„Frau Präsidentin, dürfte ich — “ Der Heer unterbrach sie zögernd und mit offensichtlichem Unbehagen. „Ich bitte Sie um Verzeihung, aber es gibt einige Probleme von internationaler Reichweite, die meiner Ansicht nach jetzt gleich noch auf den Tisch gebracht werden sollten.“
Die Präsidentin seufzte kurz, willigte aber ein. Der Heer fuhr fort: „Sie korrigieren mich bitte, wenn ich etwas Falsches sage, Frau Dr. Arroway. Gut. Die Wega geht jeden Tag über der Wüste von New Mexico auf, und dann bekommen wir einige Seiten unserer komplexen Übertragung gesendet. Worum genau es sich handelt, wissen wir noch nicht. Nach etwa acht Stunden geht die Wega unter. Ist das soweit richtig? Okay. Am nächsten Tag geht sie im Osten wieder auf, aber ein paar Seiten sind uns in der Zwischenzeit entgangen. Richtig? Dann bekommen wir also sozusagen nur die Seiten dreißig bis fünfzig und dann die Seiten achtzig bis hundert, und so weiter. So sehr wir uns auch anstrengen, immer entgeht uns eine große Menge an Information. Lücken. Selbst wenn die Botschaft wiederholt werden sollte, werden wir Lücken haben.“
„Das ist vollkommen richtig.“ Ellie stand auf und ging zu der großen Weltkugel an der Stirnseite des Saales. Im Weißen Haus schien noch nicht bekannt zu sein, daß die Erdachse geneigt war. Die Achse des Globus stand keck senkrecht. Zögernd gab Ellie dem Globus einen Schubs und sagte: „Die Erde dreht sich. Wenn man Lücken vermeiden will, braucht man Radioteleskope, die gleichmäßig über lange Strecken verteilt sind. Jede Nation, die nur von ihrem eigenen Territorium aus beobachtet, kann einen Teil der Botschaft empfangen und muß dann wieder aussetzen — und das vielleicht gerade dann, wenn es besonders interessant wird. Vor dem gleichen Problem stehen wir auch mit einer interplanetarischen Weltraumsonde. Wenn sie an einem Planeten vorbeikommt, sendet sie ihre Beobachtungen an die Erde zurück, aber vielleicht befinden sich die Vereinigten Staaten gerade zu diesem Zeitpunkt auf der anderen Seite. Deshalb hat die NASA für die Einrichtung von drei Radiobeobachtungsstationen gesorgt, die in etwa gleichen Abständen auf dem Erdball verteilt sind. Sie haben in den letzten Jahrzehnten auch prima funktioniert. Aber.“ Ihre Stimme verlor sich, und sie sah P. L. Garrison, den Leiter der NASA, hilfesuchend an. Er war ein dünner, blasser Mann mit freundlichen Augen. Jetzt zwinkerte er ihr zu.
„Ach ja, vielen Dank. Deep Space Network heißt es, und es ist unser ganzer Stolz. Wir haben Stationen in der Mojave- Wüste, in Spanien und in Australien. Natürlich reichen unsere finanziellen Mittel nicht, aber mit ein wenig Unterstützung könnten wir die Anlage weiter ausbauen.“
„In Spanien und Australien?“ fragte die Präsidentin. „Wenn es nur wissenschaftlichen Zwecken dient“, meinte der Außenminister, „gibt es sicher keine Probleme. Aber wenn bei diesem Forschungsprogramm noch Politik mitspielt, könnte es schwierig werden.“
Die Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern und den Vereinigten Staaten waren in letzter Zeit etwas abgekühlt. „Natürlich hat die Sache eine politische Komponente“, entgegnete die Präsidentin mit scharfer Stimme. „Aber wir sind doch gar nicht an die Erdoberfläche gebunden“, warf ein General der Air Force ein. „Wir können uns doch von der Erdrotation abkoppeln. Dazu brauchen wir nur ein großes Radioteleskop in der Erdumlaufbahn.“
„Gut“, sagte die Präsidentin und blickte in die Runde. „Haben wir ein Weltraumradioteleskop? Und wie lange würde es dauern, es startbereit zu machen? Wer weiß da Bescheid? Sie, Dr. Garrison?“
„Leider nein, Frau Präsidentin. Die NASA hat in den vergangenen drei Haushaltsjahren jedesmal ein solches Teleskop für das Maxwell-Observatorium beantragt, aber das OMB hat es jedes Mal abgelehnt. Wir haben natürlich detaillierte Konstruktionspläne, aber es würde mindestens drei Jahre dauern, bevor es startbereit wäre. Ich möchte auch nochmals daran erinnern, daß die Russen bis letzten Herbst ein funktionierendes Teleskop für den Millimeter- und Submillimeterwellenbereich in der Erdumlaufbahn hatten. Wir wissen nicht, warum es kaputtging. Aber es ist immer noch einfacher für sie, ein paar Kosmonauten zur Reparatur hinaufzuschicken, als für uns, von Grund auf ein neues zu bauen und zu starten.“
„Damit müssen wir uns also abfinden“, sagte die Präsidentin. „Die NASA hat ein einfaches Teleskop im Weltraum, aber kein großes Radioteleskop. Hat keiner eine andere Idee?
Was ist mit den Leuten von der Abwehr? Der Nationalen Sicherheitsbehörde? Niemand? Nichts?“
„Ich möchte noch einmal auf unsere grundsätzlichen Probleme zurückkommen“, sagte Der Heer. „Wir haben ein starkes Signal, das auf vielen Frequenzen zu hören ist. Wenn die Wega in den Vereinigten Staaten untergeht, gibt es Radioteleskope in einem halben Dutzend anderer Länder, die das Signal empfangen können. Sie haben technisch vielleicht nicht das hohe Niveau von Argus und sind vielleicht noch nicht auf die Polarisationsmodulation gekommen. Aber wenn wir warten, bis wir ein Weltraumradioteleskop gebaut haben, verpassen wir die Botschaft vielleicht für immer. Das heißt, daß die einzige Lösung die sofortige Zusammenarbeit mit anderen Nationen ist. Oder sehen Sie das anders, Frau Dr. Arroway?“
„Ich glaube nicht, daß eine einzelne Nation in der Lage ist, mit diesem Projekt allein fertigzuwerden. Wir brauchen verschiedene Länder, die über die ganze Beobachtungsstrecke rund um die Erde verteilt sind. Wir müssen auf der Stelle alle großen radioastronomischen Stationen verständigen — die großen Radioteleskope in Australien, China, Indien, der Sowjetunion, im Nahen Osten und in Westeuropa. Es wäre unverantwortlich, Lücken zu riskieren und in Kauf zu nehmen, daß ein besonders kritischer Teil der Botschaft gerade dann gesendet wird, wenn kein Teleskop hinschaut. Und wir brauchen eine Station im östlichen Pazifik zwischen Hawaii und Australien und vielleicht auch im mittleren Atlantik.“
„Wenn ich dazu etwas sagen darf“, warf der Direktor des CIA trocken ein. „Die Sowjets haben mehrere Schiffe mit Radioteleskopen an Bord, die das S- und das X-Band abhören, die Akademik Keldysch beispielsweise oder die Marschall Nedelin. Wir könnten mit ihnen Vereinbarungen treffen, daß sie ihre Schiffe im Atlantik und Pazifik stationieren und damit unsere Lücken überbrücken.“ Ellie wollte antworten, aber die Präsidentin kam ihr zuvor. „Das ist alles schön und gut, Ken. Und vielleicht haben Sie ja recht. Aber ich kann nur wiederholen, was ich schon einmal gesagt habe. Das geht alles so verdammt schnell. Es gibt noch andere Dinge, um die ich mich kümmern muß. Deshalb möchte ich den Direktor des CIA und die Leute von der Sicherheitsbehörde bitten, bis morgen zu überprüfen, ob es noch andere Alternativen gibt außer der Zusammenarbeit mit anderen Ländern — besonders Ländern, die nicht unsere Verbündeten sind. Den Außenminister möchte ich bitten, in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern eine Liste der Länder und Personen zu erstellen, an die man herantreten könnte, wenn wir kooperieren müssen — mit einer Einschätzung der Konsequenzen. Ob es unsere Beziehungen zu diesen Ländern belasten könnte, wenn wir sie nicht um ihre Mitarbeit bitten. Oder ob uns jemand damit erpressen könnte, daß er Daten für sich behält, die er uns versprochen hat. Vielleicht sollten wir versuchen, mehr als ein Land pro Abschnitt zur Mitarbeit zu gewinnen. Spielen Sie alle Möglichkeiten durch, und machen Sie sich über die Folgen Gedanken. Und verlieren Sie um Gottes willen kein Wort darüber.“ Noch einmal sah die Präsidentin jedem einzelnen in die Augen. „Auch Sie nicht, Frau Arroway. Wir haben schon genug Probleme.“
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Das Äthanol in W 3
Bleibt nur übrig, es für völlig unglaubhaft zu erklären. daß nämlich die Dämonen als Zwischenträger und Dolmetscher zwischen Göttern und Menschen eine Mittelstellung einnehmen und von hier unsere Bitten zu den Göttern emportragen, von da ihre Hilfe zurückbringen sollen. Man muß vielmehr annehmen, daß es Geister sind voll Schadenfreude, gänzlich bar aller Gerechtigkeit, geschwollen von Hochmut, blaß vor Neid, listig zu betrügen.