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„Wir alle haben unsere Wünsche, Mr. Kitz“, sprach Ellie zu ihrer eigenen Überraschung honigsüß weiter und ignorierte Der Heers hochgezogene Augenbrauen einfach. Kitz’ Art hatte etwas Aufreizendes, fast Provokatives. Wahrscheinlich hatte er denselben Eindruck von ihr. „Ich zum Beispiel habe den Wunsch, zu verstehen, was das Signal bedeutet, was auf der Wega vor sich geht und was wir auf der Erde davon halten sollen. Möglicherweise können die Wissenschaftler der anderen Nationen uns entscheidend dabei helfen. Vielleicht brauchen wir ihre Daten. Vielleicht brauchen wir ihren Verstand. Ich könnte mir vorstellen, daß dieses Problem über die Kräfte eines einzelnen Landes geht.“

Der Heer wirkte jetzt fast erschrocken. „Aber Frau Dr. Arroway, der Vorschlag von Minister Kitz ist doch nicht so unsinnig. Die anderen Nationen können wir ja immer noch einbeziehen. Er bittet doch nur darum, daß wir zuerst mit ihm darüber sprechen. Und das auch nur, wenn es zu einer Botschaft kommen sollte.“

Seine Stimme klang beruhigend und hatte kein falsches Pathos. Ellie sah ihn nochmals scharf an. Der Heer war kein besonders gutaussehender Mann, aber er hatte ein freundliches und intelligentes Gesicht. Er trug einen blauen Anzug und ein Baumwollhemd in bunten Farben. Sein ernstes und beherrschtes Auftreten wurde durch sein warmes Lächeln gemildert. Warum unterstützte er diesen Burschen vom Ministerium? Gehörte es zu seinem Job? Oder war es tatsächlich sinnvoll, was Kitz sagte?

„Man könnte es ja wenigstens in seine Überlegungen einbeziehen“, sagte Kitz mit einem Seufzer und stand auf. „Der Verteidigungsminister würde Ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit begrüßen.“ Er bemühte sich um ein gewinnendes Lächeln. „Einverstanden?“

„Ich muß erst darüber nachdenken“, antwortete Ellie und nahm die dargebotene Hand, als ob sie ein toter Fisch wäre. „Ich komme gleich nach, Mike“, sagte Der Heer munter. Kitz war fast schon zur Tür draußen, als ihm noch etwas einfiel. Er zog ein Dokument aus der Brusttasche, kam zurück und legte es behutsam auf ihren Schreibtisch. „Oh, fast hätte ich es vergessen“, sagte er. „Das ist eine Kopie der Hadden Decision. Die kennen Sie wahrscheinlich. Es geht um das Recht der Regierung, Material, das für die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Bedeutung ist, mit einer Geheimhaltungsstufe zu versehen. Auch wenn es von einem nicht zur Geheimhaltung verpflichteten Observatorium kommt.“

„Sie wollen die Primzahlen mit einer Geheimhaltungsstufe versehen?“ fragte Ellie, die Augen vor ungläubigem Spott weit aufgerissen. „Wir sehen uns draußen, Ken.“ Als Kitz das Büro verlassen hatte, konnte Ellie sich nicht mehr zurückhalten. „Hinter was ist der her? Hinter Todesstrahlen von der Wega? Oder hinter Weltzerstörern? Worum geht es hier eigentlich wirklich?“

„Er ist nur vorsichtig, Ellie. Aber ich kann verstehen, wenn Sie glauben, daß noch mehr dahintersteckt. Okay, ich will versuchen, Ihnen eine Erklärung zu geben. Also, angenommen, es gibt tatsächlich eine Botschaft — Sie wissen, was ich meine, eine Botschaft mit einem verständlichen Inhalt — und diese Botschaft ist gegen, sagen wir mal, die Moslems oder Methodisten gerichtet. Sollten wir in einem solchen Fall nicht vorsichtig mit einer öffentlichen Bekanntgabe sein, damit sich die Vereinigten Staaten kein blaues Auge holen?“

„Ken, nehmen Sie mich bloß nicht auf den Arm. Dieser Mann ist ein Stellvertreter des Verteidigungsministers. Wenn die sich wegen der Moslems oder Methodisten Sorgen machen würden, dann hätten sie mir einen Stellvertreter des Außenministers geschickt. Oder so einen religiösen Fanatiker, der bei den Gebetsfrühstücken im Weißen Haus den Vorsitz führt. Sie sind doch Wissenschaftsberater der Präsidentin. Was haben Sie ihr geraten?“

„Gar nichts habe ich ihr geraten. Seit ich hier bin, habe ich erst einmal kurz am Telephon mit ihr gesprochen. Und ich will offen zu Ihnen sein: Bezüglich einer Geheimhaltungsstufe hat sie mir keine Anweisungen gegeben. Meiner Meinung nach hatte Kitz für das, was er sagte, keine Rückendeckung. Ich glaube, daß er eigenmächtig handelt.“

„Was ist er eigentlich von Beruf?“

„Soviel ich weiß, Rechtsanwalt. Er war Topmanager in der Elektroindustrie, bevor er zur Regierung stieß. Über C3 I weiß er wirklich Bescheid, aber damit weiß er noch lange nicht alles.“

„Ken, ich vertraue Ihnen. Ich glaube nicht, daß Sie die Hadden Decision als Drohung gegen mich ausspielen“, sagte Ellie mit einem Blick auf das Dokument auf ihrem Schreibtisch. Sie hielt inne und sah ihm in die Augen. „Wissen Sie, daß Drumlin noch eine andere Botschaft in der Polarisation vermutet?“

„Wie, das verstehe ich nicht.“

„Vor wenigen Stunden hat Dave eine erste statistische Untersuchung der Polarisation abgeschlossen. Dabei ist ein hübscher Film herausgekommen.“

Der Heer schaute sie verständnislos an. Ellie war überrascht. Arbeiteten Biologen in ihren Mikroskopen denn nicht mit polarisiertem Licht?

„Wenn eine Lichtwelle auf Sie trifft — sichtbares Licht, Radiolicht, jede Art Licht —, dann schwingt sie im rechten Winkel zu Ihrer Blickrichtung. Wenn sich diese Schwingung dreht, dann spricht man von einer elliptisch polarisierten Welle. Wenn sie sich im Uhrzeigersinn dreht, bezeichnet man sie als rechtsdrehend; gegen den Uhrzeigersinn ist sie linksdrehend. Wenn man nun zwischen diesen zwei Arten der Polarisation wechselt, kann man Informationen übermitteln. Eine Polarisation nach rechts bedeutet eine Null, und eine Linkspolarisation eine Eins. Können Sie folgen? So etwas ist durchaus möglich. Wir arbeiten mit Amplitudenmodulation und Frequenzmodulation, aber unsere Zivilisation macht in stillschweigender Übereinkunft normalerweise keine Polarisationsmodulation.

Das Wega-Signal sieht aber so aus, als ob es auf einer Polarisationsmodulation basiere. Wir sind gerade dabei, das zu überprüfen. Dave hat außerdem festgestellt, daß die beiden Polarisationsarten nicht gleich oft vorkommen. Die Wellen sind häufiger rechts- als linkspolarisiert. Vielleicht steckt noch eine andere Botschaft in der Polarisation, die uns bisher entgangen ist. Deshalb traue ich Ihrem Freund auch nicht. Kitz gibt mir doch nicht ohne Anlaß einen gutgemeinten Rat. Vielleicht ahnt er, daß wir noch mehr entdecken könnten.“

„Ellie, machen Sie sich nicht so viele Gedanken. Sie haben in den letzten vier Tagen kaum ein Auge zugetan. Sie mußten sich mit der Wissenschaft, der Verwaltung und der Presse auf einmal herumschlagen. Sie haben bereits eine der größten Entdeckungen unseres Jahrhunderts gemacht, und wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie vielleicht einer noch bedeutenderen auf der Spur. Ich verstehe vollkommen, daß Sie so gereizt reagiert haben. Und die Drohung, das Projekt in militärische Überlegungen einzubeziehen, war ungeschickt von Kitz. Ich kann Ihr Mißtrauen gegen ihn voll und ganz verstehen. Aber so abwegig ist es nicht, was er sagt.“

„Wie genau kennen Sie ihn?“

„Ich habe ihn auf einigen Konferenzen erlebt. Von wirklich kennen kann nicht die Rede sein. Ellie, was halten Sie von folgendem Vorschlag: Falls tatsächlich eine richtige Botschaft hereinkommt, soll nicht jeder gleich davon wissen.“

„Gut. Helfen Sie mir, einige der Blindgänger aus Washington auf Abstand zu halten.“

„Okay. Übrigens, wenn Sie dieses Dokument auf Ihrem Schreibtisch liegenlassen, wird jemand, der hier hereinkommt, die falschen Schlüsse ziehen. Wollen Sie es nicht forträumen?“

„Sie werden mir also helfen?“

„Solange die Situation so bleibt wie jetzt, werde ich zu Ihnen stehen. Wir werden nicht mehr gut arbeiten können, wenn die Sache mit einer Geheimhaltungsstufe versehen wird.“ Mit einem Lächeln ließ Ellie sich vor ihrem kleinen Bürosafe auf die Knie und tippte die sechsstellige Zahlenkombination ein: 314159. Sie warf einen letzten Blick auf das Dokument, auf dem in großen schwarzen Buchstaben THE UNITED STATES VS. HADDEN CYBERNETICS stand. Dann schloß sie es weg.