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»Wann werden Sie denn Näheres wissen?«, fragte Hazelius.

»In zwei, drei Tagen.«

Schweigen. Dann meldete sich erneut Hazelius zu Wort: »Darf ich Sie etwas fragen?«

Greer stand abwartend da.

»Wurde die Waffe im Auto gefunden?«

Greer zögerte und sagte dann: »Ja.«

»Wo?«

»Auf dem Boden, auf der Fahrerseite.«

»Soweit ich informiert bin, wurde Dr. Wolkonski aus kürzester Distanz in die linke Schläfe geschossen, als er hinter dem Lenkrad saß. Ist das korrekt?«

»Korrekt.«

»War eines der Fenster geöffnet?«

»Alle Fenster waren geschlossen.«

»Und die Klimaanlage lief?«

»Ja.«

»Türen verriegelt?«

»So ist es.«

»Schlüssel im Zündschloss?«

»Ja.«

»Wurden an Dr. Wolkonskis rechter Hand Schmauchspuren gefunden?«

Kurzes Schweigen. »Die Laborergebnisse sind noch nicht da«, sagte Greer dann.

»Danke.«

Ford war bewusst, was diese Fragen bedeuteten, und offensichtlich war Greer das ebenfalls klar. Die Agenten verließen den Raum, und das Frühstück wurde in angespanntem Schweigen wieder aufgenommen. Das unausgesprochene Wort Selbstmord schien in der Luft zu hängen.

Als die meisten fertig waren, erhob sich Hazelius. »Ich möchte ein paar Worte sagen.« Er ließ den Blick einmal um den Tisch schweifen. »Ich weiß, dass Sie alle tief erschüttert sind, so wie ich selbst.«

Die Leute rutschten unbehaglich auf ihren Stühlen hin und her. Ford warf einen raschen Blick zu Kate hinüber. Sie sah mehr als erschüttert aus – sie war offenbar am Boden zerstört.

»Die Probleme mit Isabella haben Peter am meisten zu schaffen gemacht – die Gründe dafür kennen wir alle. Er hat übermenschliche Anstrengungen erbracht, um die Software-Probleme zu beheben. Ich nehme an, er hat schließlich einfach aufgegeben. Ich möchte seinem Gedenken ein paar Zeilen aus einem Gedicht von Keats widmen, über diesen transzendentalen Augenblick der Entdeckung.« Dann zitierte er auswendig:

»Wie einem Astronom erging’s mir da,

Schwimmt ihn ein neuer Stern im Fernrohr an;

Wie Cortez, als sein Adlerblick ganz nah

Auf den Pazifik fiel – und jeder Mann

Wild rätselnd ins Gesicht des Nachbarn sah –

Auf einem Pik Dariéns nur schweigend sann.«

Hazelius hielt kurz inne und blickte dann auf. »Wie ich schon einmal gesagt habe: Keine Entdeckung, die in dieser Welt etwas zählt, ist leicht zu machen. Eine große Expedition ins Unbekannte ist immer gefährlich – körperlich und psychisch. Denken Sie nur an Magellans Reise um die Welt oder Captain Cooks Entdeckung der Antarktis. Sehen Sie sich das Apollo-Programm oder das Spaceshuttle an. Gestern haben wir einen Mann an die Gefahren unserer Expedition verloren. Ganz gleich, was diese Ermittlungen ergeben werden – und ich denke, die meisten von uns ahnen schon, was dabei herauskommen wird –, für mich wird Peter immer ein Held sein.«

Er verstummte, überwältigt von seinen Emotionen. Gleich darauf räusperte er sich und fuhr fort: »Der nächste Testlauf mit Isabella beginnt morgen Mittag. Sie alle wissen, was Sie zu tun haben. Diejenigen von uns, die noch nicht im Berg sind, werden sich morgen um elf Uhr dreißig hier nebenan im Aufenthaltsraum versammeln und gemeinsam hinübergehen. Die Tür zum Bunker wird um elf Uhr fünfundvierzig geschlossen und verriegelt. Diesmal, meine Damen und Herren, das schwöre ich Ihnen, werden wir wie Cortez den Pazifik erblicken.«

In seiner Stimme schwang eine Inbrunst mit, die Ford berührte – die Inbrunst eines wahrhaft gläubigen Menschen.

19

Am selben Vormittag ließ sich Reverend Don T. Spates in seinen Bürosessel sinken, stellte an einem Hebel die Lendenwirbelstütze ein und spielte an den anderen Einstellungen herum, bis er es vollkommen bequem hatte. Er fühlte sich großartig. Das Isabella-Projekt hatte sich als brandheißes Thema erwiesen. Es gehörte ihm. Er allein hatte Anspruch darauf. Das Geld strömte nur so herein, sämtliche Telefonleitungen waren dauerhaft belegt. Die Frage war, wie er das Thema in seiner christlichen Talkshow am Freitagabend, Roundtable America, voranbringen sollte. In einer Predigt konnte man mit Emotionen spielen, melodramatisch und reißerisch sein. Aber die Talkshow sprach die Leute eher auf intellektueller Ebene an. Die Sendung galt als seriös und genoss durchaus Ansehen. Und dafür brauchte er Fakten, Tatsachen – von denen er herzlich wenig hatte, abgesehen von dem bisschen, was er auf der Website des Isabella-Projekts hatte finden können. Den vorgesehenen Gästen, die er schon vor Wochen gebucht hatte, hatte er bereits abgesagt und dafür einen neuen Talkgast gefunden, einen Physiker, der etwas über das Isabella-Projekt sagen konnte. Aber er brauchte mehr: Er brauchte eine Überraschung.

Sein Assistent Charles trat mit dem morgendlichen Aktenstapel ein. »Die E-Mails, die Sie haben wollten, Reverend. Nachrichten. Ihre Termine.« Er legte alles nebeneinander ab, still und effizient wie immer.

»Wo ist mein Kaffee?«

Seine Sekretärin kam herein. »Guten Morgen, Reverend!«, sagte sie fröhlich. Ihr auftoupiertes Haar, grau wie Rauhreif, wippte und glitzerte in der Morgensonne. Sie stellte ein Tablett vor ihn hin: silberne Kaffeekanne, Tasse, Zucker, Kaffeesahne, ein Keks mit Macadamianüssen, seine Lieblingssorte, und eine frisch gebügelte Ausgabe der Virginia Beach Daily Press.

»Schließen Sie die Tür, wenn Sie gehen.«

Nachdem die beiden gegangen waren, goss Spates sich in Ruhe einen Kaffee ein, lehnte sich im Sessel zurück, hob die Tasse an die Lippen und genoss den ersten bitteren, köstlichen Schluck. Er ließ die Flüssigkeit im Mund hin und her fließen, schluckte, atmete tief aus und stellte die Tasse ab. Dann griff er nach der Mappe mit den E-Mails. Jeden Tag sahen Charles und dessen drei Gehilfen Tausende eingegangener E-Mails durch, suchten jene heraus, deren Absender bereits eine Spende ab der »1000 Segnungen«-Ebene geleistet hatten oder dazu bereit schienen, außerdem die Mails von Politikern, Geschäftsleuten und anderen wichtigen Verbindungen, die gepflegt werden wollten. Diese Mappe enthielt die Ausbeute, die eine persönliche Antwort erforderte, für gewöhnlich einen Dankesbrief für Geld oder eine Bitte um Geld.

Spates nahm die erste ausgedruckte E-Mail vom Stapel, überflog sie, kritzelte eine Antwort darauf, legte sie beiseite, griff nach der zweiten und arbeitete sich so durch den ganzen Stapel.

Nach fünfzehn Minuten traf er auf eine E-Mail, die Charles mit einem Klebezettel versehen hatte. Sieht interessant aus, stand da. Spates knabberte an seinem Keks und las.

Lieber Reverend Spates,

gelobt sei Jesus Christus. Mein Name ist Russ Eddy, und ich bin der Pastor der Gathered in Thy Name Mission in Blue Gap, Arizona. Seit ich die Mission 1999 gegründet habe, verkünde ich die Frohe Botschaft hier im Navajo-Land. Wir sind eine sehr kleine Mission – genau genommen gibt es hier nur mich.

Ihre Predigt über das Isabella-Projekt war bei mir ein Volltreffer, Reverend. Ich sage Ihnen auch, warum. Isabella ist unsere Nachbarin – sie liegt hier oben auf der Red Mesa über mir, ich kann den Berg von meinem Fenster aus sehen, während ich Ihnen das schreibe. Ich habe mir von meinen Schäfchen schon einiges darüber anhören müssen. Es gibt eine Menge hässlicher Gerüchte. Und ich meine wirklich hässlich. Die Leute haben Angst; sie fürchten sich davor, was die da oben treiben.