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Etwas wie ein Mantel aus... ein unsichtbares ungreifbares und trotzdem unübersehbares Etwas, das sich ihren Blicken beständig entzog, immer, wenn sie glaubten, es endlich genau erkennen zu können; zwei Bilder, die sich überlagerten, ohne dass man eines davon klar identifizieren konnte.

Soerensen machte einen Schritt auf den gewaltigen Block zu, aber Charity hielt ihn zurück. »Nein«, sagte sie.

»Warum nicht?« Soerensens Stimme klang nicht mehr ganz so aufsässig wie bisher. Er spürt es auch, dachte Charity. Sie war nicht allein mit dem unangenehmen Gefühl, das ihr der Anblick bereitete.

»Das Ding gefällt mir nicht«, antwortete sie. »Ich... weiß nicht, warum, Professor, aber ich bin ziemlich sicher, dass es besser wäre, wir gehen nicht zu nahe heran.«

Seltsamerweise widersprach Soerensen diesmal nicht. Dafür meldete sich Mikes Stimme wieder zu Wort: »Noch dreißig Sekunden, Freunde. Letzter Aufruf für die Passagiere Flug Nulleins Transgalaxis-Spacelines nach Hause.«

Charity fuhr sich nervös mit der Zunge über die Unterlippe. Es war seltsam - so sehr sie der Anblick dieses riesigen aufrecht stehenden Ringes beunruhigte, fiel es ihr doch gleichzeitig schwer, den Blick davon zu lösen. Irgend etwas ging davon aus, eine Aura, die einen Teil ihrer Seele berührte und ihn zu Eis erstarren ließ. Es war wie ein Hauch des Bösen, der sie gestreift hatte.

Mühsam riss sie sich von dem schauerlich-faszinierenden Anblick los und drehte sich herum. »Kommen Sie, Professor«, sagte sie. »Der Bus wartet.«

Sie hatte ein wenig geschlafen; nicht besonders lange, denn obwohl sie nach dem Siebzehn-Minuten-Ausflug in eine fremde Welt so müde wie nach einem anstrengenden Dauerlauf gewesen war, war sie viel zu aufgewühlt, als dass sie sich einfach hinlegen und schlafen konnte, als wäre nichts geschehen.

Jetzt saß sie wieder im Pilotensessel der CONQUEROR und blickte in das samtene Schwarz des Weltraums hinaus. Das fremde Schiff war längst ihren Blicken entschwunden, nicht einmal mehr ein Lichtpunkt unter vielen auf seinem Weg zur Erde. Wenn es zur Erde flog. Sie war sich dessen nicht mehr so sicher, nach allem, was sie gesehen hatten.

Es war sehr still an Bord des Schiffes. Nichts war von der Aufregung zu spüren, die sie erwartet hatte; im Gegenteil. Sie alle waren sehr ruhig, kaum jemand hatte ein Wort gesprochen; selbst Soerensen redete nur jede halbe Stunde ein paar Worte, immer dann, wenn sich die Erdstation meldete und er Antwort auf eine Frage gab, die dreißig Minuten mit Lichtgeschwindigkeit zu ihnen unterwegs gewesen war. Zum ersten Mal, seit sie damit begonnen hatte, die interessanten Stunden ihres Lebens im Weltraum zu verbringen, empfand sie die Zeitverzögerung als Erleichterung.

Charity fühlte sich... betäubt. Alles war so anders gewesen, als sie es sich vorgestellt hatte. Keine fremden Lebewesen, keine intergalaktische Hypertechnologie, nur Leere und kantige Klötze aus Eisen und... und dieses Ding, dieser riesige, flimmernde Ring, von dem sie immer noch nicht wusste, was er war, und der ihr selbst jetzt, in der bloßen Erinnerung, noch panische Angst einflößte.

Was war das? dachte sie. Bloße Xenophobie? Nichts als die angeborene natürliche Angst vor allem Fremden, Unbekannten? Oder mehr?

Sie seufzte, warf einen routinemäßigen Blick auf ihre Kontrollen und stellte ebenso routinemäßig fest, dass alles in Ordnung war und die Computer die CONQUEROR wie gewohnt präzise und zuverlässig auf Kurs hielten. »Kommandant verlässt den Pilotensitz«, sagte sie und stand auf. »Bellinger - übernehmen Sie einen Moment?«

»Selbstverständlich.«

Sie brach mit einer der eisernen Vorschriften, indem sie nicht einmal wartete, bis der hünenhafte Deutsche den Platz des Piloten eingenommen hatte, sondern wandte sich sofort um und verließ das Cockpit. Leise, um Landers und Niles nicht zu wecken, die ihren wohlverdienten Schlaf schliefen, durchquerte sie den schlauchförmigen Mannschaftsraum und ließ sich den Schacht zum Labor hinabgleiten; ein Fünf-Meter-Sprung, der bei der annähernden Schwerelosigkeit an Bord der CONQUEROR zu einem kaum spürbaren Hüpfer wurde.

Soerensen saß über ein Mikroskop gebeugt am Tisch und sah nicht einmal auf, als sie das Labor betrat. Charity lächelte lautlos in sich hinein. Jetzt, als die Anspannung von ihr abgefallen war, gestand sie sich ein, dass sie ihm unrecht getan hatte - er war weder so naiv, wie sie ihm unterstellte, noch der Idiot, als den sie ihn ziemlich offen behandelt hatte. Sie war Soldat, und er Forscher, und das war eben ein grundlegender Unterschied. Im Grunde war er ein ganz netter Kerl. Aber das würde sie ihm gegenüber natürlich nicht zugeben.

Er sah auf, als sie sich dem Tisch bis auf zwei Schritte genähert hatte, und für einen Moment musste sie ein Lächeln unterdrücken, als sich ihr die absurde Vorstellung aufdrängte, Soerensens rechtes Auge kreisrund und plattgedrückt zu sehen, von den fünf oder sechs Stunden, die er jetzt schon über das Mikroskop gebeugt dasaß. Sie fragte sich, warum er nicht den Monitor benutzte, um sich seine Funde genauer anzusehen.

»Captain Laird.« Soerensens Stimme klang überaus versöhnlich.

»Alles in Ordnung?«

Charity nickte. »Unser Baby liegt auf Kurs«, antwortete sie. »Keine Angst. In neunzehn Tagen sind Sie wieder zu Hause.« Sie deutete mit einem Lachen auf das Mikroskop. »Haben Sie den Nobelpreis schon gesichtet?«

Soerensen reagierte ganz anders, als sie erwartet hatte - weder schien er amüsiert noch verärgert zu sein. Als sie ihn eingehend musterte, glaubte sie fast, eine ganz leise Spur von Enttäuschung auf seinen Zügen zu erkennen. Oder war es Sorge?

»Was haben Sie, Professor?« fragte sie. »Irgend etwas, das ich wissen müsste?«

Soerensen schüttelte hastig den Kopf. »Nein«, sagte er rasch. »Nur ...« Er zögerte, sah das Mikroskop vor sich an, als erwarte er Hilfe von ihm, und seufzte tief.

»Ich weiß es nicht«, sagte er schließlich. »Es ist alles... ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe.«

»Das geht mir genauso«, gestand Charity. Sie setzte sich neben Soerensen auf die Schreibtischkante und schlug die Beine übereinander. Sie sah ihn nicht an, als sie weitersprach. »Ich frage mich, ob es sich gelohnt hat.«

»Gelohnt?« Soerensens Tonfall machte deutlich, dass er ernsthaft an ihrem Verstand zweifelte. »Wie meinen Sie das?«

Charity machte eine weit ausholende Handbewegung. »Nun, wir haben dieses Schiff riskiert, unser aller Leben und einige hundert Millionen Dollar, nicht wahr? Und das alles, um zehn Minuten lang in einem leeren Schiff herumzufliegen und ein paar Fotos zu machen.«

»Sie sind ein Barbar, Captain«, behauptete Soerensen.

Charity grinste. »Stimmt. Deshalb hat man mich ausgesucht, diese Expedition zu leiten. Aber im Ernst, Professor - hat es sich gelohnt?«

»Zweifellos«, sagte Soerensen. »Es hätte sich für eine Minute gelohnt. Selbst für eine Sekunde.«

»Für Sie«, räumte Charity ein. »Aber für die Menschheit?«

Soerensen seufzte. Dann lächelte er. »Sicher - der Hintergedanke war vielleicht, auf Außerirdische zu treffen. Niemand hat es gesagt, aber selbstverständlich haben wir gehofft, sie zu sehen. Vielleicht sogar... Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Wir sind nicht wegen dieser zehn Minuten hierher geflogen, Captain, sondern wegen der Chance.«

»Aber wir hatten sie nicht. Keine ETs«, sagte Charity nickend. Und fügte mit einem versöhnlichen Lächeln hinzu: »Aber wenigstens auch keine menschenfressenden Aliens, nicht wahr?«

Soerensen blieb weiterhin ernst. »Es ist ... wahrscheinlich zu früh, um irgend etwas Definitives zu sagen«, sagte er. »Aber ich ...«