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Während des Handgemenges trat ein übereifriger Gotteskrieger Hazelius gegen das gebrochene Bein. Mit einem erstickten Schluchzen verlor der Wissenschaftler das Bewusstsein.

»Gute Arbeit, Eddy«, sagte Ford, der am Boden festgehalten wurde. »Ihr Erlöser wäre ja so stolz auf Sie.«

Eddy funkelte Ford mit hochrotem Gesicht an, als wolle er ihn schlagen, doch dann schien er es sich anders zu überlegen. »Das reicht!«, schrie Eddy die Menge an. »Genug! Macht uns hier Platz! Wir werden auf unsere Art mit ihnen verfahren, die richtige Art. Zieht sie hoch!«

Ford wurde auf die Beine gestellt und vorwärtsgestoßen. Zwei stämmige Männer rissen den bewusstlosen Hazelius an den Armen hoch; aus seiner Nase rann Blut, ein Auge war zugeschwollen, das krumme Bein mit dem gebrochenen Knochen schleifte über den Boden.

Sie erreichten eine weitere große, höhlenartige Abbaukammer. Aus einem Seitengang erschienen Lichter, die in der Dunkelheit tanzten. Aufgeregtes Gemurmel erhob sich.

»Frost? Sind Sie das?«, rief Eddy.

Ein massiger Mann im Kampfanzug mit kurzem blondem Bürstenschnitt, Stiernacken und schmalen, engstehenden Augen schob sich nach vorn durch. »Pastor Eddy? Wir haben ein paar von ihnen gefunden, die sich da hinten in einem Schacht verstecken wollten.«

Ford sah zu, wie ein Dutzend Männer Kate und die anderen mit vorgehaltenen Waffen aus dem Stollen drängten. »Kate … Kate!« Er riss sich los und taumelte auf sie zu.

»Haltet ihn auf!«

Ford spürte einen gewaltigen Schlag im Rücken und fiel auf die Knie. Ein zweiter Schlag traf ihn in die Seite, und nach ein paar weiteren Tritten lag er am Boden. Er wurde so grob wieder auf die Beine gezerrt, dass sie ihm beinahe die Schulter ausrenkten. Ein verschwitzter Kerl, das Gesicht mit schwarzem Kohlenstaub verschmiert, mit rollenden Augen wie ein Pferd, schlug ihm ins Gesicht. »Gib Ruhe!«

Fernes Grollen war zu hören, und der Boden bäumte sich auf. Staub wirbelte hoch und trieb durch die Stollen. Dichte Rauchschwaden hingen unter der Decke.

»Hört mir zur!«, rief Eddy. »Wir können nicht hier unten bleiben! Der ganze Berg brennt! Wir müssen raus!«

»Ich habe da hinten einen Ausweg nach oben gesehen«, sagte der Mann namens Frost. »Bei der Explosion wurde ein Schacht im Gestein freigelegt. Ich habe den Kopf durchgesteckt und am anderen Ende des Tunnels den Mond gesehen.«

»Bringen Sie uns hin«, sagte Eddy.

Bewaffnete Männer schubsten und stießen sie mit vorgehaltenen Waffen durch dunkle, mit Staub gefüllte Stollen. Zwei von Eddys Gefolgsleuten hatten Hazelius unter den Achseln gepackt und schleiften ihn hinter sich her. Auf ihrem Weg durch die Düsternis durchquerten sie eine weitere riesige Abbaukammer. Die Lichtkegel der Taschenlampen huschten durch den grauen Staub und enthüllten einen großen Einbruch; ein Geröllhaufen reichte bis hinauf zu einem langen, dunklen Loch in der Decke. Ford sog gierig die frische, kühle Luft ein, die von oben hereinströmte.

»Hier entlang!«

Sie mühten sich den Schuttberg hinauf, stolperten durch das lose Geröll, während um sie herum Steine herabpolterten.

»Hinauf aus dem Abgrund von Abaddon!«, rief Eddy triumphierend. »Das Tier ist besiegt!«

Ganz vorn waren die beiden Männer dabei, Hazelius durch das zerklüftete Loch in der Decke zu zerren, die übrigen Gefangenen wurden von ihren Bewachern hindurchgeschubst. Das Loch führte in einen höher gelegenen Stollen, von dort aus zu einem weiteren schrägen Schacht, an dessen Ende Ford ganz kurz Licht aufblitzen sah – das rasch wieder verdeckte Glitzern eines einzelnen Sterns am Nachthimmel. Ford folgte Eddy und dessen Mob durch einen tiefen, steilen Riss im Gestein hinaus auf die nächtliche Mesa. Es stank nach brennendem Benzin und Rauch. Der gesamte östliche Horizont stand in Flammen. Rötlich schwarze Rauchwolken ballten sich vor dem Himmel zusammen und verdeckten den Mond. Der Boden bebte und grollte in einem fort, und hin und wieder schoss eine Flamme dreißig, vierzig Meter hoch gen Himmel wie ein blutrotes Banner in der Nachtluft.

»Dort hinüber!«, schrie Eddy. »Aufs offene Feld!«

Sie überquerten ein ausgetrocknetes Bachbett und blieben in einer breiten, sandigen Senke stehen, die von einer riesigen, verdorrten Pinyon-Kiefer in der Mitte beherrscht wurde. Ford gelangte endlich nah genug an Kate heran, um sie zu fragen: »Geht es dir gut?«

»Ja, aber Julie und Alan sind tot – verschüttet.«

»Ruhe!«, brüllte Eddy. Ruhig trat er vor die Menge hin. Ford staunte über seine Verwandlung. Er wirkte gelassen und selbstsicher und bewegte sich bedächtig. In seinem Gürtel steckte ein 44er Ruger Magnum Blackhawk. Er ging gewichtig vor der Menge auf und ab, drehte sich dann um und hob eine Hand. »Der Herr hat uns aus der Knechtschaft Ägyptens geführt. Lobet den Herrn.«

Seine Herde, ein paar Dutzend Anhänger, erwiderte donnernd: »GELOBT SEI DER HERR!«

Eddy beugte sich über den am Boden liegenden Wissenschaftler, der gerade zu sich kam und die Augen öffnete.

»Stellt ihn auf die Füße«, befahl Eddy ruhig. Er deutete auf Ford, Innes und Cecchini. »Haltet ihn gut fest.«

Sie bückten sich, richteten Hazelius auf und stellten ihn so sacht wie möglich auf sein gesundes Bein. Ford fand es erstaunlich, dass der Mann überhaupt noch am Leben war, und sogar wieder bei Bewusstsein.

Eddy wandte sich an die Menge. »Seht ihm ins Gesicht – dies ist das Antlitz des Antichrist.« Er ging im Kreis um das Grüppchen herum, und seine Stimme dröhnte: »Und das Tier ward gegriffen und mit ihm der falsche Prophet, der die Zeichen tat vor ihm. Lebendig wurden diese beiden in den feurigen Pfuhl geworfen, der mit Schwefel brannte.«

Ein gedämpfter Donnerschlag ließ in der Ferne einen Feuerball in die Luft schießen, der sein unheimliches Glühen bis hierher verbreitete. Eddys hageres Gesicht wurde kurz von dem orangeroten Licht seitlich erhellt, so dass seine schwarzen, hohlen Wangen und die tiefeingesunkenen Augen noch düsterer wirkten. »Freue dich über sie, denn Gott hat euer Urteil an ihr gerichtet!«

Die Menge jubelte, doch Eddy hob sogleich die Hände. »Soldaten des Herrn, dies ist ein ernster Augenblick. Wir haben den Antichrist und seine Jünger gefangen genommen, und nun erwartet uns alle das Gericht Gottes.«

Hazelius hob den Kopf. Zu Fords Erstaunen fixierte Hazelius Eddy mit einem arroganten, verächtlichen Lächeln – halb Grinsen, halb Grimasse – und sagte: »Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche, Prediger, aber der Antichrist hat noch ein paar antiklimaktische Worte an Ihre geschätzte Herde zu richten.«

Eddy hob die Hände. »Der Widerchrist spricht.«

Hazelius versuchte fortzufahren. Eddy trat einen Schritt näher. »Welche Blasphemie kommt dir jetzt noch über die Lippen, Antichrist?«

Hazelius hob den Kopf, und seine Stimme klang nun kräftiger. »Halten Sie mich«, sagte er zu Ford. »Lassen Sie mich bloß nicht fallen.«

»Ich weiß nicht, ob das so klug ist«, flüsterte Ford ihm ins Ohr.

»Warum nicht?«, flüsterte Hazelius grimmig. »Wenn schon, denn schon.«

»Der Antichrist will sprechen«, wiederholte Eddy, und in seiner ruhigen Stimme schwang Ironie. »Hört zu, Soldaten Christi, vernehmt die Worte des falschen Propheten.«

74

Von einem hohen Sandsteinfelsen aus suchte Begay mit dem Fernglas den Horizont ab. Es war halb drei Uhr morgens.

»Da sind sie. Sie drängen sich da auf der kleinen Wiese zusammen, völlig verängstigt.«

»Gehen wir sie holen«, sagte Becenti.

Doch Begay rührte sich nicht. Er richtete das Fernglas nach Osten. Die Ostspitze der Mesa war fort – abgesprengt. Um das gähnende Loch herum breiteten sich riesige Trümmerfelder aus, Geröll, brennende Kohle, verbogenes Metall, und ganze Bäche einer brennenden Flüssigkeit rannen hinab in die vertrockneten Bachbetten, wie Lava aus einem Vulkan. Die gesamte Ostseite der Mesa brannte, Qualm und Flammen quollen aus Löchern im Boden und schlugen hoch in die Luft. Hin und wieder fing eine Pinyon-Kiefer oder ein Wacholder auf der Mesa Feuer und leuchtete wie ein einsamer Weihnachtsbaum in der Nacht. Obwohl der Wind den Rauch von ihnen wegblies, breiteten sich die Feuer rasch in ihre Richtung aus, und, von unterirdischen Quellen gespeist, brachen immer neue Brände aus. Ab und zu war eine Explosion zu hören, Staub und Flammen schossen hoch, die Erde bebte und brach dann unter einer gewaltigen Wolke aus schwarzem Staub und Rauch einfach ein. Nakai Valley brannte, der alte Handelsposten und die Häuser standen in Flammen, ebenso das wunderschöne Pappelwäldchen. Ein Teil des Flugplatzes war bei der ersten großen Explosion zerstört worden und mit der einstürzenden Bergflanke weggebrochen.