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Die Halsschlagader an Wardlaws Stiernacken pulsierte. »Pass bloß auf, du Schnüffler.« Wardlaw trat beiseite, gerade weit genug, um Ford vorbeizulassen.

Ford trat einen Schritt vor und zögerte dann. Er war Wardlaw so nahe, dass er den Sicherheitschef in die Eier hätte treten können. Er sah den Mann an, dessen Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt war, und sagte freundlich: »Wissen Sie, was ich lustig finde? Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen.«

Der Schatten eines Zweifels huschte über Wardlaws Gesicht, als Ford an ihm vorbeiging.

Er betrat das Haus und schlug die Tür zu. Wardlaw war also nicht absolut sicher, dass es Ford war, den er in der Nacht verfolgt hatte. Diese Unsicherheit würde ihn langsamer, vorsichtiger machen. Fords Deckung war angekratzt, aber noch nicht aufgeflogen.

Als er sicher war, dass Wardlaw sich verzogen hatte, ließ er sich aufs Sofa fallen, verärgert und frustriert. Er war nun seit fast vier Tagen auf der Mesa, wusste aber kaum mehr als damals in Lockwoods Büro.

Er fragte sich, wie er je auf den Gedanken gekommen war, das könnte ein relativ leichter Auftrag sein.

Es war an der Zeit, den nächsten Schritt zu tun; er hatte gehofft, das würde nicht nötig sein, schon seit dem Moment, als Lockwood ihm Kates Dossier gezeigt hatte.

Eine Stunde später fand Ford Kate im Stall, wo sie die Pferde fütterte und tränkte. Er blieb in der Tür stehen und sah zu, wie sie im Dämmerlicht Eimer mit Hafer füllte, einen Ballen Luzerne aufriss und ein, zwei Handvoll davon in jede Box warf. Er beobachtete ihre Bewegungen, ihren schlanken, straffen Körper, der diese banalen Arbeiten so sicher und anmutig verrichtete, obwohl sie offensichtlich erschöpft war. Es fühlte sich an wie damals vor zwölf Jahren, als er sie unter diesem Tisch hatte schlafen sehen.

Leise Rockmusik drang aus dem Stall zu ihm heraus.

Sie warf die letzte Handvoll Alfalfa einem Pferd vor, drehte sich dann um und bemerkte ihn. »Willst du wieder mal ausreiten?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme.

Er trat in den kühlen Schatten. »Wie geht es dir, Kate?«

Sie stemmte die behandschuhten Hände in die Hüften. »Nicht besonders.«

»Das mit Peter tut mir leid.«

»Ja.«

»Kann ich dir helfen?«

»Bin schon fertig.«

Im Hintergrund lief immer noch die leise Musik. Jetzt erkannte er den Song. »Blondie?«

»Ich lasse oft Musik laufen, während ich bei den Pferden arbeite. Es gefällt ihnen.«

»Weißt du noch …«, begann er.

Sie fiel ihm ins Wort. »Ja.«

Stumm standen sie einander gegenüber. Am MIT hatte sie den Tag im LEES, dem Elektroniklabor, stets damit begonnen, dass sie »Atomic« über den Killian Court schallen ließ. Wenn er morgens reingekommen war, hatte sie meist im Labor herumgetanzt, Kopfhörer auf den Ohren und einen Kaffeebecher in der Hand, und sich möglichst skandalös aufgeführt. Sie hatte Skandale genossen – wie damals, als sie einen Liter Benzin in den Murphy-Memorial-Brunnen gegossen und angezündet hatte. Bei diesen Erinnerungen spürte er einen plötzlichen Stich – diese Zeiten waren vorbei. Wie naiv und hoffnungsvoll sie gewesen war, wie überzeugt davon, dass das Leben immer ein komischer Aufruhr sein würde. Aber irgendwann schaffte das Leben jeden – und sie ganz besonders.

Er schüttelte die Erinnerungen ab und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Bei Kate war der direkte Weg immer der beste. Sie hasste Leute, die um den heißen Brei herumredeten. Ford schluckte. Würde er sich selbst je verzeihen, was er jetzt gleich tun musste?

Ohne Vorwarnung stellte er seine Frage: »Okay, was verbergt ihr hier eigentlich alle?«

Sie sah ihn gelassen an. Keine aufgesetzte Überraschung, kein Protest, keine gespielte Unwissenheit.

»Geht dich nichts an.«

»Das geht mich allerdings etwas an. Ich gehöre auch zum Team.«

»Dann frag Gregory.«

»Ich weiß, dass du aufrichtig zu mir sein wirst. Aber Hazelius – bei dem weiß ich nicht, woran ich bin.«

Ihre Miene wurde weicher. »Glaub mir, Wyman, du willst das nicht wissen.«

»Doch, das will ich. Ich muss es wissen. Das gehört zu meiner Arbeit. Diese Geheimniskrämerei sieht dir gar nicht ähnlich, Kate.«

»Wie kommst du darauf, wir hätten Geheimnisse?«

»Seit ich hier angekommen bin, habe ich das Gefühl, dass ihr alle irgendetwas vor mir verbergt. Wolkonski hat etwas angedeutet. Du auch. Bei Isabella läuft irgendetwas furchtbar schief, oder?«

Kate schüttelte den Kopf. »Himmel, Wyman, du änderst dich wohl nie – du bist immer noch so verflucht neugierig.« Sie blickte an ihrer Bluse hinab, zupfte sich einen Strohhalm von der Schulter und runzelte die Stirn.

Ein weiteres langes Schweigen. Dann hob sie mit offenkundiger Überwindung den Blick, sah ihn mit ihren intelligenten braunen Augen an, und er erkannte, dass sie einen Entschluss gefasst hatte. »Ja. Mit Isabella stimmt etwas nicht. Aber es ist nicht so, wie du wahrscheinlich denkst. Im Grunde ist es uninteressant. Blöd. Es hat nichts mit dir oder deiner Arbeit hier zu tun. Ich will nicht, dass du davon weißt, weil … nun ja, es könnte dich in Schwierigkeiten bringen.«

Ford sagte nichts. Er wartete ab.

Kate stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. »Also schön. Du hast es so gewollt. Aber erwarte jetzt keine grandiose Enthüllung.«

Er hatte auf einmal ein entsetzlich schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Aber er verdrängte die Schuldgefühle rasch – damit würde er sich später befassen.

»Wenn du das gehört hast, wirst du verstehen, warum wir es geheim halten.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Isabella wurde sabotiert. Irgendein Hacker hält uns zum Narren.«

»Wie denn das?«

»Jemand hat ein Virus oder einen Trojaner in den Supercomputer eingeschleust. Offenbar handelt es sich um eine Logik bombe, die ausgelöst wird, wenn Isabella kurz davorsteht, hundert Prozent Leistung zu erreichen. Erst produziert sie ein bizarres Bild auf dem Visualizer, dann bringt sie den Supercomputer praktisch zum Absturz und schickt uns eine alberne Botschaft. Das ist unglaublich frustrierend – und extrem gefährlich. Bei so hohem Energieniveau könnten wir alle in die Luft fliegen, wenn die Strahlen aus der Bahn geraten. Schlimmer noch, eine plötzliche Energieschwankung könnte gefährliche Partikel oder Schwarze Mini-Löcher entstehen lassen. Das ist die Mona Lisa der Malware, ein echtes Meisterstück, das nur ein unglaublich guter Programmierer zustande gebracht haben kann. Wir können es nicht finden.«

»Was sind das für Botschaften?«

»Ach, SEID GEGRÜSST, HALLO oder IST DA JEMAND?«

»Wie der Anfänger-Scherz aus dem Programmierkurs – HALLO, ERDLING.«

»Genau. Ein Insider-Witz.«

»Und was passiert dann?«

»Das ist alles.«

»Mehr sagt das Ding nicht?«

»Es hat gar keine Zeit dazu. Wenn der Computer abstürzt, sind wir gezwungen, die Notabschaltung des gesamten Systems einzuleiten.«

»Ihr habt das Ding also noch nicht in ein Gespräch verwickeln können? Es ein bisschen zum Reden gebracht?«

»Machst du Witze? Wenn eine Vierzig-Milliarden-Dollar-Maschine kurz vor der Explosion steht? Außerdem würde uns das auch nicht weiterhelfen – das Ding würde nur noch mehr Blödsinn von sich geben. Und wenn der Supercomputer abgestürzt ist und Isabella noch läuft, dann ist das so, als würde man nachts bei Regen mit ausgeschalteten Scheinwerfern hundertfünfzig auf der Landstraße fahren. Wir müssten ja verrückt sein, um seelenruhig herumzusitzen und uns mit dem Ding zu unterhalten.«

»Und das Bild?«

»Sehr seltsam. Es ist schwer zu beschreiben – absolut spektakulär, ganz tiefgründig und schimmernd wie ein Geist. Wer auch immer das gemacht hat, ist auf seine Art ein Künstler.«