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»Ich führe Sie schnell herum und stelle Ihnen kurz die Kollegen vor. Beim Abendessen haben Sie dann Gelegenheit, uns besser kennenzulernen.«

Die Gruppe wartete ergeben.

»Das ist Tony Wardlaw, der hier für die Sicherheit zuständig ist. Er sorgt dafür, dass wir keine Scherereien bekommen.«

Ein Mann, so breit und massig wie ein Hackklotz, trat vor. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir.« Er trug das Haar kurzgeschoren wie ein Soldat, seine Haltung hatte etwas Militärisches, seine Miene wirkte humorlos – und sein Gesicht war grau vor Erschöpfung. Wie Ford erwartet hatte, wurde seine Hand beim Händedruck beinahe zerquetscht. Er quetschte kräftig zurück.

»Das ist George Innes, unser Psychologe. Er leitet eine wöchentliche Gesprächsrunde und hilft uns, nicht den Verstand zu verlieren. Ich weiß nicht, was ohne seine Unterstützung und seinen beruhigenden Einfluss aus uns geworden wäre.«

Ein paar Leute wechselten Blicke und verdrehten die Augen, was Ford deutlich machte, was die anderen von Innes’ Unterstützung hielten. Innes’ Händedruck war kühl und professionell, Druck und Länge genau richtig. Er sah aus wie ein Mann, der sich gern im Freien aufhielt, und trug eine säuberlich gebügelte, khakifarbene Hose und ein kariertes Hemd. Hielt sich fit, machte einen gepflegten Eindruck – die Sorte Mensch, die glaubte, alle anderen außer ihm hätten Probleme.

»Freut mich, Sie kennenzulernen, Wyman«, sagte er und spähte über den Rand seiner Perlmuttbrille hinweg. »Sie müssen sich ein bisschen vorkommen wie ein Neuer, der mitten im Schuljahr in die Klasse kommt.«

»Allerdings.«

»Ich bin für Sie da, wenn Sie einmal über etwas sprechen möchten.«

»Danke.«

Hazelius schob ihn weiter zu einem Wrack von einem jungen Mann, Anfang dreißig, dürr wie ein Rechen, mit langem, fettigem blonden Haar. »Das ist Peter Wolkonski, unser Software-Ingenieur. Peter kommt aus Jekaterinburg in Russland.«

Widerstrebend löste Wolkonski sich von der Konsole, an der er gelümmelt hatte. Der Blick seiner rastlosen, irren Augen huschte über Ford. Er streckte nicht die Hand aus, sondern nuschelte nur mit einem gedankenverlorenen Nicken: »Hallo.«

»Schön, Sie kennenzulernen, Peter.«

Wolkonski schlurfte zurück zu seiner Tastatur und tippte weiter. Seine dünnen Schulterblätter zeichneten sich unter dem zerschlissenen T-Shirt ab wie die eines mageren Kindes.

»Und das ist Ken Dolby, unser Chefingenieur, der Isabella entworfen hat. Eines Tages werden sie ihm im Smithsonian ein Denkmal errichten.«

Dolby kam herüber – rundlich, groß, freundlich, schwarz, neununddreißig Jahre alt, mit der lockeren Ausstrahlung eines kalifornischen Windsurfers. Ford war er auf der Stelle sympathisch – ein vernünftiger Kerl. Auch er wirkte überanstrengt und hatte rotgeränderte Augen. Er streckte die Hand aus. »Willkommen«, sagte er. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass wir gerade nicht besonders präsentabel aussehen. Einige von uns haben seit sechsunddreißig Stunden nicht mehr geschlafen.«

Sie gingen weiter. »Und das ist Alan Edelstein«, fuhr Hazelius fort, »unser Mathematiker.«

Ein Mann, den Ford kaum bemerkt hatte, weil er abseits von den anderen saß, blickte von dem Buch auf, das er gerade las – Joyce’ Finnegans Wake. Er hob nur den Zeigefinger zur Begrüßung und sah Ford mit durchdringendem Blick an. Der schelmische Ausdruck in seinen Augen verriet eine Art hochmütiger Belustigung über die Welt im Allgemeinen.

»Und, wie ist das Buch?«, fragte Ford.

»Fesselnd.«

»Alan macht nicht viele Worte«, sagte Hazelius. »Aber in der Sprache der Mathematik ist er sehr beredt. Ganz zu schweigen von seinen Fähigkeiten als Schlangenbeschwörer.«

Edelstein nahm das Kompliment mit einer leichten Neigung seines Kopfes zur Kenntnis.

»Schlangenbeschwörer?«

»Alan hat ein nicht unumstrittenes Hobby.«

»Er hält Schlangen als Haustiere«, erklärte Innes. »Offenbar hat er ein Händchen für sie.« Das sollte scherzhaft klingen, doch Ford meinte, einen schärferen Unterton herauszuhören.

Ohne erneut von seinem Buch aufzublicken, sagte Edelstein: »Schlangen sind interessant und nützlich. Sie fressen Ratten. Von denen wir hier ziemlich viele haben.« Er warf Innes einen vielsagenden Blick zu.

»Alan tut uns damit einen Gefallen«, sagte Hazelius. »Diese Lebendfallen, die Sie im Bunker und auch sonst überall auf dem Gelände sehen werden, halten uns die Nager – und damit auch das Hanta-Virus – vom Hals. Er verfüttert sie an seine Schlangen.«

»Wie fängt man eine Klapperschlange?«, fragte Ford.

»Sehr vorsichtig«, antwortete Innes an Edelsteins Stelle, wobei er mit angespanntem Lachen seine Brille auf der Nase hochschob.

Edelsteins dunkle Augen begegneten Fords Blick. »Wenn Sie eine sehen, sagen Sie mir Bescheid, dann zeige ich es Ihnen.«

»Ich kann es kaum erwarten.«

»Sehr schön«, sagte Hazelius hastig. »Jetzt möchte ich Ihnen Rae Chen vorstellen, unsere Computertechnikerin.«

Eine Frau asiatischer Abstammung, die so jung aussah, dass sie in Bars wohl öfter ihren Ausweis vorzeigen musste, sprang von ihrem Stuhl, streckte die Hand aus und kam auf ihn zu, wobei ihr hüftlanges schwarzes Haar hinter ihr herschwang. Sie war gekleidet wie eine typische Berkeley-Studentin, schmuddeliges T-Shirt mit Peace-Zeichen vorne drauf und Jeans mit Flicken, die von einer britischen Flagge stammten.

»Hi, freut mich, Sie kennenzulernen, Wyman.« Hinter ihren schwarzen Augen funkelte eine ungewöhnliche Intelligenz, und noch etwas, das Ford wie Argwohn vorkam. Aber vielleicht lag das nur daran, dass sie, wie die anderen, völlig erschöpft aussah.

»Ganz meinerseits.«

»Also dann, muss wieder an die Arbeit«, sagte sie mit aufgesetzter Fröhlichkeit und wies mit einem Nicken auf ihren Computer.

»Das war’s eigentlich schon«, sagte Hazelius. »Aber wo ist Kate? Ich dachte, sie wollte noch diese Berechnungen zur Hawking-Strahlung anstellen.«

»Sie hat früher Schluss gemacht«, sagte Innes. »Meinte, sie wollte schon mal mit dem Abendessen anfangen.«

Hazelius kehrte zurück in die Mitte des Raums und versetzte seinem zentralen Drehstuhl einen zärtlichen Klaps. »Wenn Isabella erst richtig läuft, werden wir uns den Augenblick der Schöpfung mit eigenen Augen ansehen können.« Er lachte leise. »Ich finde es so aufregend, in meinem Captain-Kirk-Sessel zu sitzen und zuzuschauen, wie wir in Gebiete vordringen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.«

Ford beobachtete, wie er sich in seinen Sessel setzte und lächelnd die Füße in die Luft schwang, und er dachte: Er ist der Einzige in diesem Raum, der nicht so aussieht, als wäre er krank vor Sorge.

6

Am Sonntagabend quetschte Reverend Don T. Spates seinen massigen Leib vorsichtig in den Make-up-Stuhl, um seine Hose und das von Hand genähte italienische Baumwollhemd ja nicht zu zerknittern. Sobald er saß, rutschte er seinen Hintern zurecht und schob ihn hin und her, dass der Ledersitz quietschte und knarrte. Behutsam lehnte er den Kopf zurück. Wanda stand neben seinem Stuhl und hielt den Friseur umhang bereit.

»Lassen Sie mich gut aussehen, Wanda«, sagte er und schloss die Augen. »Heute ist ein großer Sonntag. Ein richtig großer Sonntag.«

»Sie werden phantastisch aussehen, Reverend«, versprach Wanda, ließ den Umhang über ihn gleiten und befestigte ihn um seinen Hals. Dann machte sie sich an die Arbeit, begleitet vom beruhigenden Klappern ihrer Fläschchen, Kämme und Pinselchen; ihre besondere Aufmerksamkeit galt den Leberflecken des Reverend und den spinnenartigen Rötungen der Couperose auf den Wangen und der Nase. Sie war sehr gut in ihrem Beruf, und das wusste sie auch. Ganz gleich, was die anderen sagen mochten, sie fand den Reverend wunderbar und gutaussehend.

Ihre schlanken, weißen Hände gingen mit geübter Effizienz zu Werke, flott und präzise, doch die Ohren des Reverend waren immer eine besondere Herausforderung. Sie standen ein Stück zu weit vom Kopf ab und waren heller und stärker gerötet als die Haut drum herum. Manchmal, wenn er auf der Bühne hin und her ging, fingen die Scheinwerfer von hinten seine Ohren ein und ließen sie knallrosa leuchten. Um ihnen den richtigen Hautton zu verleihen, bedeckte sie sie mit einer schweren Grundierung, drei Schattierungen dunkler als sein Gesicht, und legte zuletzt Puder auf, der sie praktisch lichtundurchlässig machte.