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Als Pastor Eddy in dieser Nacht im Bett lag und so inbrünstig betete, wie er noch nie im Leben gebetet hatte, hörte er, dass der Wind auffrischte, wie so oft. Er stöhnte und rüttelte und schüttelte an dem alten Trailer, während der Sand an den Fenstern zischte. Bis zum Morgen, dachte Eddy, würde der Hof vom Wind sauber gefegt sein, eine glatte Fläche jungfräulichen Sandes, alle Spuren des Zwischenfalls getilgt.

Der Herr reinigt den Boden für mich, denn Er vergibt mir und tilgt die Sünde auch aus meiner Seele.

Eddy lag im Dunkeln, zitternd und triumphierend.

12

Am selben Abend folgte Booker Crawley dem Oberkellner in den schummrigen hinteren Teil des Steakhouse in McLean, Virginia. Er fand Reverend Don T. Spates bereits am Tisch vor, wo er die fünf Pfund schwere, in Leder gebundene Speisekarte studierte.

»Reverend Spates, wie schön, Sie wiederzusehen.« Er gab dem Mann die Hand.

»Ist mir ein Vergnügen, Mr. Crawley.«

Crawley setzte sich, schüttelte seine kunstvoll gefaltete Leinenserviette aus und legte sie sich in den Schoß.

Ein Cocktail-Kellner glitt an ihren Tisch. »Darf ich den Herren etwas zu trinken bringen?«

»Einen Seven and Seven«, sagte der Reverend.

Crawley verzog das Gesicht und war froh, dass er ein Restaurant ausgewählt hatte, wo ihn niemand erkennen würde. Der Reverend roch nach Old Spice, und seine Koteletten waren einen Zentimeter zu lang. Leibhaftig sah der Mann zwanzig Jahre älter aus als im Fernsehen; das Gesicht war leberfleckig und unrein, mit diesem rötlichen Schleifpapier-Teint, der einen Menschen als Trinker auswies. Sein orangerotes Haar schimmerte in der trüben Beleuchtung. Wie konnte ein Mann, der sich die Medien so geschickt zunutze machte, einen Friseur tolerieren, der so schlecht im Haarefärben war?

»Und für Sie, Sir?«

»Einen Bombay Sapphire Martini, sehr trocken, ohne Eis, mit einem Schnitz Zitrone.«

»Kommt sofort, die Herren.«

Crawley zwang sich zu einem breiten Lächeln. »Also, Reverend, ich habe Ihre Sendung gestern gesehen. Sie war … groß-artig.«

Spates nickte und klopfte mit einer plumpen, manikürten Hand auf das Tischtuch. »Der Herr war auf meiner Seite.«

»Ich habe mich gefragt, ob Sie schon Reaktionen darauf bekommen haben.«

»Allerdings. Mein Büro hat in den vergangenen vierundzwanzig Stunden über achtzigtausend E-Mails erhalten.«

Schweigen. »Achtzehntausend?«

»Nein. Acht zig tausend.«

Crawley war sprachlos. »Von wem?«, fragte er schließlich.

»Von Zuschauern natürlich.«

»Gehe ich recht in der Annahme, dass das eine ungewöhnlich starke Zuschauerreaktion ist?«

»Absolut. Die Predigt hat wirklich einen Nerv getroffen. Wenn die Regierung das Geld der Steuerzahler dafür ausgibt, das Wort Gottes als Lüge hinzustellen – nun, dann erheben sich empörte Christen überall im Land.«

»Ja, natürlich.« Crawley brachte mühsam ein zustimmendes Lächeln zustande. Achtzigtausend. Da würde sich jedes Kongressmitglied in die Hose machen. Er wartete, während der Kellner ihre Cocktails servierte.

Spates schlang eine dickliche Hand um das schwitzende Glas, genehmigte sich einen tiefen Schluck und stellte es wieder ab. »Dann kommen wir zu dem Versprechen, das Sie meiner Gemeinde gegenüber gemacht haben.«

»Selbstverständlich.« Crawley berührte das Jackett über der Innentasche. »Alles zu seiner Zeit.«

Spates trank einen weiteren Schluck. »Wie war die Reak tion in Washington?«

Crawleys Kontakte hatten in Erfahrung gebracht, dass auch diverse Kongressabgeordnete eine nicht unerhebliche Anzahl von E-Mails bekommen hatten, außerdem war das Telefonaufkommen ungewöhnlich hoch. Doch er durfte bei Spates keine übertriebenen Erwartungen wecken. »Ein solches Thema muss eine Weile vorangetrieben werden, bis es durch die harte Schale Washingtons vordringt.«

»Meine Zuschauer haben mir etwas anderes berichtet. Eine Menge dieser E-Mails ging in Kopie nach Washington.«

»Zweifellos, zweifellos«, sagte Crawley hastig.

Der Kellner kam und nahm ihre Bestellung entgegen.

»Wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte Spates, »würde ich jetzt gern diese Spende in Empfang nehmen, bevor das Essen kommt. Ich möchte schließlich keine Fettflecken darauf.«

»Nein, nein, natürlich nicht.« Crawley zog den Umschlag aus der Innentasche und legte ihn beiläufig auf den Tisch. Dann wand er sich innerlich, als Spates die Hand ausstreckte, den Umschlag aufhob und alles andere als unauffällig musterte. Dabei glitt Spates’ Ärmelsaum zurück und entblößte ein fleischiges Handgelenk mit einem Pelz orangeroter Haare. Dieses Orangerot war also echt. Wie konnte das Detail an Spates, das ihm am falschesten erschien, sich als das einzig Echte erweisen? Crawley rang seine Gereiztheit nieder.

Spates drehte den Umschlag um und ritzte ihn mit einem lackierten Fingernagel auf. Er zog den Scheck heraus, hielt ihn ins Licht und untersuchte ihn genau.

»Zehntausend Dollar«, las er langsam.

Crawley blickte sich um und war froh, dass sie den hinteren Teil des Restaurants für sich hatten. Der Mann hatte so gar keine Klasse.

Spates musterte weiterhin den Scheck. »Zehntausend Dollar«, wiederholte er.

»Ich nehme doch an, der Scheck ist in Ordnung?«

Der Reverend steckte den Scheck wieder in den Umschlag und stopfte ihn in die Tasche seines Jacketts. »Wissen Sie, wie viel es kostet, meine kleine Gemeinde zu unterhalten? Fünftausend pro Tag. Fünfunddreißigtausend pro Woche, fast zwei Millionen im Jahr.«

»Ein großes Unternehmen«, bemerkte Crawley gelassen.

»Ich habe eine volle Stunde meiner Predigt Ihrem Problem gewidmet. Ich hoffe, es diesen Freitag in Roundtable America wieder aufgreifen zu können. Kennen Sie die Sendung?«

»Ich verpasse sie nie.« Crawley wusste, dass der christliche Kabelsender Spates’ wöchentliche Talkshow ausstrahlte, aber er hatte sie noch nie gesehen.

»Ich habe vor, an der Sache dranzubleiben, bis ich den gerechten Zorn der Christen im ganzen Land geschürt habe.«

»Ich bin Ihnen sehr verbunden, Reverend.«

»Dafür sind zehntausend Dollar ein Tropfen auf den heißen Stein.«

Verdammter Scheinheiliger, dachte Crawley. Wie er es hasste, sich mit solchen Leuten abgeben zu müssen. »Reverend, bitte verzeihen Sie, aber nach unserem Gespräch hatte ich den Eindruck, dass Sie sich gegen eine einmalige Spende dieses Themas annehmen würden.«

»Das habe ich auch: einmalige Spende, einmalige Predigt. Jetzt spreche ich von einer Beziehung.« Spates setzte das Glas an die feuchten Lippen, trank durch die gestapelten Eiswürfel seinen Drink aus, stellte das Glas wieder ab und wischte sich die Lippen.

»Ich habe Ihnen ein hervorragendes Thema auf dem Silbertablett serviert. Den Zuschauerreaktionen nach zu schließen, scheint es sich zu lohnen, es weiterzuverfolgen, ganz unabhängig von den, äh, finanziellen Aspekten.«

»Mein Freund, da draußen wird gerade ein Krieg des Glaubens geführt. Wir kämpfen gleich an mehreren Fronten gegen die säkularen Humanisten. Ich könnte meine Schlachtreihen jeden Augenblick an einen anderen Schauplatz beordern. Wenn Sie wollen, dass ich an Ihrer Front weiterkämpfe, nun dann – müssen Sie dazu etwas beitragen

Der Kellner brachte die Filets mignons. Spates hatte seines gut durch bestellt, und das feine Neununddreißig-Dollar-Fleischstück ähnelte nun in Größe, Form und Farbe einem Hockey-Puck. Spates faltete die Hände und neigte den Kopf über den Teller. Crawley brauchte einen Moment, bis er begriff, dass der Mann seine Mahlzeit segnete und nicht daran schnupperte.