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Travis schüttelte den Kopf. »Kommt gar nicht in Frage.« »Und das hier?« wollte sie wissen. Sie zeigte auf den Bildschirm. »Das Bild kaufe ich Ihnen nicht ab«, sagte Travis. »Gorillas machen so etwas nicht. Nein, das muß ein Türke sein.« Er sah auf seine Uhr. »Im Augenblick ist meine einzige Überlegung, wie schnell wir wieder ein Team in den Kongo schicken können.«

4. Die neue Expedition

Travis hatte im Grunde seines Herzens nie daran gezweifelt, daß es weitergehen würde. Von dem Augenblick an, als er die Videobänder aus dem Kongo sah, lautete die Frage nur noch, wie es am besten weiterging. Er holte alle Abteilungsleiter zusammen: Finanzen, diplomatische Beziehungen, Fernüberwachung,Geologie, Logistik, Rechtsberatung. Alle gähnten und rieben sich die Augen. Travis eröffnete die Zusammenkunft mit den Worten: »Ich will, daß wir in sechsundneunzig Stunden wieder im Kongo sind.«

Dann lehnte er sich in seinen Sessel zurück und ließ sich auseinandersetzen, warum das nicht möglich sei. Gründe gab es mehr als genug.

»Wir können die Luftfrachteinheiten frühestens in hundertsechzig Stunden zusammenstellen«, sagte Cameron, der Mann für Logistik.

»Und wenn wir das Himalaya-Team verschieben und dessen Ausrüstung nehmen?« fragte Travis. »Das ist eine Hochgebirgsexpedition!«

»Man kann die wenigen abweichenden Ausrüstungsteile in neun Stunden auswechseln«, sagte Travis.

»Aber wir haben nichts, um sie rauszufliegen«, sagte Levis, der Transportfachmann.

»Die Korean Airlines haben im Moment noch einen Fracht-Jumbo in San Francisco, der zur Verfügung stünde. Sie haben mir gesagt, er kann in neun Stunden hier sein.«

»Sie haben eine Maschine da einfach so rumstehen?« »Ich nehme an«, sagte Travis, »daß ein anderer Kunde im letzten Augenblick seine Charter storniert hat.«

Irwin, der Mann für Finanzen, stöhnte: »Und was soll das alles kosten?«

»Wir bekommen unmöglich rechtzeitig die nötigen Visa für Zaire«, sagte Martin, der für diplomatische Beziehungen zuständige Mann. »Außerdem ist es sehr fraglich, ob die Botschaft Zaires in Washington uns Visa erteilen würde. Wie Sie wissen, wurden uns die ersten Kongo-Visa auf Grund der Mutungsrechte erteilt, die uns die Regierung des Landes Zaire gewährt hat - und die sind keineswegs exklusiv. Sie haben nicht nur uns reingelassen, sondern auch die Japaner, die Deutschen und die Holländer mit ihrem Abbaukonsortium. Wenn man in Zaire argwöhnt, daß unsere Expedition Schwierigkeiten hat, wird man uns kurzerhand ausschalten - dann können die Euro-Japaner ihr Glück probieren. Zur Stunde drücken sich dreißig Angehörige der japanischen Handelsmission in Kinshasa herum und werfen mit Yen nur so um sich.«

»Ich glaube, das stimmt«, sagte Travis. »Falls bekannt würde, daß unsere Expedition Schwierigkeiten hat.« »Das wissen die doch, sobald wir Visa beantragen.« »Dann beantragen wir eben keine. Alle Welt weiß«, sagte Travis, »daß wir noch eine Expedition im Virunga-Gebiet haben. Wenn wir schnell genug eine zweite kleine Gruppe hinbringen, merkt niemand, daß es nicht dieselben Leute sind.« »Und was ist mit den auf die Person ausgestellten Visa zur Grenzüberquerung, den Ausrüstungsverzeichnissen...« »Lauter Kleinkram«, sagte Travis. »Dafür gibt's Schnaps.« Zur Bestechung wurden vielfach alkoholische Getränke verwandt. In vielen Teilen der Welt zogen Expeditionstrupps mit Kisten voll Whisky und mit den Dauerfavoriten - Transistorradios und Sofortbild-Kameras - durch die Gegend. »Kleinkram? Und wie wollen Sie über die Grenze kommen?« »Dafür brauchen wir einen guten Mann. Wie war's mit Munro?«

»Munro? Das kann gefährlich werden. Die Regierung von Zaire haßt Munro.«

»Er kennt eine Menge Tricks, und er kennt die Gegend.« Martin, der für diplomatische Beziehungen zuständig war, räusperte sich und sagte: »Ich glaube, ich sollte bei dieser Besprechung besser nicht anwesend sein. Ich habe den Einruck, Sie machen hier den Vorschlag, daß wir ein Team unter der Führung eines ehemaligen Kongo-Söldners illegal in das Gebiet eines souveränen Staates eindringen lassen... «

»Aber nein, ganz und gar nicht«, sagte Travis. »Ich sehe mich genötigt, eine Hilfsexpedition zur Unterstützung meiner bereits dort befindlichen Leute auszusenden. So etwas ist an der Tagesordnung. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, daß irgend jemand Schwierigkeiten hat. Es handelt sich einfach um einen der üblichen Hilfstrupps, nur bleibt leider nicht genug Zeit, die offiziellen Wege zu beschreiten. Möglicherweise weiß ich nicht, was ich tue, und stelle den falschen Mann ein, aber das ist doch kein Verbrechen.«

Um 23 Uhr 45 in der Nacht vom 13. zum 14. Juni waren die wichtigsten Schritte für die nächste ERTS-Expedition festgelegt und vom Computer bestätigt. Eine vollbeladene 747 konnte Houston am folgenden Tag, dem 14. Juni, um 20 Uhr verlassen; die Maschine konnte am 15. Juni in Afrika sein und dort Munro oder »jemanden seines Kalibers» aufnehmen, und das volle Team konnte am 17. Juni an Ort und Stelle im Kongo sein. In sechsundneunzig Stunden.

Aus dem Datenzentrum konnte Karen Ross durch die gläsernen Trennwände in Travis' Büro sehen und den Verlauf der Besprechung verfolgen. Mit der ihr eigenen logischen Denkweise kam sie zu dem Ergebnis, daß Travis überstürzt gehandelt, das heißt aus einer unzureichenden Datenmenge falsche Schlüsse gezogen und zu früh »alles klar« gesagt hatte. Karen Ross war der Meinung, es sei erst dann sinnvoll, wieder in den Kongo zu gehen, wenn man wußte, was dort eigentlich vorgefallen war. Sie blieb an ihrer Konsole und prüfte das von ihr »geborgene« Bild.

Sie glaubte an seine Echtheit und Richtigkeit -wie aber konnte sie Travis davon überzeugen?

In der übertechnisierten Datenverarbeitungswelt der ERTS bestand immer Gefahr, daß gewonnene Informationen anfingen »abzudriften« - daß die Bilder sich von der Wirklichkeit ablösten, wie ein Schiff sich aus seiner Vertäuung lösen kann. Das passierte besonders oft dann, wenn die Daten mehreren Bearbeitungsverfahren unterworfen wurden, wenn man also zum Beispiel die.106 Pixels oder Bildelemente in einem vom Computer erzeugten Hyperraum herumwirbelte.

Daher entwickelte die ERTS andere Möglichkeiten, um die Richtigkeit von Bildern zu überprüfen, die sie aus dem Computer erhielt. Karen Ross kontrollierte das Gorilla-Bild mit Hilfe zweier solcher Prüfprogramme. Das erste arbeitete mit der »Voraussage des folgenden Bildes«.

Man kann Videobänder wie einen Kinofilm behandeln - eine Aufeinanderfolge von Standbildern. Sie führte dem Computer nacheinander mehrere solcher »Standbilder« vor und forderte ihn dann auf, das nächste Bild vorauszusagen. Das vorausgesagte Bild wurde dann mit dem tatsächlich folgenden verglichen.

Sie führte diesen Schritt achtmal hintereinander durch, und das Ergebnis war jedesmal stichhaltig. Falls bei der Datenverarbeitung ein Fehler gemacht worden war, handelte es sich zumindest um einen konsequent durchgehaltenen Fehler. Von diesem Erfolg ermutigt, machte sie als nächstes eine »schnelle 3-D-Probe«. Dabei wurde das zweidimensionale Videobild so behandelt, als habe es gewisse auf Grauwertmustern beruhende dreidimensionale Eigenschaften. Im wesentlichen entschied der Computer dabei, ob der Schatten, den eine Nase oder ein Gebirgsmassiv warf, bedeutete, daß diese Nase oder das Gebirgsmassiv über die umgebende Fläche hinausragte. Unter dieser Voraussetzung konnten aufeinanderfolgende Bilder geprüft werden. An Hand der Bewegungen des Gorillas wies der Computer nach, daß das zweidimensional aufgezeichnete Bild in der Tat dreidimensional und zusammenhängend war.