Выбрать главу

Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen, doch Gurronsevas war über Priliclas Worte zu verblüfft, um die Pause mit einer Frage überbrücken zu können.

Wie er schon oft gehört hatte, war der kleine Empath nicht abgeneigt, die Wahrheit ein wenig zurechtzustutzen, wenn er dadurch die emotionale Ausstrahlung in seiner näheren Umgebung verbessern konnte — das gab Prilicla selbst unumwunden zu. Ein für Emotionen empfängliches Wesen nahm die Gefühle der anderen ringsum mit gleicher Stärke wahr wie diese selbst, doch die Andeutung, Gurronsevas könnte das medizinische Team beim bevorstehenden Einsatz in allen möglichen Fragen beraten, war völlig lächerlich. Zwar dürfte sich die emotionale Ausstrahlung des Captains durch diese Lüge höchstwahrscheinlich verbessern, wie Gurronsevas glaubte, doch würde diese Wirkung nur von kurzer Dauer sein.

„Ich spüre Ihre Neugier, Freund Fletcher“, fuhr Prilicla fort, der nicht mehr zitterte, da der Zorn des Captains verraucht und nur noch leichte Verärgerung übriggeblieben war, „und beabsichtige, sie so bald wie möglich zu stillen.“

„Na schön, Doktor“, gab sich der Captain fürs erste zufrieden und fuhr dann in geschäftigem Tonfall fort: „Im Moment fliegen wir gerade mit aktivierter Selbststeuerung durch den Hyperraum und werden das Wemar-System in schätzungsweise knapp vier Standardtagen erreichen. Ein paar Minuten, bevor ich an Bord gegangen bin, hat man mir die Koordinaten des Zielsystems und das Video mit den vorläufigen Instruktionen gegeben, das ich mir aus Mangel an Gelegenheit noch nicht genau ansehen konnte, und mir mitgeteilt, daß wir die ausführlichen Anweisungen bei unserer Ankunft erhalten werden. Jetzt wäre der geeignete Zeitpunkt, das Video abzuspielen, damit auch wir Nichrmediziner in das, was wir im Wemar-System tun sollen, eingeweiht werden.“

„Ich weiß ebenfalls nichts darüber“, ergänzte Naydrad, wobei sich ihr Fell vor Verärgerung zu Stacheln aufstellte. „Zumindest habe ich nicht mehr als ein Gerücht gehört, nach dem drei Wochen lang Besprechungen auf höchster Ebene erforderlich gewesen sind, um zu entscheiden, ob die Rhabwar den Auftrag erledigen soll oder nicht. Und als man sich endlich zu einem Entschluß durchgerungen hatte, wurde in meiner Unterkunft die Alarmanlage ausgelöst, damit ich in voller Ausrüstung zu einem Noteinsatz ausrücke, und das, als ich gerade mitten in.“

„Meine Freundin, ich verstehe Sie völlig“, unterbrach Prilicla sie sanft.

„Doch oft muß man die Zeit, die benötigt wird, um zu einem Entschluß zu kommen, von der abziehen, die man benötigt, um ihn in die Tat umzusetzen. Das Gerücht ist nicht ganz zutreffend gewesen. Ich selbst habe an den besagten Besprechungen teilgenommen, bin mir jedoch trotz unseres einzigartigen Rufs, kranken oder verletzten Lebewesen der verschiedensten Spezies aus der Klemme zu helfen, nicht ganz sicher gewesen, ob die Rhabwar imstande sein könnte, diesen Auftrag durchzuführen. Viele der militärischen und medizinischen Autoritäten haben mir in diesem Punkt zugestimmt, der Chefpsychologe und einige andere nicht. Geheimgehalten wurde das Ganze nur, um nicht die Gefühle der Besatzung der Rhabwar zu verletzen, indem man uns gegenüber in aller Öffentlichkeit mangelndes Vertrauen gezeigt hätte.

Und die Fragen, die Ihnen allen, wie ich spüre, so auf der Zunge brennen, sollten warten, bis wir uns das Video zum Wemar-System angesehen haben“, fügte er hinzu. „Wenn Sie soweit sind, Freund Fletcher, dann fangen Sie bitte an.“

18. Kapitel

Zum Zeitpunkt der Entdeckung vor drei Monaten hatte man nicht geglaubt, daß der Planet, den die dominante intelligente Lebensform, die auf ihm lebte, „Wemar“ nannte, den Kontaktspezialisten des Monitorkorps irgendwelche ernsthafte Schwierigkeiten hätte bereiten können. Der Planet litt an derart großen Umweltproblemen, daß er im Grunde als unbewohnbar eingestuft werden mußte, und der winzige Rest, der von der Bevölkerung übriggeblieben war, mußte ein Leben dicht am Existenzminimum fristen. In der jüngeren Vergangenheit — nach den Untersuchungen industrieller Überreste aus dem Orbit schätzte man deren Alter auf etwas über vier Jahrhunderte — war die einheimische Zivilisation technisch so weit fortgeschritten gewesen, daß sie Satelliten in die Umlaufbahn geschossen hatte, und zudem waren Spuren eines nicht ständig aufrechterhaltenen Stützpunkts auf dem unbewohnten Planeten vorhanden, der dem System am nächsten lag.

Vor dem Hintergrund der erst vor kurzer Zeit untergegangenen Raumfahrttechnik der Spezies war man von zwei wichtigen Annahmen ausgegangen: Die eine war, daß der Gedanke an eine von anderen intelligenten Wesen bewohnte Galaxie die Wemarer nicht ängstigen würde und sie der Vorstellung, in freundschaftlichen Kontakt mit Besuchern von anderen Spezies zu treten, nicht vollkommen ablehnend gegenüberstünden, auch wenn sie das plötzliche Auftauchen eines Raumschiffs im Orbit ihres Planeten vielleicht überraschen und beunruhigen könnte. Die zweite Annahme lautete, daß die Wemarer einverstanden sein würden, die ihnen angebotene und so dringend benötigte materielle und technische Unterstützung anzunehmen, sobald man erst einmal den Kontakt ausgeweitet und ihre natürlichen Ängste zerstreut hatte.

Beide Annahmen sollten sich als falsch erweisen. Nachdem man Kommunikationsgeräte mit integriertem Translator für Sprech- und Sichtkontakt in beide Richtungen über den wenigen bewohnten Gebieten abgeworfen hatte — die Bild- und Tonübertragung waren Bestandteile der untergegangenen Wemarer Technik gewesen—, sagten die Einheimischen den Fremdlingen nur ein paar böse Worte, bevor sie ihnen befahlen, Wemar und sein Sonnensystem sofort zu verlassen, um kurz darauf sämtliche Geräte der Fremdweltler zu zertrümmern. Nur die Mitglieder einer kleinen, isolierten Gruppe hatten einen Hauch von Abneigung dagegen gezeigt, den Kontakt abzubrechen, doch auch sie zerstörten schließlich die Kommunikatoren, die man ihnen geschickt hatte.

Offensichtlich handelte es sich bei den Wemarern um eine sehr stolze Spezies, die die von den Fremdweltlern angebotene Hilfe unter keinen Umständen annehmen wollte.

Um das Risiko einer weiteren Verschärfung der Lage zu vermeiden, befolgte der Kommandant des Monitorkorpsschiffs, das den Erstkontakt einleiten sollte und sich auf Umlaufbahn um Wemar befand, den ersten Befehl der Wemarer, indem er keine Kommunikatoren mehr abwarf, und mißachtete den zweiten in der Gewißheit, daß die an ihren Planeten gefesselte Spezies nichts gegen das im Orbit befindliche Schiff unternehmen konnte, und setzte die Untersuchung der Planetenoberfläche fort. Kurz darauf hatte man Wemar zum Notstandsgebiet erklärt und die Rhabwar losgeschickt, um die medizinischen Schwierigkeiten abschätzen und sich — falls möglich — eine Lösung vorschlagen zu lassen.

Tatenlos zuzusehen, während eine intelligente Spezies versuchte, geschlossen Selbstmord zu begehen, war noch nie die Politik der Föderation gewesen.

In einer Entfernung, die mehr als zehnmal so groß wie der Durchmesser Wemars war, tauchte die Rhabwar aus dem Hyperraum auf. Aus dieser Distanz erschien Wemar wie jeder andere normale bewohnte Planet: Die Umrisse der Kontinente und der polaren Eisflächen wurden von geschlossenen oder zerzausten Wolkendecken und den dicken weißen Spiralen der Tiefdruckgebiete verwischt und teilweise unterbrochen. Erst als sich die Rhabwar auf den Abstand von einem Planetendurchmesser genähert hatte, wurden die anomalen Einzelheiten deutlich sichtbar.