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„Diesmal werden wir es in eine Tiefe von einem halben Meter bringen, weil ich das Verhalten von dem Moment, in dem sich der Verschluß der Hauptantriebseinheit auflöst, bis zum Platzen der ersten Steuerkapsel genauestens beobachten will“, sagte Gurronsevas. „Halten Sie es so waagerecht wie möglich, lassen Sie es beide gleichzeitig los und ziehen Sie die Hände langsam weg, damit Sie keine Wirbel verursachen, die eine Veränderung der Schwimmlage hervorrufen könnten, bevor das Versuchsfahrzeug durch das Gas aus den Kapseln angetrieben wird. Haben das alle verstanden?“

„Das haben wir schon verstanden, als Sie es uns zum ersten Mal erklärt haben“, bestätigte einer der Melfaner so leise, daß klar war, die Bemerkung sollte nicht überhört werden.

Gurronsevas beschloß, sich aus diplomatischen Gründen taub zu stellen.

Seit ihrem Eintreffen hatte Murchison noch nicht direkt mit Gurronsevas gesprochen, und da Timmins eifrig bedacht war, alle notwendigen Informationen weiterzugeben, bestand für Gurronsevas außer bloßer Höflichkeit kein Grund, die Pathologin anzusprechen. Langsam kamen ihm ernste Zweifel an der Durchführbarkeit des ganzen Vorhabens, und je weniger er im Moment sagte, desto weniger Verlegenheit würde später durch die Entschuldigung bei seinen Helfern entstehen, mit den Versuchen bloß ihre Zeit vergeudet zu haben. Jedenfalls lag die Pathologin ausgestreckt auf dem Floß und hatte Gesicht und Augen den Startvorbereitungen zugewandt.

Wie Gurronsevas mit wachsender Ungeduld bemerkte, widmete Timmins den Großteil seiner Aufmerksamkeit der Pathologin. Der Tralthaner hielt sich vor Augen, daß die terrestrischen DBDGs einer Spezies angehörten, deren Mitglieder im Gegensatz zur großen Mehrheit anderer Lebensformen in der Föderation, die jedes Jahr nur für kurze Zeiträume äußerst aktiv waren, ihr ganzes Leben als Erwachsene lang zu sexueller Erregung und Betätigung imstande waren. Es gab zwar einige, die die Terrestrier um diese Fähigkeit beneideten, aber Gurronsevas persönlich hielt sie für einen Nachteil, der die Denkvorgänge der DBDGs nur allzu oft qualitativ minderte. Doch auch dies war wieder ein Moment, an dem diplomatisches Schweigen angebracht zu sein schien.

Der nächste Versuch ließ sich gut an: Ein dünner, sprudelnder Strahl aus komprimiertem Gas trieb das Fahrzeug in nicht ganz gerader Linie mit langsam zunehmender Geschwindigkeit in konstanter Tiefe voran. Da es sich bei der Beute der Chalder um Amphibien handelte, war es normal, daß sie beim Fliehen Luft absonderten. Als die erste seitliche Steuerkapsel mit einem schwächeren und kürzeren Ausstoß von Blasen Gas freisetzte, ging das Fahrzeug in eine weite Kurve, die es wieder in Richtung Floß brachte. Dann löste sich auf derselben Seite eine weitere Gaskapsel auf und platzte, wodurch sich der Kreis, den das Fahrzeug beschrieb, spiralenförmig verengte, bis es plötzlich die Wasseroberfläche durchstieß und anfing, in Drehbewegungen unkontrolliert über das Wasser zu gleiten, da die Antriebseinheit die von den beiden Seitendüsen verursachte Rotation verstärkte. Die übrigen Kapseln platzten zufällig und verpufften ohne Wirkung, und kurz darauf kam das Fahrzeug zum Stehen, wobei es sich noch immer langsam drehte und mit der Oberseite aus dem Wasser ragte.

Einer der Melfaner fischte es heraus, und es kam zu einer technischen Debatte über die Instabilität, die der abgeflachten ovalen Form anhaftete. Gurronsevas war zu verärgert und enttäuscht, um sich zu beteiligen, doch anscheinend galt das nicht für Murchison.

„Zwar ist das nicht gerade mein Spezialgebiet, aber die Spielzeugboote meines Bruders, mit denen ich als Kind immer gespielt habe, waren mit Kielen ausgerüstet, durch die sie selbst bei wechselndem Wind eine hohe Richtungsstabilität bekommen haben“, meinte die Pathologin. „Als ich und mein Bruder älter geworden waren und zu Schnell- und U-Booten übergegangen sind, haben wir ferngelenkte Steuer- und Tiefenruder gehabt, um die Fahrtrichtung beziehungsweise Tiefe beizubehalten oder zu ändern. Könnte man hier nicht etwas Ähnliches verwenden?“

Timmins und die Melfaner verstummten, entgegneten aber nichts. Sie alle blickten Gurronsevas an. Ganz offensichtlich konnte er nicht länger schweigen.

„Nein“, antwortete er. „Das geht erst, wenn der Funkempfänger und die Steuerelemente aus nichtmetallischen, ungiftigen und genießbaren Materialien hergestellt werden können.“

„Genießbar?“ erkundigte sich Murchison. „Ach, deshalb bin ich hierhergeschickt worden“, fuhr sie mit leiserer Stimme fort. „Daß Thorny Sinn für Humor hat, habe ich bisher gar nicht gewußt. Fahren Sie bitte fort.“

„In der endgültigen Form müßte das gesamte Fahrzeug genießbar oder zumindest für die chalderische Lebensform ungiftig sein, und dazu würden auch die wasserlöslichen Gaskapseln für den Antrieb und die Steuerung gehören“, erklärte Gurronsevas und erfüllte damit Murchisons Wunsch. „Wenn wir einen Kiel hinzufügen würden, der ebenfalls genießbar sein müßte und kaum scharfe Kanten aufweisen dürfte, um bei den Patienten keine Verletzungen am Maul zu riskieren, stünden wir vor der Schwierigkeit, daß sich durch die Konstruktion das optische Erscheinungsbild des Fahrzeugs ändern und es nicht mehr der natürlichen und stark bevorzugten Beute der Chalder ähneln würde, bei der es sich um stromlinienförmige Wassertiere mit hartem Panzer von der Größe und Form unseres Versuchsobjekts handelt. Ein erkrankter chalderischer Patient, der auf dem Weg der Besserung ist, hält es wahrscheinlich nicht für notwendig, unbekannte Beutetiere zu jagen.

Wie Sie sicherlich verstehen werden, haben die beengten räumlichen Verhältnisse auf der AUGL-Station sowohl physische als auch physiologische Auswirkungen, durch die die Genesungszeit unnötig verlängert wird“, setzte Gurronsevas seine Ausführungen fort. „Aufgrund des Unvermögens, sich ausreichend zu bewegen, werden die Patienten faul, lustlos und fast lethargisch. Vielleicht sollte ich Ihnen erklären, daß die Physiologie der AUGLs so beschaffen.“

„Sparen Sie sich die Mühe, denn neben anderen Physiologien bin ich auch mit der der Chalder bestens vertraut“, unterbrach ihn Murchison ungeduldig.

Einen Augenblick lang strahlte Gurronsevas eine solche Verlegenheit aus, daß er sich nicht gewundert hätte, wenn das Wasser um ihn herum ins Dampfen geraten wäre. „Sie müssen schon entschuldigen, Pathologin Murchison“, sagte er, „aber diese Kenntnisse über Chalder sind für mich völlig neu und äußerst spannend, und in meiner Aufregung habe ich dummerweise bei anderen ein ähnliches Maß an Unwissenheit vorausgesetzt wie bei mir. Ich wollte Sie wirklich nicht beleidigen.“

„Das haben Sie auch nicht“, besänftigte ihn die Pathologin. „Ich habe nur versucht, Sie davon abzubringen, Zeit mit einer unnötigen Erklärung zu vergeuden. Doch die nichtintelligenten Lebensformen auf Chalderescol, zu denen auch das Beutetier gehört, das Sie zu kopieren versuchen, spielen für meinen Beruf keine Rolle, und deshalb weiß ich darüber so gut wie gar nichts. Wie bewegt sich denn das echte Tier fort? Wie ergreift es die Flucht? Und wie gelingt es ihm, die Richtungsstabilität beizubehalten?“

Stark erleichtert antwortete Gurronsevas schnelclass="underline" „Das Tier verfügt in der Mitte jeder Körperseite über acht Flossen, deren Schlagfrequenz und Verdrängungswinkel es verändern kann, um aufzusteigen, weiter unterzutauchen oder schlagartig die Richtung zu ändern, indem es mit den Flossen auf der einen Seite andersherum rudert. Die Flossen selbst bestehen aus einem lichtdurchlässigen Gerüst, das eine durchsichtige Membran stützt, die das Tier auf der Flucht dermaßen schnell bewegt, daß sie praktisch unsichtbar ist. Wechselt das Tier die Richtung, entsteht ein leichter Strudel, der so ähnlich wie die Blasen aussieht, die die Lagesteuerungsdüsen des Versuchsobjekts erzeugen.