Spates glotzte. Das konnte doch ihm nicht passieren.
»Haben Sie das verstanden?«
»Wa…?«
»Er ist betrunken, Cooper«, sagte ein anderer Mann. »Lass es gut sein, müssen wir ihm Miranda eben später noch mal aufsagen.«
»Sie haben recht.« Johnson packte Spates am Oberarm. »Gehen wir, Kumpel.«
Ein weiterer Agent nahm seinen anderen Arm, und sie stupsten ihn an, führten ihn langsam zur Tür.
»Warten Sie!«, rief Spates. »Sie machen einen Fehler!«
Sie drängten ihn weiter. Niemand achtete auch nur im Geringsten auf ihn.
»Sie können doch nicht mich meinen! Sie haben den falschen Mann!«
Ein Agent öffnete die Tür, und sie betraten die dunkle Silver Cathedral.
»Crawley müssen Sie verhaften, Booker Crawley von Crawley and Stratham! Er war’s! Ich habe nur seine Anweisungen befolgt – ich bin nicht dafür verantwortlich! Ich hatte ja keine Ahnung, dass so etwas passieren würde! Das ist allein seine Schuld!« Seine hysterische Stimme erzeugte verrückte Echos in dem riesigen Saal.
Sie führten ihn den Seitengang entlang, vorbei an den dunklen Bildschirmen für die Publikumsanweisungen, vorbei an den dick gepolsterten Samtsitzen, die dreihundert Dollar pro Stück gekostet hatten, vorbei an den Säulen, mit echtem Blattsilber belegt, durch das hallende Foyer in italienischem Marmor und zum Haupteingang hinaus.
Er wurde von einer wogenden Masse Presseleute empfangen, von tausend Blitzlichtern geblendet und mit Fragen bombardiert. Mikrophone an langen Tonangeln fuhren aus allen Richtungen auf ihn herab.
Er senkte den Kopf und versuchte, sein Gesicht zu verbergen.
Ein FBI-Minivan wartete mit laufendem Motor am Ende eines langen, mühsam frei gehaltenen Pfades.
»Reverend Spates! Reverend Spates! Stimmt es, dass …?«
»Reverend Spates!«
»Nein!«, schrie Spates und bäumte sich gegen seine Bewacher auf. »Nicht da rein! Ich bin unschuldig! Crawley müssen Sie verhaften! Wenn Sie mich zurück in mein Büro lassen … Ich habe die Adresse in meinem …«
Zwei Agenten öffneten die hinteren Türen. Er wehrte sich.
Inzwischen blitzte es etwa hundertmal pro Sekunde. Die Linsen, die auf ihn gerichtet waren, glommen wie tausend Fischaugen.
»Nein!«
Er stemmte sich gegen die Einstiegsschwelle und bekam einen groben Stoß in den Rücken. Er stolperte, drehte sich um und bettelte: »Hören Sie mir doch zu, bitte!« Er brach in lautes, schleimiges Schluchzen aus. »Crawley ist an allem schuld!«
»Mr. Spates?«, sagte der Agent, der den Einsatz leitete; er lehnte sich durch die offene Tür. »Seien Sie still. Sie werden später reichlich Zeit haben, Ihre Geschichte zu erzählen. Klar?«
Zwei Agenten stiegen mit ihm ein, einer links, einer rechts, stießen ihn auf einen Sitz, schlossen seine Handschellen an einen Metallpfosten und schnallten ihn an.
Die Tür wurde zugeschlagen und schirmte ihn von dem Tumult draußen ab. Spates schluchzte erstickt und schnappte schniefend nach Luft. »Sie machen einen schrecklichen Fehler!«, heulte er, als sich der Van in Bewegung setzte. »Sie wollen nicht mich, Sie wollen Crawley!«
77
Ford starrte in den Lauf des Revolvers, und das schimmernde stählerne Auge starrte zurück. Ungebeten kamen ihm die Worte der Beichte über die Lippen. Er bekreuzigte sich und flüsterte: »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes …«
»Gelobt sei der Herr!«, donnerte eine Stimme durch die erwartungsvolle Stille.
Alle drehten sich um.
Ein Navajo erschien zu Fuß aus der Dunkelheit, in einem Wildlederhemd und mit einem Stirnband um den Kopf. Er führte einige aneinandergebundene Pferde hinter sich her und trug eine Pistole in der Hand, die er über dem Kopf schwenkte. »Gelobt sei Gott, der Herr!« Er blieb nicht stehen, sondern drängte sich einfach durch die Menge, die sich teilte, um ihn durchzulassen.
Ford erkannte den Indianer – Willy Becenti.
Eddy hielt weiterhin die Waffe auf ihn gerichtet.
»Gelobt seien Gott und Jesus!«, rief Becenti wieder, führte die Pferde schnurstracks auf Eddy und Ford zu und zwang die knienden Gefangenen, aufzustehen und auszuweichen. »Gepriesen sei der liebe Gott! Amen, Bruder!«
»Gott sei gepriesen«, kamen die automatischen Antworten. »Gelobt sei Jesus Christus!«
»Mein Freund in Jesus Christus!«, sagte Doke und stand ebenfalls auf. »Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
»Gelobt sei Jesus Christus!«, rief Willy wieder. »Wir sind Brüder im Geiste! Will mich euch anschließen!«
Die Pferde waren nervös, sie tänzelten und rollten mit den Augen, und die Leute wichen ängstlich vor ihnen zurück. Hinter den Pferden ragte nun eine weitere Gestalt vor dem dunkelroten Feuerschein auf; diese saß zu Pferde und trieb die Tiere von hinten an. Ford erkannte Nelson Begay, den Medizinmann.
Becenti ließ die nervösen Pferde direkt vor der Gruppe Wissenschaftler anhalten; die Tiere drängten sich gegeneinander und warfen mit rollenden Augen die Köpfe hoch, als würden sie jeden Moment durchgehen.
Die Menge wich nervös noch weiter zurück. »Was wollen Sie denn mit diesen Pferden hier?«, rief Eddy ärgerlich und trat ebenfalls zurück.
»Wir wollen uns euch anschließen!« Becenti starrte ihn an, als sei er schwer von Begriff, und ließ scheinbar versehentlich den Führstrick fallen. Das vorderste Pferd wollte sofort zurückweichen, und Willy trat schwer mit einem Fuß auf den Strick, um es aufzuhalten. »Hoo, du Mistvieh!«, kreischte Becenti. Er bückte sich nach dem Strick. In dieser raschen Bewegung, weit vorgebeugt, flüsterte er dem Grüppchen Wissenschaftler kaum hörbar zu: »Auf mein Kommando steigt ihr auf, und dann nichts wie weg.«
Doke trat in die Lücke, die sich vor Eddy und Ford gebildet hatte. »Also schön, Kumpel, du sagst mir jetzt, wer du bist und was du gerade zu den Gefangenen gesagt hast.«
»Du hast mich doch gehört, Mann«, jammerte Becenti mit schriller, weinerlicher Stimme. »Ich bin ein Freund in Jesus Christus! Dachte, ihr könntet ein paar Pferde gebrauchen.«
»Du unterbrichst eine sehr wichtige Angelegenheit, du Idiot. Schaff die Gäule hier weg.«
»Klar, Mann, tut mir leid, wollt euch ja nur helfen.« Becenti drehte sich um. »Ruhig, ihr Pferde!«, brüllte er und wedelte wild mit den Armen. »Beruhigt euch! He! Ganz ruhig!«
Sein Gebrüll schien die Tiere nur noch mehr aufzuregen. Becenti packte die beiden ersten am Halfter und drehte sie um, als wollte er sie wegführen, schien aber nun mit den Tieren nicht mehr zurechtzukommen. Als sie sich gegen ihn stemmten und er daraufhin ein zusammengerolltes Lasso durch die Luft schwenkte, wichen sie plötzlich scharf zur Seite aus, so dass Doke und Eddy hastig zurückweichen mussten – nun drängten sich die Pferde vor die Gefangenen.
»Schaff die Pferde aus dem Weg!«, kreischte Doke und versuchte, sie selbst wegzuschubsen.
»Gelobt seien Jesus und alle Heiligen!« Becenti schüttelte wieder die Pistole über seinem Kopf und schrie: »Jetzt!«
Ford packte Kate und schwang sie auf einen Rotschimmel, während Becenti Chen über ein geflecktes Indianerpony warf, dann auf einen Falben sprang und Cecchini hinter sich hochzog. Innes sprang allein auf einen Fuchs, und keine zehn Sekunden später saßen alle auf Pferden, teilweise zu zweit.
Doke versuchte, sich einen Weg durch panische Menschen und Pferde zu bahnen, und kreischte: »Haltet sie auf!« Er griff nach seinem Gewehr und zerrte es aus dem Futteral, das er auf dem Rücken trug.