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Weiter unten am Tisch stieß ein Terrestrier die Laute aus, die Gurronsevas als Lachen zu erkennen gelernt hatte, und der Orligianer fuhr fort: „Der Automat für die Bestellung und Auslieferung des Essens funktioniert nach dem üblichen Prinzip. Geben Sie einfach Ihre Biologische Klassifikation ein, und schon werden die vorhandenen Gerichte auf dem Display aufgelistet. Da wir hier im Hospital eine Menge Tralthaner haben, ist die Auswahl gut, auch wenn man sich über Qualität und Geschmack der Gerichte streiten kann.“

Gurronsevas entgegnete nichts und korrigierte seinen ersten Eindruck von diesem anfangs so unhöflich auftretenden Orligianer; offenbar bemühte sich dieses Wesen lediglich darum, ihm behilflich zu sein.

„Bei Neulingen wie Ihnen kommt es manchmal vor, daß man sich vom bloßen Anblick der anderen Gerichte oder vielleicht auch der Tischnachbarn selbst derart belästigt fühlt, daß einem der Appetit vergeht“, setzte der Orligianer seine Ausführungen fort. „Sollte das bei Ihnen der Fall sein, behalten Sie einfach ein Auge auf Ihrem Teller und schließen Sie die übrigen. Dadurch wird sich hier niemand beleidigt fühlen. Falls Sie allerdings wirklich derjenige sein sollten, der für die Qualität der Hospitalkost — besser gesagt: für deren Mangel daran — verantwortlich ist, dann würden Sie sich das Leben leichter machen, wenn Sie diesen Umstand so lange wie möglich für sich behielten.“

„Herzlichen Dank für die Auskunft und die guten Ratschläge“, sagte Gurronsevas, „doch bedauerlicherweise kann ich sie nicht alle annehmen.“

„Sie sind schon wieder zu höflich“, wandte der Orligianer ein und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Essen zu.

Als Gurronsevas an den Tisch herantrat, wobei er darauf achtete, die Beine zu spreizen und es nicht darauf ankommen zu lassen, den melfanischen Stuhl zu verbiegen, indem er sich mit der Unterseite des Körpers darauf abstützte, hörte er wieder die rollenden Schnalzlaute Priliclas.

„Da ich sowohl Ihren Hunger als auch Ihre Neugier auf meine Essensmethode spüre, bitte ich Sie, den ersten Trieb zu befriedigen, während ich den zweiten stille.“

Gurronsevas gab seine Bestellung über die Tastatur ein; nach seiner Auffassung mochte Prilicla zwar kein Telepath sein, doch verfügte dieses spinnenartige, zierliche Wesen über derart feine empathische Fähigkeiten, daß es kaum einen Unterschied machte.

„Ich finde, das Essen während des Flugs fördert die Verdauung“, fuhr der Cinrussker fort und beantwortete damit die erste unausgesprochene Frage. „Außerdem trägt die von den Flügeln aufgewirbelte Luft zum Abkühlen der Suppe meiner terrestrischen Freunde bei, falls sie zum schnellen Auslöffeln zu heiß sein sollte. Bei der fadenartigen Substanz, die ich zusammenflechte und zu mir nehme, handelt es sich natürlich um das terrestrische Hauptnahrungsmittel namens Spaghetti, das bei den DBDGs vom Wartungspersonal äußerst beliebt ist. Wie Sie wissen, sind die hiesigen Spaghetti synthetisch hergestellt und haben einen recht faden Geschmack, der durch eine Soße aufgewogen wird, die mir manchmal ins Gesicht spritzt, wenn sie zu reichlich bemessen worden ist, oder diejenigen bekleckert, die mir zu nahe sitzen. Gibt es sonst noch etwas, das Sie gerne wissen möchten, mein Freund?“

„Beruflich finde ich das äußerst interessant“, entgegnete Gurronsevas und vergaß in seiner Aufregung ganz, den Mund zu benutzen, der nicht mit Kauen beschäftigt war. „Essen Sie noch andere Arten von nichtcinrusskischen Nahrungsmitteln? Oder kennen Sie im Hospital sonst noch jemanden, der Nahrungsmittel anderer Spezies verzehrt? Sitzt hier eventuell sogar jemand am Tisch, auf den das zutrifft?“

Yaroch-Kar legte sein Besteck beiseite und antwortete: „Diagnostiker machen das manchmal, wenn sie ein Schulungsband im Kopf gespeichert haben, das von einer besonders willensstarken Persönlichkeit einer anderen Spezies stammt. Die setzt dem Diagnostiker dann so zu, daß er nicht mehr weiß, wer er eigentlich ist. Abgesehen davon haben das noch ein paar andere Mitarbeiter getan, entweder als Mutprobe oder bei einer geheimen Zeremonie zur Aufnahme in eine Abteilung. Ich meine, stellen Sie sich mal einen Orligianer wie mich vor, der, sagen wir mal, eine Portion melfanische Greeps essen will und ihnen erst einmal in der Schüssel herum mit der Gabel nachjagen muß. Was mich angeht, so bin ich ausgesprochen froh, daß dieser Brauch nicht weit verbreitet ist.“

Gurronsevas konnte nicht glauben, was er da hörte. „Sie meinen, hier werden lebende Tiere serviert?“

„Na ja, ich habe übertrieben, aber nur ein bißchen“, korrigierte sich Yaroch-Kar. „Das Greep-Gericht lebt eigentlich nicht, sondern bewegt sich nur. Ansonsten handelt es sich um dieselbe nahezu geschmacklose, synthetisch hergestellte Pampe, die wir alle essen. Die Masse, aus der die Greeps geformt werden, wird mit ungiftigen chemischen Präparaten behandelt, die es ermöglichen, jedem Stück eine schwache elektrische Ladung zu geben. Die eine Hälfte wird positiv und die andere negativ aufgeladen, und das Ganze wird dann erst in der Ausgabeöffnung gemischt. Für die wenigen Augenblicke, bevor sich die Ladungen gegenseitig neutralisiert haben, stellt sich ein realistischer und ziemlich ekelhafter optischer Effekt ein.“

„Faszinierend!“ staunte Gurronsevas, wobei ihm nicht entging, daß dieser Yaroch-Kar, was die Hospitalküche betraf, ungewöhnlich gut unterrichtet war. Vielleicht hielt er sich für einen Feinschmecker, und deshalb wollte Gurronsevas dieses Gespräch unbedingt fortsetzen. „Im Cromingan-Shesk mußten wir lebende Greeps importieren, was sie zu einer seltenen und kostspieligen Delikatesse gemacht hat. Aber ist es nicht theoretisch möglich, eine Mahlzeit zuzubereiten, die für den Stoffwechsel sämtlicher warmblütiger Sauerstoffatmer geeignet ist und zugleich ihren Appetit anregt und stillt? Ein Gericht, das eine Kombination des Aussehens und Geschmacks von, sagen wir mal, den crelletinischen Weintrieben der Kelgianer, den melfanischen Sumpfnüssen und natürlich Greeps, dem orligianischen Skarkshi, dem nallajimischen Vogelfutter, dem terrestrischen Steak und auch den Spaghetti und unserem eigenen. Ist irgendwas nicht in Ordnung?“

Mit Ausnahme des in der Luft schwebenden Priliclas gaben alle Wesen am Tisch laute und unübersetzbare Würgegeräusche von sich.

Der Terrestrier riß sich als erster wieder zusammen und antwortete Gurronsevas: „Nicht in Ordnung? Schon bei der bloßen Vorstellung sind wir nahe daran, alles wieder von uns zu geben.“

Prilicla gab einen kurzen, rollenden Laut von sich, den der Translator nicht übersetzte, und meinte dann: „Ich kann keine Anzeichen für emotionale Anspannungen oder akute Verdauungsprobleme feststellen, Freund Gurronsevas. Die mündlich geäußerten Reaktionen unserer Tischgenossen sind übertrieben, um eine humoristische Wirkung zu erzielen. Machen Sie sich keine Sorgen.“

„Dann bin ich ja beruhigt“, seufzte Gurronsevas erleichtert und wandte seine Aufmerksamkeit ganz dem Cinrussker zu. „Fördert das Zusammenflechten der einzelnen Spaghetti zu einem Strang ebenfalls Ihre Verdauung?“

„Nein, mein Freund“, antwortete Prilicla. „Das mache ich nur zu meinem Vergnügen.“

„Ich kann mich noch daran erinnern“, mischte sich Yaroch-Kar ein, „daß ich, als ich ganz jung war — was schon eine Ewigkeit her ist—, getadelt worden bin, weil ich mit meinem Essen gespielt habe.“

„An so etwas kann ich mich auch erinnern“, bestätigte Prilicla. „Aber jetzt, wo ich groß und stark geworden bin, kann ich endlich tun und lassen, was ich will.“

Einen Moment lang starrte Gurronsevas den dünnen, einer Eierschale ähnelnden Körper, die spinnenartigen Beine und die unglaublich zerbrechlich wirkenden Flügel erstaunt an. Dann fiel er selbst mit Tönen, die das Lachen eines Tralthaners darstellten, in die unübersetzbaren Laute der anderen ein.