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Von Scott mit Instrumenten versorgt, arbeitete er ruhig und stetig, klemmte, schnitt, entfernte Gewebe, tupfte, nähte und gab hin und wieder einen Brummton von sich, redete sonst aber nicht. Zeit verging. Schließlich nahm er zwei Klemmen ab und beobachtete unerschrocken das Ergebnis.

»Monitor?«

»Gleichmäßig.«

Er murmelte vor sich hin und blickte schließlich auf. »In Ordnung. Die Obstruktion ist herausgeschnitten und die Darmpassage wiederhergestellt. Es ist nichts undicht.« Er schien gegen den unwillkürlich in ihm aufsteigenden Optimismus anzukämpfen. »Wir können zumachen.«

Ich warf einen Blick auf das lange, mächtige Stück Eingeweide, das über Scotts Arm lag, und konnte mir nicht vorstellen, wie sie das alles wieder in die Bauchhöhle hineinkriegen wollten.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, sagte Ken: »Wir entleeren den Grimmdarm.« Scott nickte. Ken bat mich, einen offenen Abfallbehälter, der vor einer Wand stand, an den Tisch zu stellen. Dann ließ er mich ein Tablett, ähnlich den kleinen Serviertabletts in Flugzeugen, an den Tisch anhängen. Ein Kolontablett, sagte er.

Er nickte zum Dank. »Sie sind ein nichtsteriler Bereich«, sagte er fast vergnügt. »Gehen Sie wieder zum Bildschirm zurück, ja?«

Er zog den Darm auseinander, bis ein Teil davon auf dem Tablett lag und über dem Mülleimer, machte dann rasch einen Schnitt, und er und Scott begannen systematisch den ganzen Inhalt herauszupressen.

Diesmal roch es, aber auch nur nach Stallgasse, ganz frisch und normal. Aus irgendeinem Grund verspürte ich plötzlich Lust zu lachen: Der Vorgang war so unglaublich banal und der Mülleimer so unglaublich voll.

»Monitor«, sagte Ken streng.

»Gleichmäßig.«

Scott wusch den jetzt leeren, wabbeligen und leichter gewordenen Schlauch mit einer Flüssigkeit ab, und Ken vernähte in frischem Kittel, frischen Handschuhen den Schnitt, den er hineingemacht hatte; dann verstaute er den Darm, ordentlich in Schlangenlinien gelegt, wieder an seinem angestammten Platz im Inneren. Halblaut ging er eine Checkliste zum Bauch durch, fast wie ein Pilot beim Landeanflug, und verschloß unverändert geschickt und sorgfältig den Einschnitt in drei Etappen: zuerst die weiße Linie mit starken, einzeln verknoteten Nähten, dann die Unterhaut mit einem langen durchgehenden Faden, und endlich heftete er die Haut mit einer Reihe kleiner Stahlklammern, je vier auf drei Zentimeter, zusammen. Auch der Hefter war gesondert verpackt, steril und wegwerfbar, vorwiegend aus weißem Kunststoff, handlich und leicht.

Nach einem winzigen Zögern zog Ken, als er fertig war, seinen Mundschutz herunter und sah mich mit kippeliger Siegesfreude an.

»Soweit hat sie’s geschafft«, sagte er. »Gas aus, Scott.«

Scott, der einen Deckel auf den Mülleimer gestülpt und ihn weggerollt hatte, ging jetzt zum Respirator, um das Halothan abzudrehen.

»Blutdruck?« fragte Ken.

»Unverändert.«

»Respirator aus«, sagte Scott. »Katheter abnehmen?«

Ken nickte. »Sie hat ein kräftiges Herz. Notieren Sie die Zeit«, sagte er zu mir, und ich sah auf meine Uhr und setzte die Zeit in mein Protokoll ein.

»Einundneunzig Minuten vom Einschnitt bis zum

Schluß«, sagte ich.

Ken lächelte mit der Genugtuung des Profis über die gelungene Spitzenleistung, das Zittern und die Zweifel waren zurückgestellt. Lässig schälte er die sterilen grünen Tücher vom runden Leib der Stute und warf sie in einen Abfallbehälter.

Er und Scott schnallten die Beine des Pferdes von den Bettpfosten los. Dann hob der Kran es vom Tisch hoch, wobei Scott ihm wieder den Kopf hielt. In umgekehrter Richtung rollte es die Schienen entlang und durch die Schiebetür in den gepolsterten Raum, wo Ken noch eine Matte zusätzlich auf den Boden legte. Der Kran ließ die Stute dort herunter, bis sie bequem auf der Seite lag, die Beine in der normalen Lage entspannt.

Scott nahm ihr die gepolsterten Manschetten ab, legte ihr ein Seilhalfter an und führte das Seil durch einen Ring oben auf der halbhohen Trennwand, so daß man, hinter der Wand stehend, ihre Bewegungen halbwegs lenken und verhindern konnte, daß sie allzuviel herumtaumelte.

»Es wird rund zwanzig Minuten dauern, bis sie allmählich aufwacht«, sagte Ken. »So in einer halben Stunde kommt sie vielleicht auf die Beine, aber sie wird noch eine ganze Weile beduselt sein. Wenn sie steht, lassen wir sie noch eine Stunde hier, dann kommt sie in den Stall.«

»Und das war’s dann?« fragte ich leicht überrascht.

»Nicht so ganz. Wir lassen die Schlundsonde noch drin, um sicherzugehen, daß nichts aus dem Magen hochkommt, wie vorher - Rückfluß nennt man das; und da wir sie noch mindestens zwölf Stunden nicht füttern und nicht tränken können, setzen wir die Tropfinfusion fort. Sie bekommt auch weiter Antibiotika und ein beruhigendes Schmerzmittel, und wir überwachen ihre Herzfrequenz, und wenn alles gutgeht, nehmen wir die Sonde heute abend raus und geben ihr mal eine Handvoll Heu.«

Heu hörte sich nach all dem geradezu lächerlich an.

»Wie lange werden Sie sie hierbehalten?« fragte ich.

»Wahrscheinlich eine Woche. Es wirft sie schon ein bißchen um, wissen Sie, so eine große OP.«

Er sprach mit ernster Hingabe - ein Tierarzt, der mit dem Herzen dabei war. Ich folgte ihm durch den Operationssaal in den Vorraum, wo er die Einwegsachen auszog und in den nächsten Abfallbehälter warf. Scott und ich folgten seinem Beispiel, und schon ging Ken wieder zurück, um ein Auge auf seine Patientin zu haben.

»Er läßt sie jetzt nicht allein«, sagte Scott. »Er will immer sehen, wie sie aufwachen. Haben wir nicht noch Kaffee?«

Er lief mit langen Schritten zum Büro, kam mit den Thermosflaschen wieder, und zu dritt labten wir uns an deren Inhalt, während wir die Stute beobachteten und zusahen, wie allmählich wieder Bewegung in sie kam, zuerst in ihren Kopf und ihren Hals, dann in die Vorderbeine, bis sie sich mit einem jähen Ruck seitlich aufrichtete, wobei die Vorderbeine das Gewicht von Kopf und Hals trugen, die Hinterbeine aber noch auf der Matte lagen.

»Gut«, sagte Ken. »Großartig. Gehen wir jetzt hinter die Wand.« Er setzte das Wort in die Tat um und ergriff das Führseil.

Die Stute verharrte zehn Minuten in der gleichen Haltung, rappelte sich dann, wie vom Instinkt getrieben, schwankend auf alle viere hoch, torkelte ein paar Schritte, schwenkte ein wenig den Kopf am Ende des Seils und schien nahe daran zu stürzen, blieb aber stehen. Ich nahm zwar an, daß sie sich krank, benommen und auf ihre Weise aus dem Tritt gebracht fühlte, doch die furchtbaren

Schmerzen der Kolik war sie offensichtlich los.

Ken sagte: »Danke« zu mir und rieb sich die Augen. »Sie haben mir mein Selbstvertrauen zurückgegeben, ich weiß nicht, wieso.«

Er reichte Scott das Seil, wies ihn an, die Stute weiter zu beobachten, und gab mir mit dem Kopf ein Zeichen, noch einmal mit in den OP zu kommen.

»Ich möchte, daß Sie sich etwas ansehen«, sagte er. »Darf ich es Ihnen zeigen?«

»Natürlich.«

Er ging zu dem Tisch hinüber, wo noch die Schalen mit den verbrauchten Spritzen standen - nicht mehr drei Schalen jetzt, sondern vier. Die vierte enthielt ein großes, unidentifizierbares Knäuel blutigen Gewebes, aus dem breite, flache Schlauchstücke hervorschauten, insgesamt ein ziemlich ekelhafter Anblick.

»Das habe ich aus der Stute herausgeholt«, sagte Ken.

»Das? Das ist ja riesig.«

»Mhm.«

Ich starrte darauf. »Was ist das denn?«

»Ein verschlungenes Stück Darm, aber irgendwas ist komisch dran. Warten Sie, ich hole Handschuhe und sehe mal nach.«

Er ging und kam mit sauberen Handschuhen wieder, und dann lockerte er mit kräftig zupackenden Fingern und einem Spatel ein wenig das abscheuliche Knäuel, in dem sich eine Darmschlinge fest um eine andere geschnürt und jeden Nahrungsdurchgang abgewürgt hatte. Unglaublicherweise schien ein Faden mit dem Gewebe verheddert zu sein: ein heller, starker Faden wie Nylon.