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„Über die Essenszubereitung könnte ich Ihnen noch viel mehr erzählen, und auch darüber, daß meine Bemühungen bei einigen wenigen und sehr bedauerlichen Lebewesen vergeblich sind“, setzte Gurronsevas seine Ausführungen fort. „Dazu gehört auch der Gestaltwandler Danalta. Er ißt alles, Gemüse, Fleisch, harte Holzsorten, Sand, die meisten Gesteinsarten, und das, ohne irgendeinen Unterschied im Geschmack feststellen zu können.“

Plötzlich verstummte er in der Erkenntnis, daß, nach den Gesprächen zu urteilen, die er über den Kopfhörer vernahm, das medizinische Team wieder zur Rhabwar aufgebrochen war, die Wemarer Schüler gleich in die Mine zurückkehren würden und Danalta noch nicht in der Küche erschienen war.

Oder doch?

Wie sich Gurronsevas erinnerte, hatte vor einem spärlich beleuchteten Teil der Wand hinter der doppelten Küchentür ein Holzfaß gestanden, aus dessen offener Oberseite die Stiele mehrerer Besen und Bodenwischer ragten. Jetzt standen zwei Fässer dort, die völlig identisch waren — bis auf ein Astloch in einer der beiden, das den feuchten, transparenten Schimmer eines Auges aufwies und Gurronsevas langsam zuzwinkerte. Danalta war bereits zu ihm gestoßen.

Was für ein Angeber! seufzte Gurronsevas im stillen und wandte sich wieder Remrath zu.

„Wir müssen unser Gespräch ein andermal fortsetzen, denn jetzt haben wir viel zu tun“, erklärte der Chefkoch, bevor Gurronsevas etwas sagen konnte. „Wenn Sie wollen, schauen Sie zu, aber seien Sie so freundlich, und treten Sie zur Seite und versuchen Sie, unsere Bewegungen nicht zu behindern.“

Gurronsevas entfernte sich und blieb neben dem Faß stehen, das gar kein Faß war. Die Bewegungen, die er nicht behindern sollte, waren, wie er sah, quälend langsam. Remrath und das Küchenpersonal schöpften einzelne Portionen des Gemüseeintopfs auf breitrandige Teller, von denen sie jeweils zwei auf ein Tablett setzten, bevor sie noch zwei breite, flache Löffel und zwei Becher mit Trinkwasser aus dem Einlaßrohr der ungehindert durchströmten Waschrinne dazu stellten. Die Teller waren nicht vorgewärmt, und einige waren sogar noch feucht vom Abspülen. Einzeln wurden die mit zwei Portionen gefüllten Tabletts nun in den Vorraum getragen und auf den großen Tisch gestellt, bis dieser ganz und gar bedeckt war. Unterdessen beaufsichtigten die Lehrerinnen die eingetroffenen Arbeitsgruppen und Klassen und legten das an diesem Tag geerntete Gemüse in die Vorratsbehälter der Küche, während sich ihre jungen Schützlinge weiter in den Speiseraum begaben.

Remrath sagte den Neuankömmlingen, er werde ihnen die Anwesenheit von Gurronsevas später erklären, und sie sollten mit ihren normalen Aufgaben fortfahren. Ihnen dabei tatenlos zusehen zu müssen, ließ Gurronsevas’ Blutdruck ernstlich steigen.

Die durchs Alter unbeweglich gewordenen Schwänze, die Steifheit in den Händen, Fingern und Beinen und der ungleichmäßige, hinkende Gang hatten zur Folge, daß sie nur ein kleines Tablett mit zwei Portionen tragen und balancieren konnten. Das führte wiederum dazu, daß die Portionen, die bereits im Vorraum abkühlten, noch kälter — wenn nicht sogar eiskalt — waren, wenn sie endlich im Speiseraum eintrafen. Doch die Schüler, die sich dort eingefunden hatten, würden sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht darüber beklagen, denn ihre Ungeduld auf ein Essen aus kaltem Brei war bestimmt nur minimal.

„Ich kann einfach nicht länger so dastehen und mir das mit ansehen“, sagte Gurronsevas leise, aber hitzig zu einem der beiden Fässer hinter sich. „Die Organisation in dieser Küche ist ein geradezu kriminelles Chaos, und die Serviermethoden sind. nun ja, Schwamm drüber. Verwandeln und rühren Sie sich nicht, um mir zu folgen, Danalta, solange ich nicht um Hilfe rufe.“

Er wartete, bis Remrath vorbeigehumpelt kam, und fuhr dann mit lauterer Stimme fort: „Ich habe Ihre Tätigkeiten genau beobachtet und glaube, Ihnen helfen zu können. Wie Sie selbst gesehen haben, bin ich körperlich wendiger und in den Bewegungen viel flinker als Sie. Außerdem habe ich vier Hände, die im Moment alle frei sind.“

Der Große Gurronsevas als Kellner, dachte er ungläubig, als er die ersten vier Tabletts durch den Stollen in den Speiseraum trug. Was ist bloß aus mir geworden?

23. Kapitel

Nachdem die Mahlzeit vorbei war und man die fast leeren Teller abgeräumt hatte, ging die Unterhaltung weiter. Offenbar machte niemand den Köchen das Kompliment, den Teller ganz leer zu essen. Tawsar dankte Gurronsevas für die Hilfe beim Servieren und für die Beantwortung von Fragen zu seiner Person, die ihm die jungen Wemarer im Speiseraum gestellt hatten. Zu keiner Zeit hatte er Tawsar ihr Essen anrühren sehen, und als er diesen Punkt später gegenüber Remrath erwähnte, teilte ihm dieser mit, daß die oberste Lehrerin an den alten Traditionen festhielte und kein Gemüse esse, wenn es Zeugen für diese Schande geben konnte. Obwohl die übrigen Köche, die den ganz kleinen Kindern Essen bringen mußten, Gurronsevas und Remrath in der Küche allein gelassen hatten, als der Tralthaner um eine nähere Erläuterung bat, wich der Chefkoch der Frage aus.

Gurronsevas hütete sich, die Arbeitsweise in der Küche zu kritisieren oder dem Chefkoch Vorschläge zu machen, wie man selbst in dieser spärlich ausgestatteten Küche besser kochen könnte, denn Kriege waren schon aus nichtigeren Anlässen ausgebrochen. Statt dessen berichtete er von den anderen Küchen, die er kennengelernt hatte, wobei er seine Kritik nicht offen aussprach, sondern sie nur leise andeutete.

„Heutzutage bitten wir die Kinder nicht mehr, diese niedrigen Küchendienste zu verrichten“, sagte Remrath. „Es hat Zeiten gegeben, als denjenigen, die sich schlecht benommen hatten, die Verantwortung für das Abräumen und Abspülen der Teller und Bestecke und das Waschen des Gemüses für den nächsten Tag übertragen wurde. Doch die Folge war, daß viel Geschirr zu Bruch ging und das Gemüse nicht ordentlich gewaschen wurde. Deshalb hat man diese Gewohnheit aufgegeben. Widerwillige Helfer sind der Mühe nämlich nicht wert. Außerdem ist es für uns Alte besser, uns weiterhin nützlich zu machen, als Kräfte zu vergeuden, die mit jedem Tag knapper werden. Ist das da auf Ihrem Teller ein Essensrest oder eine abgenutzte Stelle? Bitte schrubben Sie ihn noch mal.“

Abermals tauchte Gurronsevas den Teller in das kalte fließende Wasser und rieb es mit einem dichten, drahtigen Moosstück sauber, das er zu diesem Zweck erhalten hatte, bevor er ihn wieder Remrath zeigte, der mit derselben Arbeit beschäftigt war. Zuerst ein Kellner, dachte er, und jetzt auch noch ein Tellerwäscher!

„Bei vielen der Spezies, die ich kennengelernt habe, versteifen sich die Fingergelenke durch wiederholtes Eintauchen in kaltes Wasser, vor allem dann, wenn der Betreffende nicht mehr jung ist“, sagte er. „Ist das bei Ihnen auch der Fall?“

„Ja“, antwortete Remrath. „Und wie Ihnen bei mir bestimmt nicht entgangen ist, sind es nicht nur die in kaltes Wasser getauchten Körperteile, die in Mitleidenschaft gezogen werden.“

„Auch das ist auf vielen Planeten eine verbreitete Klage“, sagte Gurronsevas. „Doch möglicherweise kann das Leiden gelindert werden. Ich sage „möglicherweise“, weil ich selbst von diesem Thema keine Ahnung habe. Doch Tawsar hat sich freundlicherweise einer umfassenden medizinischen Untersuchung und vielen Stoffwechselproben unterzogen, und deshalb werden wir bald wissen, ob wir die Wemarer heilen können oder nicht. Sollte das jedoch nicht der Fall sein, auf meinem Planeten können die Jüngeren oft dazu gebracht werden, den Älteren zu helfen, wenn man die richtigen Argumente anführt.“