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Benedict Lightwood nickte.

»Aber Wills Plan verlangt von uns nichts anderes, als de Qunicey zu beobachten. Wenn wir ihn nicht dabei ertappen, wie er gegen das Gesetz verstößt, werden wir auch keine Schritte gegen ihn einleiten und das Verhältnis wird nicht in Gefahr gebracht. Falls er jedoch das Gesetz in unserem Beisein bricht, dann ist diese Beziehung ohnehin nur eine Farce. Wir können nicht zulassen, dass der Bündnisvertrag missbraucht wird, so ... so bequem es für uns auch sein mag, einfach wegzuschauen.«

»Ich stimme mit Charlotte überein«, verkündete Gabriel Lightwood, der damit zum ersten Mal das Wort ergriff — und zu Tessas Überraschung Partei für die Institutsleiterin nahm. »Ich halte ihren Plan für durchaus vernünftig, allerdings mit einer Ausnahme: die Absicht, das Gestaltwandler-Mädchen zusammen mit Will Herondale zu de Quincey zu schicken. Will Herondale ist nicht einmal alt genug, um an dieser Versammlung teilzunehmen. Wie kann man ihm da eine derart verantwortungsvolle Aufgabe anvertrauen?«

»Du schmieriger kleiner Schnösel«, knurrte Will und beugte sich noch weiter vor, als wollte er am liebsten durch das Portal hindurch-greifen und Gabriel erwürgen. »Wenn ich dich nur fünf Minuten allein zu fassen bekomme ...«

»Stattdessen sollte ich dieses Mädchen begleiten«, fuhr Gabriel fort. »Ich bin in der Lage, auf sie aufpassen, statt nur meine eigene Haut zu verteidigen.«

»Der Strang ist noch viel zu schade für ihn«, pflichtete Jem seinem Freund bei, erweckte aber den Eindruck, als versuchte er, nicht loszuprusten.

»Tessa kennt Will«, protestierte Charlotte. »Sie vertraut ihm.«

»So weit würde ich nun wieder nicht gehen«, murmelte Tessa.

»Außerdem«, fügte Charlotte hinzu, »ist Will derjenige, der diesen Plan entwickelt hat. Er ist derjenige, den de Quincey aus dem Pandemonium Club wiedererkennen wird. Und er ist derjenige, der weiß, wonach er im Inneren von de Quinceys Stadtvilla suchen muss, um ihn mit den Klockwerk-Kreaturen und den ermordeten Irdischen in Verbindung zu bringen. Will ist ein hervorragender Ermittler, Gabriel, und ein guter Schattenjäger obendrein. Das musst du ihm lassen.«

Gabriel lehnte sich gegen die Stuhllehne und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich muss ihm gar nichts lassen.«

»Also, wenn Will und dieses Hexenmädchen an de Quinceys Abendgesellschaft teilnehmen und ihn dabei beobachten, wie er gegen das Gesetz verstößt, wie wollen sie dann uns andere verständigen? Wie soll das gehen?«, fragte Lilian.

»Mithilfe von Henrys Erfindung«, erklärte Charlotte, in deren Stimme ein kaum wahrnehmbares Zittern mitschwang. »Mit seinem Phosphorisator. Dieses Gerät wird einen extrem grellen Elbenlichtblitz ausstrahlen, der sämtliche Fenster in De Quinceys Haus kurz taghell aufleuchten lässt. Das ist dann das Zeichen für uns.«

»Gütiger Gott, nicht eine von Henrys Erfindungen«, stöhnte George.

»Anfangs gab es ein paar Probleme mit dem Phosphorisator«, räumte Charlotte widerstrebend ein, »aber Henry hat mir gestern Abend noch seine Funktionstüchtigkeit demonstriert: Das Gerät arbeitet einwandfrei.«

Frederick schnaubte. »Erinnert ihr euch, wie Henry uns das letzte Mal eine seiner Erfindungen angeboten hat? Danach haben wir noch tagelang Fischgedärme von unseren Monturen gekratzt.«

»Aber Frederick, das Gerät war überhaupt nicht für den Einsatz in der Nähe von Wasser bestimmt ...«, protestierte Charlotte, noch immer mit leicht zittriger Stimme. Doch die anderen Schattenjäger hörten ihr schon gar nicht mehr zu und redeten aufgeregt durcheinander, wobei sie sich gegenseitig mit Geschichten über Henrys misslungene Erfindungen und deren schauerliche Konsequenzen zu überbieten versuchten.

Arme Charlotte, dachte Tessa — Charlotte, die inzwischen verstummt und deren Wissen um die eigene Autorität für sie so wichtig und so teuer erkauft war.

»Diese Mistkerle fallen ihr einfach ins Wort«, knurrte Will.

Tessa warf ihm einen überraschten Blick zu: Will starrte angespannt und mit geballten Fäusten auf die Szenerie unter ihnen. Dann war er Charlotte also doch zugetan, überlegte sie und konstatierte erstaunt, wie sehr sie das freute. Vielleicht bedeutete das ja, dass Will doch Gefühle besaß. Nicht dass dies irgendetwas mit ihr zu tun gehabt hätte, ob er nun Gefühle besaß oder nicht ... Hastig schaute sie von Will fort, hinüber zu Jem, der ebenso aufgebracht wirkte.

Verärgert biss er sich auf die Lippe. »Wo steckt Henry? Sollte er nicht längst da sein?«

Wie aufs Stichwort flog in diesem Moment die Tür der Abstellkammer auf. Die drei Jugendlichen wirbelten zu Henry herum, der mit weit aufgerissenen Augen und wild abstehenden Haaren im Türrahmen stand und irgendetwas in der Hand hielt — die Kupferröhre mit dem schwarzen Knopf an der Seite, die beinahe dafür gesorgt hätte, dass Will sich beim Sturz vom Sideboard im Speisezimmer den Arm gebrochen hätte. Argwöhnisch betrachtete Will das Gerät. »Nimm bloß das verdammte Ding weg«, murrte er ungehalten. Bestürzt starrte Henry die drei an. »Teufel noch eins«, stammelte er mit rotem Gesicht und Schweißperlen auf der Stirn. »Ich suche eigentlich die Bibliothek. Die Brigade ...«

»... hat sich gerade dort versammelt«, ergänzte Jem.

»Ja, wir wissen davon. Aber die Bibliothek ist ein Geschoss tiefer, Henry. Die Treppe hinunter und dann die dritte Tür rechts. Und beeil dich lieber — Charlotte wartet bereits auf dich.«

»Ich weiß, ich weiß«, jammerte Henry. »Mist, Mist, Mist! Ich wollte doch nur, dass der Phosphorisator endlich ordnungsgemäß funktioniert ...«

»Henry«, sagte Jem in eindringlichem Ton, »Charlotte braucht dich.«

»Richtig.« Henry machte auf dem Absatz kehrt, als wollte er aus dem Raum stürzen, doch dann hielt er inne, wirbelte erneut herum und starrte die drei verwundert an. Dabei huschte ein verwirrter Ausdruck über sein sommersprossiges Gesicht, als fragte er sich erst jetzt, warum Will, Tessa und Jem in einer nur selten genutzten Abstellkammer auf dem Boden hockten.

»Was treibt ihr denn hier?«, erkundigte er sich neugierig.

Will neigte den Kopf leicht zur Seite und schenkte Henry ein strahlendes Lächeln. »Wir spielen Scharade.«

»Ah. Richtig. Sehr schön«, murmelte Henry, stürmte dann aus dem Raum und ließ die Tür hinter sich zufallen.

»Scharade!«, schnaubte Jem indigniert, beugte sich erneut vor und stützte die Ellbogen auf die Knie, während Callidas Stimme aus der Bibliothek zu ihnen hinaufdrang.

»Ehrlich, Charlotte, wann wirst du endlich zugeben, dass Henry aber auch gar nichts mit der Leitung dieses Instituts zu tun hat? Und dass du alles allein regelst? Möglicherweise mit der Unterstützung von James Carstairs und Will Herondale, aber keiner der beiden ist älter als siebzehn. Welch große Hilfe können sie da schon sein?«

Charlotte brachte nur ein missbilligendes Geräusch hervor.

»Das ist einfach zu viel für einen allein, insbesondere für jemanden deines Alters«, schlug Benedict in dieselbe Kerbe. »Schließlich bist du selbst gerade einmal dreiundzwanzig Jahre alt. Wenn du gern zurücktreten würdest ...«

Erst dreiundzwanzig!, dachte Tessa überrascht. Sie hatte Charlotte viel älter eingeschätzt, vermutlich aufgrund der Aura überzeugender Kompetenz, die sie verströmte.

»Konsul Wayland hat meinen Mann und mich vor fünf Jahren mit der Leitung des Instituts bevollmächtigt«, entgegnete Charlotte scharf Offensichtlich hatte sie ihre Stimme wiedergefunden. »Falls du also irgendwelche Probleme mit seiner Entscheidung hast, solltest du das mit ihm klären. Bis dahin werde ich das Institut so führen, wie ich es für richtig halte.«

»Ich hoffe, das bedeutet, dass Pläne wie der von dir vorgeschlagene auch weiterhin zur Abstimmung gelangen«, schnaubte Benedict Lightwood. »Oder verfährst du nur noch nach Gutdünken?«

»Mach dich nicht lächerlich, Lightwood — natürlich stimmen wir darüber ab«, fuhr Lilian verärgert dazwischen, ehe Charlotte reagieren konnte. »Alle, die dafür sind, gegen de Quincey vorzugehen, heben die Hand.«