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Ich will nicht noch mehr Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nehmen, Reverend – ich wollte Ihnen nur dafür danken, dass Sie den Kampf für das Gute aufgenommen haben und die Christen überall im Land auf diese gottlose Maschine hier draußen in der Wüste aufmerksam machen. Bitte weiter so.

Christliche Grüße

Pastor Russ Eddy

Gathered in Thy Name Mission

Blue Gap, Arizona

Spates las die E-Mail einmal, dann noch einmal. Er leerte seine Tasse, stellte sie auf das Tablett, drückte den Daumen auf den letzten feuchten Kekskrümel und leckte ihn ab. Dann lehnte er sich nachdenklich zurück. In Arizona war es jetzt Viertel nach sieben. Pastoren auf dem Lande standen doch früh auf, oder?

Er griff zum Telefon und wählte die Nummer, die am Ende der E-Mail stand. Es klingelte mehrmals, dann meldete sich eine schrille Stimme.

»Pastor Russ.«

»Ah, Pastor Russ! Hier spricht Reverend Don T. Spates von God’s Prime Time in Virginia Beach. Wie geht es Ihnen, Pastor?«

»Sehr gut, danke.« Die Stimme klang zweifelnd, ja sogar argwöhnisch. »Was sagten Sie, wer Sie sind?«

»Reverend Don T. Spates! Von God’s Prime Time!«

»Oh! Reverend Spates! Das ist ja eine Überraschung. Sie haben meine E-Mail also gelesen.«

»Allerdings. Sie war sehr interessant.«

»Danke, Reverend.«

»Bitte, nennen Sie mich Don. Also, ich denke, Ihre Nachbarschaft zu dieser Maschine, Ihr Zugang zu dem wissenschaftlichen Experiment, das könnte ein Geschenk Gottes sein.«

»Warum denn das?«

»Ich brauche jemanden, der mir Insider-Informationen darüber liefern kann, was da draußen vorgeht, jemanden vor Ort. Vielleicht ist es Gottes Wille, dass Sie diese Quelle werden. Er hat Sie schließlich nicht umsonst dazu bewegt, diese E-Mail zu schreiben, Russ. Habe ich nicht recht?«

»Ja, Sir. Ich meine, nein, das hat Er nicht. Ich höre mir jeden Sonntag Ihre Predigt an. Wir haben hier draußen keinen Fernsehempfang, aber ich habe eine High-Speed-Internetverbindung via Satellit und schaue mir den Podcast auf Ihrer Website an, jede Woche.«

»Freut mich, das zu hören, Russ. Schön, dass unser Podcast so viele Menschen erreicht. Also, Russ, Sie haben in Ihrer E-Mail Gerüchte erwähnt. Was für Gerüchte hören Sie denn so?«

»Alles Mögliche. Sachen über Atomexperimente, Explosionen, Kindesmissbrauch. Es heißt, die würden da oben Missgeburten züchten, irgendwelche Monster. Dass die Regierung hier eine neue Waffe testet, um damit die Welt zu zerstören.«

Spates spürte einen Klumpen im Magen. Dieser sogenannte Pastor hörte sich an wie ein Fall für die Klapsmühle. Kein Wunder, wenn man mit einem Haufen Indianer da draußen in der Wüste lebte.

»Haben Sie vielleicht auch etwas, äh … Greifbareres?«

»Es hat da oben einen Mord gegeben, gestern erst. Einer der Wissenschaftler wurde mit einer Kugel im Kopf aufgefunden.«

»Ach, tatsächlich?« Das klang schon besser. Der Herr sei gepriesen. »Woher wissen Sie das?«

»Na ja, in so einer ländlichen Gegend spricht sich alles schnell herum. Auf der Mesa hat es nur so von FBI-Agenten gewimmelt.«

»Haben Sie sie gesehen?«

»Ja, sicher. Das FBI kommt nur dann ins Reservat, wenn es einen Mord gegeben hat. Alles andere macht eigentlich die Tribal Police.«

Spates lief ein Schauer über den Rücken.

»Eines meiner Schäfchen hat einen Bruder, der bei der Stammespolizei arbeitet. Das neueste Gerücht besagt, es sei in Wahrheit Selbstmord gewesen. Wird alles schön vertuscht.«

»Der Name des toten Wissenschaftlers?«

»Den weiß ich nicht.«

»Sie sind aber sicher, dass es einer der Wissenschaftler war, Russ, ganz sicher?«

»Glauben Sie mir, wenn es ein Navajo gewesen wäre, dann wüsste ich das. Wir leben hier in enger Gemeinschaft.«

»Sind Sie denn schon mal Wissenschaftlern dieses Teams begegnet?«

»Nein. Die bleiben unter sich.«

»Können Sie irgendwie Verbindung zu ihnen aufnehmen?«

»Na klar. Ich könnte wohl einfach mal vorbeischauen und mich als der hiesige Pastor vorstellen. Ganz freundlich, Sie wissen schon.«

»Russ, das ist eine ausgezeichnete Idee! Mir liegt besonders daran, mehr über den Mann zu erfahren, der Isabella leitet, er heißt Hazelius. Haben Sie schon mal von ihm gehört?«

»Der Name kommt mir bekannt vor.«

»Er hat sich selbst zum klügsten Menschen auf Erden ernannt. Er hat behauptet, alle stünden unter ihm, und wir seien ein Haufen Hornochsen. Erinnern Sie sich daran?«

»Ich glaube, ja.«

»Ganz schön unverschämte Behauptung, was? Vor allem aus dem Mund eines Mannes, der nicht an Gott glaubt.«

»Das überrascht mich nicht, Reverend. Wir leben in einer Welt, die das Böse verehrt.«

»So ist es, mein Sohn. Also: Kann ich auf Sie zählen?«

»Ja, Sir, Reverend Spates, Sie können sich auf mich verlassen.«

»Und noch etwas ist ganz wichtig: Ich brauche diese Information bis übermorgen, damit ich sie in Roundtable America am Freitag verwenden kann. Kennen Sie auch meine Talkshow?«

»Seit es die als Podcast gibt, verpasse ich keine einzige Sendung.«

»Für diesen Freitag habe ich einen Physiker eingeladen, jemanden mit einer christlichen Perspektive, um eingehender über das Isabella-Projekt sprechen zu können. Ich muss einfach mehr Informationen haben – aber nicht das übliche PRZeug. Ich meine den Dreck, die schmutzige Wäsche. Wie diesen Todesfall – was ist da passiert? Sprechen Sie mit diesem Navajo-Polizisten, den Sie eben erwähnt haben. Sie verstehen, Russ?«

»Natürlich, ja, sollen Sie haben, Reverend.«

Spates legte den Hörer auf und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Alles fügte sich wie von selbst zusammen. Die Macht Gottes kannte keine Grenzen.

20

Als Ford vom Frühstück zurückkam und gerade sein Haus betreten wollte, kam Wardlaw plötzlich um die Hausecke und verstellte ihm den Weg.

Ford hatte mit so etwas gerechnet.

»Hätten Sie was dagegen, wenn wir uns kurz unterhalten?«, fragte Wardlaw mit scheinbar freundlicher Stimme. Er kaute auf einem Kaugummi herum, und die Muskeln über seinen Ohren spannten sich rhythmisch an.

Ford wartete. Das war nicht der richtige Augenblick für eine Konfrontation, aber wenn Wardlaw sie wollte, sollte er sie bekommen.

»Ich weiß nicht, was Sie für ein Spielchen treiben, Ford, oder wer Sie wirklich sind. Ich nehme an, dass Sie in irgendeiner halboffiziellen Funktion hier sind. Das habe ich schon bei Ihrer Ankunft gespürt.«

Ford wartete weiter ab.

Wardlaw trat so dicht an ihn heran, dass Ford sein Aftershave riechen konnte. »Meine Aufgabe ist es, Isabella zu beschützen – auch vor Ihnen. Ich vermute, dass Sie undercover hier sind, weil irgendein Bürokrat in Washington um seinen kostbaren Arsch fürchtet. Das bietet Ihnen nicht sonderlich viel Schutz, nicht wahr?«

Ford schwieg. Sollte der Mann ruhig Dampf ablassen.

»Ich werde niemandem von Ihrer kleinen Eskapade gestern Nacht erzählen. Sie werden Sie natürlich Ihrem Herrchen melden. Falls die Sache zur Sprache gebracht wird, können Sie sich denken, wie meine Verteidigung lautet. Sie waren ein Eindringling, und mein Auftrag schreibt mir für einen solchen Fall vor, gezielt zu feuern. Oh, und falls Sie glauben, Greer würde sich auf das zerbrochene Fenster und das zerrissene Mückennetz stürzen, die sind schon wieder repariert. Außer uns beiden braucht niemand von der Sache zu wissen.«

Ford war beeindruckt. Wardlaw hatte die Angelegenheit tatsächlich gründlich durchdacht. Er war froh, dass der Sicherheitschef kein Idiot war. Ford fiel es immer leichter, mit einem intelligenten Gegner fertig zu werden. Dumme Menschen waren unberechenbar. Er sagte: »Sind Sie fertig mit Ihrer kleinen Ansprache?«