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Aber die Einstellung der Menschen hatte sich im Laufe der Zeit gewandelt. Sprachlernprojekte mit Delphinen und Menschenaffen zeigten eindeutig, daß diese Tiere nicht nur intelligent, sondern sich auch ihrer Existenz bewußt waren; sie erkannten sich zum Beispiel im Spiegel und auf Fotografien wieder. 1974 gründeten die Naturwissenschaftler selbst die Internationale Liga zum Schutz von Primaten. Sie sollte Forschungsvorhaben überwachen, bei denen mit Meerkatzenartigen und Menschenaffen experimentiert wurde. Im März des Jahres 1978 verbot die Regierung Indiens den Export von Rhesusaffen an Forschungsstätten auf der ganzen Welt, und bei einigen Prozessen kamen die Gerichte zu dem Ergebnis, daß in bestimmten Fällen Tiere durchaus Rechte haben konnten.

Die frühere Anschauung war eine Entsprechung zur Sklaverei: Das Tier war das Eigentum seines Besitzers, der mit ihm tun konnte, was er wollte. Jetzt wurde die Frage des Besitzes zweitrangig. Im Februar 1977 gab es einen Prozeß um einen Delphin namens Mary, den ein in einer Forschungseinrichtung beschäftigter Techniker ins offene Meer hatte schwimmen lassen. Die University of Hawaii verklagte ihn wegen Verlustes eines für die Forschung wertvollen Tiers. Zweimal kam das Geschworenengericht zu keiner Entscheidung - das Verfahren wurde eingestellt. Im November 1978 ging es in einem Prozeß um den Schimpansen Arthur, der die Zeichensprache fließend beherrschte. Seine Besitzerin, die Johns Hopkins University, beschloß, ihn zu verkaufen und das Programm einzustellen. Sein Ausbilder, William Levine, ging vor Gericht und erhielt das Sorgerecht mit der Begründung zugesprochen, daß man Arthur, da er jetzt sprachfähig sei, nicht länger als Schimpansen ansehen dürfe. »Einer der entscheidenden Punkte«, sagte Morton, »war dabei, daß Arthur andere Schimpansen, mit denen man ihn in Berührung brachte, als >schwarze Dinger< bezeichnete. Als man ihn bei zwei Versuchen aufforderte, Fotografien von Menschen und von Schimpansen zu sortieren, löste er die Aufgabe richtig - mit einer Ausnahme: beide Male legte er sein eigenes Bild auf den Stapel der Menschenfotos. Offensichtlich betrachtete er sich selbst nicht als Schimpansen, und das Gericht entschied, daß er bei seinem Ausbilder bleiben solle, da eine Trennung zu schweren psychischen Schädigungen Arthurs führen könne."  

»Das    heißt, es ist klar, daß Amy mir gehört?« wollte Elliot wissen.

»Wenn Sie die Bedingungen erfüllen, ja. Sie sagen, daß Sie täglich mit dem Tier zusammenkommen?« »Ja.«

»Und Sie    sind    für Amys    körperliches    und psychisches Wohlergehen wichtig?«

»Amy weint, wenn ich fortgehe«, sagte Elliot. »Holen    Sie    ihre    .Erlaubnis    ein, wenn    Sie Experimente mit ihr machen?«

»Jedesmal.« Elliot lächelte. Offensichtlich hatte Morton keine Vorstellung vom täglichen Zusammenleben mit Amy. Es war äußerst wichtig, ihre Erlaubnis für alles einzuholen, was geschehen sollte, sogar für eine Ausfahrt mit dem Wagen. Sie hatte eine ausgeprägte Persönlichkeit und konnte dickköpfig und eigensinnig sein.

»Haben Sie Unterlagen über ihre Zustimmung?« »Ja, Videobänder.«

»Versteht sie, was für Experimente Sie ihr vorschlagen?« Er zuckte mit den Schultern. »Sie sagt ja.« »Arbeiten Sie mit Belohnung und Strafe?« »Das ist das bei Wissenschaftlern, die tierisches Verhalten erforschen, übliche Verfahren. Es heißt >Apprentissage<.« Morton runzelte die Brauen. »Und wie sehen die Strafen aus?« »Wenn sie böse ist, muß sie sich mit dem Gesicht zur Wand in die Ecke stellen oder ich schicke sie früh schlafen, ohne daß sie ihre Erdnußbutter und ihre Götterspeise bekommt.« »Und wie ist es mit Folterung und Schockbehandlung?« »Eine absurde Vorstellung!« »Und mit körperlichen Züchtigungen?«

»Sie ist ziemlich groß. Oft habe ich Angst, daß sie wütend wird und wir etwas tut.«

Morton erhob sich lächelnd. »Der Fall dürfte klar sein«, sagte er. »Jedes Gericht wird zu dem Ergebnis kommen, daß Amy Ihrer Gewalt untersteht und daß Sie zu entscheiden haben, was jeweils zu geschehen hat.« Er zögerte. »Ich weiß, es klingt seltsam: aber meinen Sie, daß Sie es fertigbrächten, Amy zu einer Zeugenaussage zu veranlassen?«

»Ich glaube schon«, sagte Elliot. »Meinen Sie, daß es soweit kommen wird?«

»Nicht in diesem Fall«, sagte Morton. »Früher oder später aber wohl. Glauben Sie mir, innerhalb der nächsten zehn Jahre gibt es bestimmt einen Prozeß, bei dem es um das Sorgerecht für einen sprachfähigen Primaten geht - und man wird ihn in den Zeugenstand holen.« Elliot schüttelte ihm die Hand und fragte im Hinausgehen. »Übrigens - hätte ich Schwierigkeiten, wenn ich sie außer Landes brächte?«

»Falls es zu einem Verfahren wegen des Sorgerechts kommt, könnten Sie schon Schwierigkeiten haben, wenn Sie Amy von einem Bundesstaat in einen anderen bringen«, sagte Morton.

»Haben Sie vor, sie außer Landes zu bringen?«

»Ja.«

»Dann rate ich Ihnen, tun Sie es bald, und reden Sie mit niemandem darüber«, sagte Morton.

Elliot betrat kurz nach neun das Vorzimmer seines Arbeitszimmers im dritten Stock des Zoologischen Instituts. Seine Sekretärin Carolyn sagte: »Eine Frau Dr. Ross vom Wildlife Fund in Houston hat angerufen, sie ist auf dem Weg nach San Francisco. Dann hat ein Mr. Morik'awa dreimal angerufen, er sagt, es sei sehr wichtig. Das Treffen der Projektgruppe ist auf zehn Uhr festgelegt. Ach ja, und in Ihrem Arbeitszimmer wartet Windy auf Sie.«

»Tatsächlich?«

James Weldon war einer der Ordinarien am Institut, ein schwächlicher Mann, der jedoch zu heftigen Zornesausbrüchen neigte. »Windy« Weldon wurde in Karikaturen, die im Institut umliefen, stets mit einem in die Luft gehaltenen nassen Finger dargestellt: er war Meister darin festzustellen, aus welcher Richtung der Wind wehte. In den vergangenen Tagen war er Peter Elliot und der Projektgruppe Amy geflissentlich aus dem Weg gegangen.

Elliot ging in sein Arbeitszimmer.

»Na, Peter, mein Junge«, sagte Weldon herzlich und streckte Elliot die Hand entgegen. »Sie sind ja früh dran heute.« Elliot war sofort auf der Hut. »Ich wollte vor den Völkerscharen hier sein«, sagte er. Die Demonstranten kamen nie vor zehn, und manchmal später, je nachdem, für wann die Fernsehleute sie bestellt hatten. So wurde heutzutage nun einmal protestiert: auf Bestellung. »Sie kommen nicht mehr«, sagte Weldon lächelnd.

Er gab Elliot die letzte Lokalausgabe des Chronicle, auf dessen Titelseite ein Text mit schwarzem Filzstift umrahmt war. Eleanor Vries war als Bezirksleiterin der Vereinigung zum Schutz der Primaten zurückgetreten. Als Grund gab sie Überlastung und wichtige private Angelegenheiten an. In einer Erklärung der .Vereinigung, die von der Zentrale in New York abgegeben worden war, hieß es, man habe »Art und Gegenstand von Dr. Elliots Forschung bedauerlicherweise falsch eingeschätzt«.

»Was hat das zu bedeuten?«