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»Wer hat noch eine Meinung dazu?«, fragte Hazelius.

Rae Chen stand auf, doch weil sie so zierlich und klein war, hob sie sich kaum von den anderen ab, die noch saßen. Aber die förmliche Geste des Aufstehens verlieh ihren Worten mehr Gewicht.»Ich möchte etwas dazu sagen.« Der Blick ihrer schwarzen Augen wanderte einmal um den Tisch herum.

»Ich bin im Hinterzimmer eines China-Restaurants in Culver City, Kalifornien, aufgewachsen. Meine Mutter hat sich halb zu Tode geschuftet, um mir das Studium zu ermöglichen. Sie ist stolz auf mich, weil ich es in diesem Land zu etwas gebracht habe. Und hier bin ich nun. Die Augen der gesamten Welt sind auf uns gerichtet.« Ihre Stimme brach.»Ich würde lieber sterben, als aufzugeben. Das ist alles, was ich zu sagen habe. Ich würde eher sterben.«

Sie setzte sich abrupt wieder hin.

Wardlaw brach das unbehagliche Schweigen.»Ich weiß, wie so etwas im Energieministerium läuft. Wenn wir das jetzt erst melden, wird man uns Vertuschung vorwerfen. Es könnte sogar sein, dass sie uns deswegen vor Gericht stellen.«

»Uns vor Gericht stellen?«, rief Innes von weiter hinten.»Herrgott, Tony, wir wollen doch nicht in Absurdität verfallen.«

»Ich meine es ernst.«

»Das ist reine Panikmache.« Innes’ bleiches Gesicht strafte seinen verächtlichen Tonfall Lügen. Sein Blick huschte um den Tisch.»Und selbst wenn, ich bin ja nur der Team-Psychologe. Ich hatte mit der Entscheidung, Informationen zurückzuhalten, nichts zu tun.«

»Ja, aber Sie haben das Problem auch nicht gemeldet«, sagte Wardlaw mit schmalen Augen.»Machen Sie sich nichts vor, Sie wandern mit dem Rest von uns vor Gericht.«

Vogelgezwitscher drang von draußen durch die Stille.

»Ist denn sonst jemand mit Ken einer Meinung?«, fragte Hazelius schließlich.»Dass wir das Handtuch werfen und Washington von unserem Problem berichten sollten?«

Niemand stimmte dem zu.

Dolby blickte sich um.»Denkt doch nur mal an das Risiko!«, rief er.»Wir könnten Isabella zerstören! Wir können sie nicht einfach hochfahren und blind laufen lassen!«

»Das ist richtig, Ken«, sagte Hazelius.»Und ich habe das bei meinem Plan berücksichtigt. Möchten Sie ihn hören?«

»Dass ich ihn mir anhöre, heißt aber noch lange nicht, dass ich damit einverstanden bin«, betonte Dolby.

»Verstanden. Wie Sie wissen, wird Isabella von drei Servern der neuesten Generation gesteuert – IBM p-fünf fünfneunfünf. Sie haben sie selbst ausgewählt, Ken. Diese Server kontrollieren die Telekommunikation, E-Mail, LAN und einen Haufen anderes Zeug. Das ist eigentlich des Guten schon fast zu viel – diese Server wären leistungsstark genug für das gesamte Pentagon. Meine Idee wäre, dass wir sie neu konfigurieren, als Back-up für Isabella.« Er wandte sich Chen zu.»Machbar?«

»Ich denke schon.« Sie warf Edelstein einen Blick zu.»Alan, was meinst du?«

Er nickte langsam.

»Aber wie wollen Sie das denn bewerkstelligen?«, fragte Dolby.

»Das größte Problem ist die Firewall«, sagte Chen.»Wir werden alle Verbindungen nach draußen kappen müssen. Inklusive sämtlicher Telekommunikation. Unsere Festnetz-und Mobiltelefone würden nicht mehr funktionieren. Dann schließen wir die Server zusammen und verbinden sie direkt mit Isabella. Machbar wäre es.«

»Aber – überhaupt keine Kommunikation nach draußen mehr?«

»Keine, solange Isabella läuft. Die Firewall ist unüberwindlich. Wenn Isabellas Software irgendeine Verbindung nach draußen aufspürt, schaltet sie sofort ab, aus Sicherheitsgründen. Deshalb müssten wir sämtliche Verbindungen zur Außenwelt einstellen.«

»Ken?«

Dolby trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum und runzelte die Stirn.

Hazelius sah sich um.»Sonst noch jemand?« Sein Blick fiel auf Kate Mercer, die weiter hinten saß und bisher nichts zur Diskussion beigetragen hatte.»Kate? Was denkst du?«

Schweigen.

»Kate? Fühlst du dich nicht wohl?«

Ihre Stimme war kaum hörbar.»Es wusste es.«

Schweigen. Dann sagte Corcoran forsch:»Na ja, das ist vielleicht nicht so erstaunlich, wie es im ersten Moment aussieht. Offensichtlich haben wir es mit einem Programm zu tun, das so ähnlich funktioniert wie Eliza – erinnert ihr euch an Eliza?«

»Dieses alte FORTRAN-Programm aus den Achtzigern, das sich mit einem unterhalten konnte wie ein Psychoanalytiker?«, fragte Cecchini.

»Genau das meine ich«, sagte Corcoran.»Das Programm war ganz einfach – es hat aus allem, was man ihm gesagt hat, eine Frage gemacht. Man tippt zum Beispiel Meine Mutter hasst mich, und Eliza antwortet: Warum glaubst du, dass deine Mutter dich hasst? Ein simples Programm, aber wirkungsvoll.«

»Das war kein Eliza-Programm«, sagte Kate.»Es wusste, woran ich denke.«

»Im Grunde ist es sogar sehr einfach«, sagte Melissa und warf Kate einen überheblichen Blick zu.»Der Hacker, der diese Logikbombe programmiert hat, weiß, dass wir ein Haufen hochspezialisierter Eierköpfe sind, oder? Er weiß, dass wir nicht so denken wie normale Leute. Du hast geschrieben: ›Ich denke an eine Zahl zwischen eins und zehn‹. Der Hacker hatte schon damit gerechnet, dass jemand so eine Frage stellen würde. Er konnte sich ausrechnen, dass du als Erstes wahrscheinlich nicht an eine ganze Zahl oder auch nur an eine rationale Zahl denken würdest – nein, er ist davon ausgegangen, dass du an alle Zahlen zwischen eins und zehn denkst. Und was ist die interessanteste Zahl zwischen eins und zehn? Entweder Π oder e. Und von den beiden ist e die mysteriösere.« Sie blickte sich triumphierend um.

»Aber was ist mit der nächsten Antwort, die es erraten hat?«

»Dafür gilt dieselbe Regel. Was ist mit Abstand die merkwürdigste Zahl zwischen null und eins? Das ist leicht: die verflixte chaitinsche Konstante – Omega. Hab ich nicht recht, Alan?«

Alan Edelstein neigte leicht den Kopf.

Melissa richtete ihr strahlendes Lächeln wie eine Waffe auf Kate.»Siehst du?«

»Blödsinn.«

»Ach, du glaubst also, wir unterhalten uns mit Gott?«

»Sei nicht albern«, erwiderte Kate gereizt.»Ich sage nur, was immer da mit mir gesprochen hat, wusste es.«

Rae Chen meldete sich zu Wort.»Hört mal, ich will ja hier nicht die Geisterstunde ausrufen, aber ich habe den Output direkt ins Zentrum von K-Null zurückverfolgt. Er kam nicht von einem Detektor oder sonst irgendwelcher Hardware. Er kam aus diesem seltsamen Datennebel in dem Raum-Zeit-Loch bei K-Null.«

»Rae«, sagte Hazelius,»Sie wissen doch, dass das nicht stimmen kann.«

»Ich sage Ihnen nur, was ich gesehen habe. Diese Datenwolke hat binären Code ausgespien, direkt in die Detektoren. Außerdem hatten wir einen Energieüberschuss – es kam mehr Energie aus K-Null heraus, als hineingepumpt wurde. Ich habe die Berechnung hier.« Sie schob Hazelius eine Mappe hin.

»Unmöglich. Das kann nicht sein.«

»Na ja, dann rechnen Sie es doch noch mal durch.« Chen breitete einladend die Hände aus.

»Deshalb müssen wir das unbedingt noch einmal tun«, sagte Hazelius.»Aber nicht unter Druck, nicht mit irgendeiner Deadline im Nacken. Wir müssen einen weiteren Durchlauf machen, bei dem Rae genug Zeit bekommt, um diese Logikbombe wirklich aufzuspüren.«

Edelstein ergriff das Wort.»Ich war während der Kommunikation mit Konsole drei beschäftigt. Hat jemand ein Transkript? Ich möchte gern lesen, was diese Malware genau für einen Output geliefert hat.«