Выбрать главу

Kens Schreibmaschine war unterdessen im Kofferraum verstaut, zusammen mit einem Packen großer Briefumschläge und einem Bogen Briefmarken. Ich brachte mehrere prall gefüllte Konditoreitüten in die Klinik und verteilte Gebäck, das alle hungrig verspeisten, während sie beteuerten, sie könnten keinen Bissen runterbringen. Kohlehydrate waren schon immer das einfachste

Beruhigungsmittel. Ich aß selbst zwei Blätterteigteilchen, und sogar Yvonne griff dankbar zu und sagte, es gehe ihr schon besser. Ken setzte sich neben sie und fiel gierig über meine Gaben her.

»Sie hätten das Grundstück nicht verlassen dürfen, Sir«, sagte der Konstabler tadelnd, als ich ins Büro kam.

»Entschuldigung. Möchten Sie einen Krapfen?«

Er betrachtete die zuckerüberzogene Versuchung mit offensichtlichem Verlangen, sagte aber, er sei im Dienst. Außer ihm äußerte sich niemand zu meinem Ausflug. Was nichts daran änderte, daß ich auch wichtiges Beweismaterial hätte verschwinden lassen können, dachte ich.

Carey aß zerstreut einen Florentiner, als wisse sein Verstand nicht so recht, was sein Mund machte. Er saß noch immer in demselben Sessel, schien immer noch dem Zusammenbruch nah. Oliver beäugte ihn wie ein räuberischer Löwe, begnügte sich einstweilen aber damit, Gebäck zu verschlingen. Jay Jardine verdrückte in rascher Folge zwei Krapfen und leckte sich den Zucker von den Fingern.

Die Tür zum OP-Vorraum, hatte ich bemerkt, war geschlossen und noch mit meinem Eintrittsverbotsschild versehen. Ich mochte nicht daran denken, was jetzt dahinter geschah. Ich war nur froh, daß ich nichts damit zu tun hatte.

Carey, Oliver und Jay waren schweigsam, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Ich kehrte zu der freundlicheren Gesellschaft von Yvonne und Ken zurück, und die Zeit kroch dahin, während wir durch die gläserne Eingangstür beobachteten, wie der Strom der Hunde dünner wurde und schließlich versiegte. Lucy und Belinda verließen den Container, schlossen hinter sich ab und kamen über den Asphalt auf uns zu.

Auf halber Strecke hielten sie an, die Köpfe zum Tor gewandt. Bewegungslos standen sie dort, schauten, dann setzten sie ihren Weg fort.

Lucy hatte Tränen in den Augen, als sie in die Eingangshalle kam.

»Sie haben ihn weggebracht«, sagte sie. »Sie sind mit einem Krankenwagen ganz an die Großtieraufnahme herangefahren. Gott sei Dank konnten wir nichts sehen.«

Oliver und Jay kamen den Flur entlang und hatten verschiedenes auszurichten. Carey sei auf Ansuchen der Polizei in den Operationssaal gegangen, um ihnen zu sagen, ob irgend etwas nicht an seinem gewohnten Platz war. Yvonne solle bitte im Büro warten, da die Polizei Fragen an sie habe. Sie selbst (Oliver und Jay) und auch Lucy könnten ihre Hausbesuche machen. Belinda, meinte Oliver achselzuckend, könne vermutlich tun, was sie wolle, für sie gebe es keinerlei Anweisungen. Ken und Kens Freund sollten in der Eingangshalle bleiben. Bis auf weiteres dürfe niemand den OP betreten oder benutzen. Irgend jemand, sagte Oliver abschließend, solle die Ferkelei am Boden aufwischen.

Wie vorauszusehen, war es Lucy, die den Flur säuberte, indem sie Yvonnes Einwendungen und die halbherzigen Angebote von Ken und mir mit einer Handbewegung abtat.

Die Versammlung in der Halle löste sich auf, und jeder ging seinen Geschäften nach, so daß ich allein zurückblieb. Ken und Belinda schauten draußen bei den Ställen nach ihren Pferdepatienten. Yvonne war im Büro, bei geschlossener Tür, und durchlebte noch einmal, was sie sehnlich zu vergessen wünschte. Sie kam weinend heraus, begleitet von dem verlegenen Konstabler.

»Als nächstes sind Sie dran«, sagte sie nach Luft schnappend und wischte sich die Augen. »Sie sagen, ich kann nach Hause, aber ich bin auf so ein verdammtes

Festessen für Hundefreunde eingeladen und soll einen Vortrag über Welpenpflege halten. Wie könnte ich?«

»Vielleicht ist es am besten, Sie tun es. Dann wird der Morgen hier unwirklich.«

»Sir ...«:, sagte der Konstabler und winkte zum Büro hin.

»Ja.« Ich umarmte Yvonne. »Gehen Sie zu dem Essen.«

Ich ließ eine völlig aufgelöste Yvonne zurück, die mir durch ihre Tränen zulächelte, und kam der Anweisung des krapfenverschmähenden Polizisten nach, der pflichtbewußt hinter mir her kam.

Der Mann, der wie ein Bauer aussah, stand am Fenster, den Kopf in den Nacken gelegt, und inspizierte die Wolkendecke. Bei meinem Eintritt drehte er sich um und stellte sich als Kriminalkommissar Ramsey von der Polizei Gloucestershire vor. Seine Stimme paßte zu seinem Äußeren; eine durchgelüftete ländliche Sprechweise, ein schlauer Wilderer auf der Seite der Jagdhüter.

Er blickte auf eine Liste. »Sie sind Peter Darwin, hier angestellt als allgemeine Hilfskraft?«

»Nicht angestellt«, sagte ich. »Unbezahlter Helfer.«

Er zog die Brauen hoch, knipste seinen Kugelschreiber ein und machte sich eine Notiz.

»Sind Sie anderswo beschäftigt, Sir?« Der Kuli schwebte in der Luft.

»Beim Auswärtigen Amt, aber jetzt habe ich Urlaub.«

Er schätzte mich mit einem freudlosen kurzen Blick neu ein, notierte dann die Auskunft und fragte mich, welche Art von unbezahlter Hilfe ich geleistet hätte.

Ich sagte ihm, daß in der Klinik mehrere Pferde gestorben seien, daß mein Freund Ken McClure davon betroffen sei und daß ich ihm zu helfen versuchte herauszufinden, warum sie gestorben waren.

»Und ist Ihnen das gelungen, Sir?«

Ich sagte bedauernd: »Nein.«

»Seit wann versuchen Sie es?«

»Seit vorigen Donnerstag.«

Er schürzte die Lippen und schüttelte leicht den Kopf, als verzeihe er mir, daß ich in fünf Tagen noch keinen Erfolg erzielt hatte. Er notierte sich noch etwas, blickte dann auf und setzte neu an.

»Glauben Sie, daß der Tod der Pferde und der Tod des Anästhesisten miteinander in Zusammenhang stehen?«

Ich runzelte die Stirn. »Das weiß ich nicht.«

»Glauben Sie, daß der Tod der Pferde und der Brand des Hauptgebäudes miteinander in Zusammenhang stehen?«

»Ich weiß es nicht.«

»Haben Sie irgendwelche Theorien mit jemandem erörtert, Sir?«

»Ich glaube, es wäre gefährlich, hier Theorien zu erörtern.«

Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Sie haben Sylvesters Leiche gesehen, soviel ich weiß.«

»Ja.« Ich schluckte. »Wie ist er gestorben?«

»Alles zu seiner Zeit«, sagte er freundlich. »Haben Sie, als Sie im OP waren, irgend etwas angefaßt?«

»Nein.«

»Sind Sie sicher, Sir?«

»Ganz sicher.«

»Haben Sie irgend etwas Besonderes gesehen? Außer Sylvester natürlich.«

»Auf dem Boden, nicht weit vom Operationstisch, lag ein Nahthefter.«

»Ah ... Sie kennen Nahthefter vom Sehen?« »Ich habe gesehen, wie Ken einen benutzt hat.«

Er machte sich noch eine Notiz.

»Außerdem«, sagte ich, »waren, glaube ich, alle Türen unverschlossen, und das ist auch nicht normal. Ich bin ums Haus gegangen, um die Außentür zu kontrollieren, durch die die kranken Tiere hereingebracht werden, und sie war nicht zu. Ich habe den Schlüssel ins Loch gesteckt und sie abgeschlossen, um zu verhindern, daß jemand einfach da hineinmarschiert und Scott sieht ...« Ich hielt inne. »Und als Ken und ich in den OP gegangen sind, stand die Tür zu dem gepolsterten Raum offen und ebenso die Tür von dort zum Korridor und zum Empfang.«

Er machte sich eine Notiz. »Und waren Sie es, der die Schilder angebracht und die Tür zwischen dem Gang hier und dem OP abgesperrt hat?«

Ich nickte.

»Nachdem Sie die Türen verschlossen haben, ist also niemand mehr dort hineingegangen?«

»Das weiß ich nicht genau«, sagte ich langsam. »Alle haben Schlüssel.«

»Sie haben auch welche?«