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»Und ihr könnt die Malware nicht finden?«

»Nein. Sie ist teuflisch gerissen. Anscheinend bewegt sie sich eigenständig im System, löscht ihre Spuren aus und lässt sich einfach nicht aufdecken.«

»Warum berichtet ihr Washington nicht davon und lasst ein Team von Spezialisten anrücken, die das in Ordnung bringen?«

Sie schwieg einen Moment lang. »Dafür ist es jetzt zu spät. Wenn herauskäme, dass wir schon so lange von einem Hacker an der Nase herumgeführt wurden, gäbe es einen fürchterlichen Skandal. Das Isabella-Projekt hat es mit knapper Not durch den Kongress geschafft … Das wäre das Ende.«

»Warum habt ihr dann nicht sofort darüber berichtet? Warum versteckt ihr das Problem?«

»Wir wollten es ja melden!« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Aber dann fanden wir, es wäre besser, die Malware zu löschen, bevor wir Bericht erstatten, damit wir sagen können, wir hätten das Problem bereits beseitigt. Ein Tag verging, der nächste, und noch einer, und wir konnten das verdammte Programm nicht finden. So ging das eine Woche lang, dann zehn Tage – und dann wurde uns klar, dass wir schon zu lange gewartet hatten. Wenn wir es so spät gemeldet hätten, hätte man uns vorgeworfen, wir wollten die Sache vertuschen.«

»Das war ein dummer Fehler.«

»Allerdings. Ich weiß auch nicht genau, wie es so weit kommen konnte … Wir konnten vor Stress kaum mehr klar denken, außerdem dauert es achtundvierzig Stunden, einen vollständigen Zyklus laufen zu lassen …« Sie schüttelte den Kopf.

»Irgendeine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«

»Gregory glaubt, es könnte eine Gruppe brillanter Hacker sein, die auf kriminelle Sabotage aus sind. Aber da ist immer diese Angst, die niemand aussprechen will … dass der Hacker einer von uns sein könnte.« Sie hielt inne und holte zittrig Atem. »Jetzt weißt du, wie böse wir in der Klemme stecken, Wyman.«

Im Halbschatten wieherte leise ein Pferd.

»Offenbar glaubt Hazelius deshalb, Wolkonskis Tod müsse ein Selbstmord gewesen sein«, sagte Ford.

»Natürlich war es Selbstmord. Er war unser Software-Techniker, und die Demütigung, von einem Hacker so zum Narren gehalten zu werden, hat ihn schier verrückt gemacht. Der arme Peter. Er war so verletzlich, auf dem emotionalen Stand eines Zwölfjährigen – nur ein hyperaktiver, unsicherer Junge in T-Shirts, die ihm alle zu groß waren.« Sie schüttelte den Kopf. »Er war dem Druck nicht gewachsen. Der Kerl hat ja nie geschlafen. Er war Tag und Nacht da drin bei seinem Computer. Aber er konnte dieses fiese Programm einfach nicht finden. Das hat ihn wahnsinnig gemacht. Er hat angefangen zu trinken, und es würde mich nicht wundern, wenn er auch härteres Zeug genommen hat.«

»Was ist mit Innes? Sollte er das Team nicht psychologisch betreuen?«

»Innes.« Sie runzelte die Stirn. »Er meint es gut, aber er ist uns intellektuell hoffnungslos unterlegen. Ich meine, diese wöchentlichen ›Gesprächsrunden‹, dieser Blödsinn von wegen ›Lasst alles raus‹, das funktioniert vielleicht bei normalen Leuten, aber nicht bei uns. Seine Tricks sind so leicht zu durchschauen, seine Suggestivfragen, seine Psychostrategien. Peter konnte ihn nicht ausstehen.« Mit dem in Leder gehüllten Handrücken wischte sie sich eine Träne von der Wange. »Wir mochten Peter alle sehr.«

»Alle bis auf Wardlaw«, bemerkte Ford. »Und Corcoran.«

»Wardlaw … Na ja, der mag im Grunde keinen von uns, außer Hazelius. Aber du darfst nicht vergessen, dass er unter noch größerem Druck steht als wir anderen. Er ist für die Sicherheit zuständig, für alles, was bei uns geschieht. Wenn die Sache herauskäme, würde er im Gefängnis landen.«

Kein Wunder, dass er ein wenig nervös ist.

»Und was Melissa angeht, die ist schon mit einigen Mitgliedern des Teams aneinandergeraten, nicht nur mit Wolkonski. Ich … wäre an deiner Stelle sehr vorsichtig bei ihr.«

Ford dachte an das Briefchen auf seinem Kissen, sagte aber nichts.

Kate zog sich die Handschuhe aus und warf sie in einen Korb, der an der Wand hing. »Zufrieden?«, fragte sie mit scharfer Stimme.

Als Ford zu seinem Häuschen zurückging, stellte er sich dieselbe Frage. Zufrieden?

21

Pastor Russ Eddy war in seinen alten Ford Pick-up gestiegen, starrte gerade auf die Tankanzeige und überlegte, ob er noch genug Benzin hatte, um es auf die Mesa und zurück zu schaffen, als er die unverkennbare, korkenzieherförmige Staubwolke am Horizont erkannte, die ein nahendes Fahrzeug ankündig te. Er stieg aus dem Wagen, lehnte sich an die Tür und wartete.

Gleich darauf hielt ein Streifenwagen der Navajo Tribal Police vor seinem Trailer, und die Staubwolke zerstreute sich im Wind. Die Autotür ging auf, und ein staubiger Cowboystiefel kam zum Vorschein. Ein großgewachsener Mann entfaltete sich aus dem Wageninneren und richtete sich auf.

»Morgen, Pastor«, sagte er und grüßte mit der Hand am Hut.

»Morgen, Lieutenant Bia«, erwiderte Eddy und bemühte sich, seine Stimme ganz locker und ruhig klingen zu lassen.

»Fahren Sie weg?«

»O nein, ich hab nur mal nach dem Benzin gesehen«, sagte Eddy. »Also, eigentlich hatte ich daran gedacht, hoch auf die Mesa zu fahren und mich den Wissenschaftlern vorzustellen. Ich mache mir Sorgen, was da oben wohl vor sich geht.«

Bia blickte sich um, und seine verspiegelte Sonnenbrille reflektierte den Horizont, wohin er den Kopf auch wandte. »Haben Sie Lorenzo in letzter Zeit mal gesehen?«

»Nein«, antwortete Eddy. »Nicht seit Montagmorgen.«

Bia zog sich die Hose hoch, und seine Ausrüstung klimperte am Gürtel wie ein riesiges Bettelarmband. »Komisch, er ist am Montag gegen Mittag per Anhalter nach Blue Gap gefahren und hat den Leuten, die ihn mitgenommen haben, erzählt, dass er hierherwollte, weil er mit der Arbeit nicht fertig war. Sie haben gesehen, wie er die Straße zur Mission entlanggegangen ist – ab da scheint er einfach verschwunden zu sein.«

Eddy ließ einen Moment verstreichen. »Also, ich habe ihn hier nicht gesehen. Ich meine, am Morgen schon, aber er ist gegen Mittag oder vielleicht auch früher wieder gegangen, und seitdem habe ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er sollte eigentlich für mich arbeiten, aber …«

»Heiß heute, was?« Bia drehte sich um, grinste Eddy an und warf einen Blick in Richtung seines Wohnwagens. »Kann ich Sie zu einer Tasse Kaffee überreden?«, fragte Bia.

»Natürlich.«

Bia folgte Eddy in die Küchenecke und setzte sich an den Tisch. Eddy füllte nur frisches Wasser in die Kaffeemaschine und schaltete sie ein. Navajos verwendeten den Kaffeesatz auch mehrmals, daher vermutete Eddy, dass Bia das nichts ausmachen würde.

Bia legte seinen Hut auf den Tisch. Das Haar klebte ihm wie ein nasser Ring am Kopf. »Also, eigentlich bin ich nicht wegen Lorenzo hier. Ich persönlich glaube eher, dass er wieder mal abgehauen ist. Die Leute in Blue Gap meinten, er sei ziemlich betrunken gewesen, als er am Montag durch den Ort kam.«

Eddy nickte. »Mir war auch aufgefallen, dass er wohl wieder an der Flasche hing.«

Bia schüttelte den Kopf. »Ein Jammer. Der Junge hatte so einen guten Neuanfang gemacht. Wenn er nicht bald auftaucht, widerrufen sie seine Bewährung, und er geht zurück nach Alameda.«

Eddy nickte erneut. »Wirklich schade um ihn.«

Die Kaffeemaschine begann zu gurgeln. Eddy nützte die Gelegenheit, sich zu beschäftigen, indem er Becher, Zucker und Kaffeesahne holte und auf den Tisch stellte. Dann schenkte er zwei Becher Kaffee ein und setzte sich wieder.

»Also, eigentlich«, sagte Bia, »bin ich wegen einer anderen Sache hier. Ich habe gestern mit dem Händler in Blue Gap gesprochen, und er hat mir von Ihrem … Problem mit dem Geld aus der Kollekte erzählt.«