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Eine Kaih, die sich in einem menschlichen Körper inkarniert hat. Finstere Zeiten, in der Tat. Mr. Nandha kann sich nicht vorstellen, welche fremdartige, unmenschliche Intrige hinter diesem Verbrechen an einer Menschenseele steht. Er will es sich gar nicht vorstellen. Wissen kann der Weg zum Verständnis sein und Verständnis der Weg zur Toleranz. Für manche Dinge kann es keine Toleranz geben. Er wird die Missgeburt auslöschen, und alles wird wieder gut sein. Alles wird wieder in Ordnung kommen.

Als die Pilotin zwischen Hanuman und Ganesha hindurchfliegt, leuchtet ein einsamer Stern in Mr. Nandhas Sichtfeld vor der Spitze des Wasserturms. Sein Finger deutet hinunter auf den mit Regenpfützen übersäten Strand. Die Pilotin zieht die Nase hoch und schwenkt die Triebwerke. Sadhus und Swamis fliehen von ihren Müllfeuern und drohen dem vom Himmel herabsteigenden Ding mit knochigen Fäusten. Wenn ihr sehen würdet, was ich sehe, denkt Mr. Nandha und löst seinen Sitzgurt.

»Chef«, ruft Vik, während er sich durch die Kabine vorkämpft, »wir registrieren einen enormen Verkehr zum internen Netzwerk von Ray Power. Ich glaube, das ist unsere Gen-Drei.«

»Zu gegebener Zeit«, sagt Mr. Nandha mit leicht tadelndem Tonfall. »Eins nach dem anderen. So müssen Dinge erledigt werden. Wenn wir hier unsere Arbeit beendet haben, werden wir uns um Ray Power kümmern.«

Er hält die Waffe einsatzbereit in der Faust und springt auf den Sand am Fuß der Rampe. Der Himmel wimmelt von Göttern.

So viele Menschen. Kij hält sich am verrosteten Geländer fest; von den Massen auf den Ghats und am Flussufer ist ihr ganz schwindlig. Der Druck ihrer Körper hat sie auf diesen Steg getrieben, als sie auf dem Weg zum Haveli bemerkte, wie ihr der Atem in der Kehle stockte. Kij leert ihre Lungen, wartet und atmet dann langsam durch die Nase ein. Den Mund zum Sprechen, die Nase zum Atmen. Doch der Teppich aus Seelen widert sie an. Die Massen nehmen kein Ende, sie lösen sich schneller voneinander, als sie zu den Verbrennungsghats und zum Fluss gehen können. Sie erinnert sich an die anderen Orte, wo sie unter Menschen war, im großen Bahnhof, am brennenden Zug und anschließend im Dorf, wohin die Soldaten sie alle in Sicherheit brachten, nachdem sie die Maschinen aufgehalten hatte.

Jetzt versteht sie, wie sie das gemacht hat. Sie versteht, woher sie den Namen des Busfahrers auf der Straße in Thekkady wusste, den Namen des Jungen, der in Ahmedabad das Motorrad gestohlen hatte. Es ist eine Vergangenheit, die ihr so nahe und fremd ist wie die Kindheit, ein unauslöschlicher Teil von ihr, aber separat, unschuldig, uralt. Diese Kij ist sie nicht. Sie ist auch nicht die andere Kij, das konvertierte Kind, der Avatar der Götter. Sie hat begriffen, und in diesem Moment der Erleuchtung wurde sie im Stich gelassen. Die Götter konnten zu viel Menschlichkeit nicht ertragen. Und nun ist sie eine dritte Kij. Keine Stimmen und Weisheiten mehr in Straßenlampen und Taxiständen — das, so wird ihr nun klar, waren die Kaihs, die durch das Fenster ihrer Tilaka in ihre Seele flüsterten. Jetzt ist sie eine Gefangene in diesem Knochenkerker, genauso wie jedes andere Leben dort unten am Fluss. Sie ist gefallen. Sie ist Mensch geworden.

Dann hört sie das Flugzeug. Sie blickt auf, während es sich tief und schnell über die Tempeltürme und Dächer der Havelis nähert. Sie sieht zehntausend Menschen, die gleichzeitig zusammenzucken, aber sie bleibt stehen, weil sie weiß, was es ist. Eine letzte Erinnerung daran, dass sie etwas anderes als ein menschliches Wesen ist, ein letztes göttliches Flüstern, das Gotteslicht, das im Mikrowellensummen der kosmischen Hintergrundstrahlung verblasst, verrät es ihr. Sie beobachtet, wie das Flugzeug auf dem festgetrampelten Sand niedergeht und die Aschefeuer der Sadhus zu Funken verweht, und sie weiß, dass es ihretwegen gekommen ist. Sie läuft los.

Mit flinken Handzeichen weist Mr. Nandha seinen Trupp an, die Ghats zu räumen und die Ausgänge zu versperren. Aus dem Augenwinkel bemerkt er, dass Vik sich zurückfallen lässt, immer noch in der Straßenkleidung, die er schon während der nächtlichen Kämpfe getragen hat, verschwitzt und verschmutzt an diesem feuchten Monsunmorgen. Vik ist unsicher und ängstlich. Er macht sich einen Vermerk, dass er Vik wegen ungenügendem Eifer eine Rüge erteilen will. Wenn der Fall abgeschlossen ist, wenn er für eine strengere Führung sorgen wird. Mr. Nandha schreitet über den feuchten weißen Sand.

»Achtung, Achtung!«, ruft er mit erhobener Vollmacht. »Dies ist eine Sicherheitsaktion des Ministeriums. Bitte leisten Sie unseren Beamten jede erdenkliche Hilfe. Ihnen droht keine Gefahr.« Aber es ist die Waffe in seiner rechten Hand, nicht die Vollmacht in der linken, die die Menschen zurückweichen lässt. Eltern zerren ihre neugierigen Kinder fort, Ehefrauen drängen ihre Ehemänner aus dem Weg. Für Mr. Nandha ist das Dasashvamedha Ghat eine mit Geistern gepflasterte Arena, die von göttlichen Zuschauern umringt wird. Er stellt sich vor, dass ihre hohen, riesigen Gesichter lächeln. Er richtet seine Aufmerksamkeit auf den kleinen leuchtenden Punkt in seinem verstärkten Sichtfeld, sternenförmig jetzt, das Pentagramm der menschlichen Gestalt. Die Kaih entfernt sich von ihrem Aussichtspunkt auf dem Wasserturm. Sie ist nun auf dem Laufsteg. Mr. Nandha rennt los.

Die Menge duckte sich beim Überflug des Senkrechtstarters, und Lisa Durnau tat dasselbe. Und während sie zu Kij auf dem Turm hinaufblickt, spürt sie, wie Thomas Lulls Finger durch ihre gleiten und sich von ihr lösen. Die Körper schließen sich um ihn. Er ist fort.

»Lull!« Nach nur wenigen Schritten ist er völlig verschwunden, absorbiert von der Bewegung der farbenfrohen Salwars und Jacken und T-Shirts. In aller Öffentlichkeit verborgen. »Lull!« Unmöglich, dass er sie im Lärm des Dasashvamedha Ghat hört. Plötzlich empfindet sie größere Klaustrophobie als im steinernen Geburtskanal von Darnley 285. Allein in der Menge. Sie bleibt stehen, atmet keuchend im Regen. »Lull!« Sie blickt zum Wasserturm am oberen Ende der versetzten Steintreppen hinauf. Kij steht immer noch am Geländer. Wo sie ist, wird auch Lull sein. Keine Zeit für westliche Nettigkeiten. Lisa Durnau kämpft sich mit den Ellbogen durch die wimmelnde Menge.

In der Lade ist sie unschuldig, in der Lade weiß sie nichts, sieht sie nichts, in der Lade ist sie eine Jugendliche, die von hoch oben auf eins der größten Wunder der Menschheit herabblickt.

»Lassen Sie mich durch, lassen Sie mich durch!«, ruft Thomas Lull. Er sieht, wie der Senkrechtstarter, ähnlich einer Gottesanbeterin, das Fahrwerk ausklappt und auf dem Sandstreifen niedergeht. Er sieht die Wellen des Unmuts, die sich durch die Menge ausbreiten, als die Soldaten die Leute zurückdrängen. Von seinem höheren Standpunkt auf dem Ghat sieht er, wie die blasse Gestalt über den geräumten Marmor vorrückt. Das ist der vierte Avatar des Tabernakels. Das ist Nandha, der Krishna-Cop.

Es gibt eine Geschichte von Kafka, erinnert sich Lull im Wahnsinn seiner äußersten Anstrengung, über einen Boten, der eine Gnadenbotschaft vom Kaiser zu einem Untertanen bringt. Obwohl der Bote über alle Siegel und Vollmachten und Machtwörter verfügt, schafft er es nicht, den Palast zu verlassen, weil das Gedränge zu groß ist. Er kommt nie durch die Menge, um die lebenswichtige Nachricht zu überbringen. Also bleibt sie ungesagt — zumindest in Lulls Erinnerung aus seiner paranoiden Zeit.