitersprach.

»Ich weiß es nicht«, murmelte Barton. »Wir hatten sie in der Falle. Es ... es schien alles so einfach zu sein. Ich kenne dieses Tal. Es ... es ist klein, kaum eine halbe Meile tief. Aber plötzlich waren sie da. Millionen. Großer Gott, es müssen ... es müssen Millionen sein. Sie tauchen wie aus dem Nichts auf. Wir haben Tausende abgeschossen, aber es ... es werden immer mehr.«

Charity starrte blicklos zu Boden. Bartons Worte entsetzten sie.

Sie hätten es ihm sagen können, dachte sie matt. Er war wahrscheinlich wirklich davon überzeugt, siegen zu können. Von dem Materietransmitter hatte er keine Ahnung gehabt.

Charity sah nach Norden. Der Vormarsch der Fremden war nicht vollends zum Stehen gekommen, aber doch beinahe. Bartons Männer hatten sich in die umliegenden Häuser zurückgezogen und schössen jetzt gezielt auf die heranstürmenden Kreaturen, und auch der Panzer eröffnete immer wieder das Feuer. Charity sah, dass er gezielt die großen Käferwesen anvisierte, mit denen Mike und sie bereits Bekanntschaft gemacht hatten. Sie sah keinen einzigen der Vierarmigen, was sie allerdings nicht erstaunte.

»Wie viele Panzer haben Sie noch?«

Barton schüttelte den Kopf. »Keinen. Das ist ... der letzte. Es waren nur vier«, fügte er in einem entschuldigenden Tonfall hinzu, für den Charity ihm am liebsten den Gewehrlauf in die Zähne geschlagen hätte.

Plötzlich hörte sie das Knattern eines Hubschraubers, der sich der Stadt näherte.

Sie sah auf, blickte in den Himmel und erkannte ihren Helikopter. Sie erschrak.

Die Maschine taumelte wie ein betrunkener Schmetterling. Das Motorgeräusch klang unregelmäßig, und der Pilot schien Mühe zu haben, die Maschine überhaupt in der Luft zu halten.

Barton sprang auf, lief ein paar Schritte auf die Straße hinaus und riss ein Walkietalkie aus dem Gürtel. »Harker!« schrie er. »Ich bin hier! Runter!«

»Der... der Mistkerl will abhauen!« keuchte Mike. »Verdammt, er lässt uns einfach im Stich!«

Er wollte aufspringen, aber Charity riss ihn im letzten Moment zurück.

Der Hubschrauber erreichte die Straße nicht. Harker versuchte es, aber er bekam immer größere Schwierigkeiten, die Maschine zu steuern. Plötzlich war noch etwas am Himmel; ein riesiges Wesen aus schwarzem Leder, das mehr durch die Luft torkelte, als es flog.

Aber die scheinbare Schwerfälligkeit seiner Bewegungen täuschte. Plötzlich schoss es auf den taumelnden Helikopter zu, hing einen Moment fast reglos über den rasenden Rotoren - und schloss sich wie eine formlose Riesenfaust um die winzige Maschine.

Der Hubschrauber explodierte noch in der Luft. Ein Teppich aus Feuer und brennenden Trümmern regnete auf die Stadt herab, zusammen mit den zerfetzten Überresten des Wesens, das den Helikopter vernichtet hatte.

Und in der gleichen Sekunde begann der endgültige Angriff der Monster.

Als wäre die Vernichtung des Helikopters ein Zeichen gewesen, tat sich die Nacht am anderen Ende der Straße auf und spie alle Kreaturen der Hölle aus. Es waren viele Tausende, eine ungeheuerliche Walze aus glitzerndem Hörn, das die Straße, das Feuer, die Häuser und selbst den Panzer einfach überrollte. Charity sah, wie sich drei der gigantischen Käferwesen gleichzeitig auf den Sherman-Tank stürzten und ihn kurzerhand umwarfen, mit einer Kraft, die einfach unvorstellbar war.

Augenblicke später explodierte etwas im Inneren des Panzers, und greller Feuerschein überstrahlte noch einmal die Armee der Horrorkreaturen.

»Weg hier!« brüllte Mike mit überschnappender Stimme. Er sprang auf, riss Charity einfach mit sich und hetzte los.

Keine Sekunde zu früh. Ein mannsgroßes Ding mit Tausenden von kleinen, nadelspitzen Stacheln rollte wie ein losgerissenes Rad über die Straße auf sie zu.