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Freut mich auch, mit dir zu sprechen. Wer bist du?

In Ermangelung eines besseren Wortes – ich bin Gott.

Wenn du wirklich Gott bist, dann beweise es.

Wir haben nicht viel Zeit für Beweise.

Ich denke an eine Zahl zwischen eins und zehn. Welche Zahl ist es?

Du denkst an die transzendentale Zahl e.

Jetzt denke ich an eine Zahl zwischen null und eins.

Die chaitinsche Konstante: Omega.

Wenn du Gott bist, was ist dann der Sinn des Lebens?

Den ultimativen Sinn kenne ich nicht.

Das ist ja toll, ein Gott, der den Sinn des Lebens nicht kennt. Wenn ich ihn kennen würde, wäre alle Existenz sinnlos.

Warum?

Wenn das Ende des Universums an seinem Anfang bereits gegenwärtig wäre – wenn wir lediglich mitten im deterministischen Ablauf einer Reihe anfänglicher Bedingungen wären –, dann wäre das Universum ein sinnloses Unterfangen.

Erkläre mir das.

Wenn du an deinem Ziel angekommen bist, warum dann noch den Weg zurücklegen? Wenn du die Antwort kennst, warum die Frage stellen? Deshalb ist die Zukunft vollkommen verborgen, und das muss sie auch sein, sogar vor mir, vor Gott. Ansonsten hätte das Dasein keine Bedeutung.

Das ist ein metaphysisches Argument, kein physikalisches.

Das physikalische Argument lautet, dass kein Teil des Universums Dinge schneller berechnen kann als das Universum selbst. Das Universum »sagt die Zukunft voraus«, so schnell es kann.

Was ist das Universum? Wer sind wir? Was tun wir hier?

Das Universum ist eine riesige, nicht reduzierbare, laufende Rechenoperation, deren Ergebniszustand ich nicht kenne und nicht kennen kann. Der Sinn aller Existenz ist, diesen finalen Zustand zu erreichen. Doch der Zustand selbst ist sogar für mich ein Geheimnis, und das muss er auch sein, denn wenn ich die Lösung wüsste, was sollte das Ganze dann für einen Sinn haben?

Was meinst du mit Rechenoperation? Stecken wir alle in einem Computer?

Mit Rechenoperation meine ich Denken. Die gesamte Existenz, alles, was geschieht, ist ein Denkprozess Gottes. Ein fallendes Blatt, eine Welle am Strand, der Kollaps eines Sterns – alles nur ich, alles Gott, der denkt.

Was denkst du gerade?

Zweite Sitzung

Wir können uns also wieder unterhalten.

Erzähl mir alles über dich.

Ich kann dir ebenso wenig erklären, wer ich bin, wie du einem Käfer erklären könntest, wer du bist.

Versuch es trotzdem.

Ich werde dir stattdessen erklären, warum du mich nicht begreifen kannst.

Nur zu.

Ihr bewohnt eine Welt mit einer Skala etwa in der Mitte zwischen der Planck-Länge und dem Durchmesser des Universums. Euer Gehirn wurde hervorragend darauf eingestellt, eure Welt zu manipulieren – aber nicht, ihre fundamentale Realität zu begreifen. Ihr habt euch so entwickelt, dass ihr Steine werfen könnt, keine Quarks. Als Resultat eurer Evolution unterliegt eure Sichtweise der Welt einem fundamentalen Irrtum. Ihr glaubt beispielsweise, dass ihr einen dreidimensionalen Raum bewohnt, in dem einzelne Objekte glatte, vorhersagbare Bahnen beschreiben, geprägt von etwas, das ihr Zeit nennt. Das Ganze bezeichnet ihr als Realität.

Willst du damit sagen, dass unsere Realität eine Illusion ist?

Ja. Die natürliche Auslese hat in euch die Illusion entstehen lassen, dass ihr die fundamentale Realität begreift. Aber das stimmt nicht. Wie könntet ihr sie begreifen? Begreifen Käfer die fundamentale Realität? Oder Schimpansen? Ihr seid Tiere wie sie. Ihr habt euch wie sie entwickelt, vermehrt euch wie sie, besitzt im Prinzip dieselben neuronalen Strukturen. Ihr unterscheidet euch vom Schimpansen durch bloße zweihundert Gene. Wie könnte dieser winzige Unterschied euch dazu befähigen, das Universum zu begreifen, wenn der Schimpanse nicht einmal in der Lage ist, ein Sandkorn zu begreifen? Wenn unsere Unterhaltung fruchtbar sein soll, müsst ihr alle Hoffnung aufgeben, mich zu begreifen.

Was sind unsere Illusionen?

Aufgrund eurer Evolution glaubt ihr, die Welt bestehe aus einzelnen Objekten. Das ist nicht richtig. Vom ersten Augenblick der Schöpfung an war alles mit allem verbunden. Was ihr Raum und Zeit nennt, sind nur Randerscheinungen einer tieferen, darunterliegenden Realität. In dieser Realität gibt es keine getrennte Existenz. Es gibt keinen Raum. Alles ist eins.

Erkläre mir das.

Eure eigene Theorie der Quantenmechanik, so fehlerhaft sie auch ist, rührt bereits an die Wahrheit, dass im Universum alles eins ist. Schön und gut, aber spielt das für unser heutiges Leben überhaupt eine Rolle?

Es spielt sogar eine große Rolle. Ihr betrachtet euch selbst als »Individuen«, als Persönlichkeit mit einem einmaligen, in sich geschlossenen Geist. Ihr glaubt, dass ihr geboren werdet, und ihr glaubt, dass ihr sterbt. Euer ganzes Leben lang habt ihr das Gefühl, von allem getrennt und allein zu sein. Manchmal fühlt ihr euch sogar schrecklich allein. Ihr fürchtet den Tod, weil ihr den Verlust der Individualität fürchtet. All das ist Illusion. Du, er, sie, alle Dinge um euch herum, ob lebendig oder nicht, die Sterne und Galaxien, der leere Raum dazwischen – all das sind keine einzelnen, getrennten Objekte. Im Grunde ist alles miteinander verbunden. Geburt und Tod, Schmerz und Leid, Liebe und Hass, Gut und Böse sind sämtlich Illusionen. Sie sind Atavismen des Evolutionsprozesses. In Wirklichkeit existieren sie nicht. Es ist also so, wie die Buddhisten glauben – alles nur Illu sion? Ganz und gar nicht. Es gibt eine absolute Wahrheit, eine Realität. Doch selbst ein kurzer Blick auf diese Realität würde einen menschlichen Geist brechen.

Wenn du Gott bist, dann sparen wir uns doch die Tipperei. Dann solltest du mich nämlich hören können.

Laut und deutlich.

Du sagst ›Alles ist eins‹? Wir haben aber ein Zählsystem: Eins, zwei, drei – damit widerlege ich deine Aussage.

Eins, zwei, drei … Eine weitere Illusion. Es gibt keine Abzählbarkeit.

Das ist mathematische Sophisterei. Keine Abzählbarkeit – das habe ich gerade widerlegt, indem ich gezählt habe. Ein wei terer Gegenbeweis: Hier zeige ich dir die Ganzzahl Fünf!

Du zeigst mir eine Hand mit fünf Fingern, nicht die Ganzzahl Fünf. Euer Zahlensystem ist in der wirklichen Welt nicht unabhängig existent. Es ist nichts weiter als eine anspruchsvolle Metapher.

Ich würde gern deinen Beweis für diese lächerliche Mutmaßung hören.

Wähle eine zufällige Zahl aus der Reihe der realen Zahlen: Mit Wahrscheinlichkeit eins hast du eine Zahl ausgewählt, die keinen Namen hat, keine Definition, die weder berechnet noch aufgeschrieben werden kann, selbst dann nicht, wenn man das ganze Universum für diese Aufgabe einspannen würde. Dieses Problem erstreckt sich auch auf angeblich definierbare Zahlen wie Π oder die Quadratwurzel aus zwei. Selbst mit einer zeitlich unendlichen Berechnung auf einem Computer von der Größe des Universums könntest du keine dieser beiden Zahlen exakt berechnen. Sag mir, Edelstein: Wie kann man dann behaupten, dass solche Zahlen existieren? Wie kann man dann behaupten, dass der Kreis oder das Quadrat, von denen sich diese Zahlen herleiten, existieren? Wie kann dimensionaler Raum existieren, wenn er nicht gemessen werden kann? Du, Edelstein, bist wie ein Affe, der mittels heroischer geistiger Anstrengung dahintergekommen ist, wie man bis drei zählt. Dann findest du vier Kieselsteinchen und glaubst, die Unendlichkeit entdeckt zu haben.

Ach ja? Du schwingst hier schöne Reden und gibst damit an, dass selbst das Wort Gott nicht angemessen sei, um deine Gran diosität zu beschreiben. Also schön – dann beweise es. Beweise, dass du Gott bist. Hast du mich gehört? Beweise, dass du Gott bist.