117.Nun vermuten Sie wahrscheinlich, ich hätte sofort das Buch gepackt, betrachtet, gelesen. Keineswegs! Erst wollte ich die Vorlust auskosten, dass ich ein Buch bei mir hatte, die künstlich verzögernde und meine Nerven wunderbar erregende Lust, mir auszuträumen, welche Art Buch dies gestohlene am liebsten sein sollte: sehr eng gedruckt vor allem, viele, viele Lettern enthaltend, viele, viele dünne Blätter, damit ich länger daran zu lesen hätte. Und dann wünschte ich mir, es sollte ein Werk sein, das mich geistig anstrengte, nichts Flaches, nichts Leichtes, sondern etwas, das man lernen, auswendig lernen konnte, Gedichte, und am besten – welcher verwegene Traum! – Goethe oder Homer. Aber schließlich konnte ich meine Gier, meine Neugier nicht länger verhalten. Hingestreckt auf das Bett, so dass der Wärter, wenn er plötzlich die Tür aufmachen sollte, mich nicht ertappen könnte, zog ich zitternd unter dem Gürtel den Band heraus.
118.Der erste Blick war eine Enttäuschung und sogar eine Art erbitterter Ärger (первый взгляд на нее не просто разочаровал меня, я даже ужасно рассердился: «был разочарованием и даже в каком-то роде озлобленным раздражением»; erbittern – ожесточать, озлоблять): Dieses mit so ungeheurer Gefahr erbeutete, mit so glühender Erwartung aufgesparte Buch war nichts anderes als ein Schachrepetitorium, eine Sammlung von hundertfünfzig Meisterpartien (эта книга, добывая которую я подвергался такой чудовищной опасности, и которая породила такие пылкие надежды: «которую я приберегал /для чтения/ с таким пылким ожиданием», оказалась всего лишь пособием по игре в шахматы, сборником ста пятидесяти шахматных матчей, сыгранных крупнейшими мастерами; die Beute – добыча, трофей; glühen – накаляться, гореть, пылать; das Schachrepetitorium; sparen – сберегать, экономить). Wäre ich nicht verriegelt, verschlossen gewesen, ich hatte im ersten Zorn das Buch durch ein offenes Fenster geschleudert (если бы я не был заперт на все засовы, не находился в закрытом пространстве, я бы выбросил эту книгу в припадке дикой ярости в открытое окно; verriegeln – запирать /назасов/, замыкать; der Riegel – задвижка, засов; verschließen – запирать /назамок/, блокировать; der Zorn), denn was sollte, was konnte ich mit diesem Nonsens beginnen (поскольку, ну как я должен был, как я мог использовать эту ерунду; der Nonsens)? ich hatte als Knabe im Gymnasium wie die meisten anderen mich ab und zu aus Langeweile vor einem Schachbrett versucht (еще будучи мальчишкой, в гимназии, как и многие другие я изредка играл в шахматы просто от скуки; die Langeweile; versuchen – пробовать, пытаться). Aber was sollte mir dieses theoretische Zeug (но для чего нужна была мне эта теоретическая ерунда; das Zeug)? Schach kann man doch nicht spielen ohne einen Partner und schon gar nicht ohne Steine, ohne Brett (но в шахматы нельзя играть без партнера, а тем более без фигур и без доски; der Stein – /шахм./ фигура). Verdrossen blätterte ich die Seiten durch, um vielleicht dennoch etwas Lesbares zu entdecken, eine Einleitung, eine Anleitung (раздосадованный я перелистывал страницы, в надежде найти хоть что-нибудь для чтения, какое-нибудь введение или пояснение; verdrießen – сердить, раздражать, огорчать; lesbar – разборчивый, четкий); aber ich fand nichts als die nackten quadratischen Diagramme der einzelnen Meisterpartien und darunter mir zunächst unverständliche Zeichen, a2 – a3, Sf1 – g3 und so weiter (но я не нашел ничего, кроме ровных квадратных таблиц, воспроизводящих партии мастеров, с их непонятными для меня значками, «a2 – a3», «Sf1 – g3» и так далее; nackt – голый, нагой; das Diagrámm – диаграмма, схема; das Zeichen).
118.Der erste Blick war eine Enttäuschung und sogar eine Art erbitterter Ärger: Dieses mit so ungeheurer Gefahr erbeutete, mit so glühender Erwartung aufgesparte Buch war nichts anderes als ein Schachrepetitorium, eine Sammlung von hundertfünfzig Meisterpartien. Wäre ich nicht verriegelt, verschlossen gewesen, ich hatte im ersten Zorn das Buch durch ein offenes Fenster geschleudert, denn was sollte, was konnte ich mit diesem Nonsens beginnen? ich hatte als Knabe im Gymnasium wie die meisten anderen mich ab und zu aus Langeweile vor einem Schachbrett versucht. Aber was sollte mir dieses theoretische Zeug? Schach kann man doch nicht spielen ohne einen Partner und schon gar nicht ohne Steine, ohne Brett. Verdrossen blätterte ich die Seiten durch, um vielleicht dennoch etwas Lesbares zu entdecken, eine Einleitung, eine Anleitung; aber ich fand nichts als die nackten quadratischen Diagramme der einzelnen Meisterpartien und darunter mir zunächst unverständliche Zeichen, a2 – a3, Sf1 – g3 und so weiter.
119.Alles das schien mir eine Art Algebra, zu der ich keinen Schlüssel fand (все это мне казалось чем-то вроде алгебраических формул: «своего рода алгеброй», к которым я не имел ключа; die Algebra – алгебра). Erst allmählich enträtselte ich, dass die Buchstaben a, b, c für die Längsreihen, die Ziffern 1 bis 8 für die Querreihen eingesetzt waren und den jeweiligen Stand jeder einzelnen Figur bestimmten (только постепенно я сумел расшифровать, чтобы буквы «a», «b», «c» обозначали вертикальные ряды, а цифры от «1» до «8» – горизонтальные, и что они указывали на положение в данный момент каждой отдельной фигуры; das Rätsel – загадка; einsetzen – вставлять, применять, использовать, заменять; der Stand; bestimmen – устанавливать, определять); damit bekamen die rein graphischen Diagramme immerhin eine Sprache (таким образом эти чисто графические диаграммы приобретали все-таки какой-то смысл; die Sprache – язык, речь). Vielleicht, überlegte ich, könnte ich mir in meiner Zelle eine Art Schachbrett konstruieren und dann versuchen, diese Partien nachzuspielen (может быть, размышлял я, если мне удастся смастерить в моей камере подобие шахматной доски, то я смогу разыграть эти партии; nachspielen – переигрывать, повторять, игратьпослуху); wie ein himmlischer Wink erschien es mir, dass mein Bettuch sich zufallig als grob kariert erwies (божественным знаком мне показалось то, что случайно моя простынь оказалась клетчатой: «в крупную клетку»; der Wink; der Himmel – небо, небосвод; das Bettuch). Richtig zusammengefaltet, ließ es sich am Ende so legen, um vierundsechzig Felder zusammenzubekommen (правильно собранная, она в конце сложилась таким образом, чтобы получилось шестьдесят четыре квадрата; zusammenfalten – складывать). Ich versteckte also zunächst das Buch unter der Matratze und riss nur die erste Seite heraus (прежде всего, я спрятал книгу под матрас, вырвав только первую страницу; herausreißen). Dann begann ich aus kleinen Krümeln, die ich mir von meinem Brot absparte, in selbstverständlich lächerlich unvollkommener Weise die Figuren des Schachs, König, Königin und so weiter, zurechtzumodeln (потом я принялся из маленьких крошек, которые я смог сэкономить от своего куска хлеба, лепить шахматные фигуры, короля, ферзя и так далее, разумеется, смешным несовершенным образом = результаты, разумеется, были до смешного несовершенны; der Krümel; modeln – придаватьформу, моделировать); nach endlosem Bemühen konnte ich es schließlich unternehmen, auf dem karierten Bettuch die im Schachbuch abgebildeten Positionen zu rekonstruieren (после неимоверных стараний у меня наконец появилась возможность взяться за воспроизведение на клетчатой простыне одной из шахматных позиций, представленных в книге; das Bemühen; endlos – бесконечный, нескончаемый; abbilden – изображать, представлять, отображать; unternehmen – предпринимать).