Выбрать главу

Du kennst deine Sachen. Du kannst dein Material vorwärts- und rückwärtsspielen, auf Englisch, auf Hindi, auf dem Kopf, als Blumenkohl verkleidet. Du kennst die Aufhänger und die Steigerungen, du hast deine drei aktuellen Themen, du weißt, wo du improvisieren und dann einen drauflegen kannst, ohne den Gang zu wechseln. Du kannst einen Zwischenrufer mit einem einzigen Schuss erledigen. Heute Abend würden sie über eine Katze hinter dem Mikro lachen, also warum fühlst du dich, als würde eine Faust in deinem Hintern stecken und dir langsam die Eingeweide herausziehen? Das heimische Publikum ist immer am schwierigsten, und heute haben sie die Macht. Daumen hoch, Daumen runter, stimm ab mit deiner Stimme in der Glasgower Hitze des Funny-Ha-Ha-Wettbewerbs. Es ist die erste Hürde für Edinburgh und einen Perrier Award, aber es ist immer die erste, über die man stolpert.

Jetzt zieht der Conférencier die langsame Steigerung durch. Die Leute rechts klatschen in die Hände. Die Leute links pfeifen durchdringend auf zwei Fingern. Die Leute auf der Galerie lassen ein gigantisches Gebrüll vom Stapel. Für. Mr. Vishram! Raaaayyy! Dann ist er draußen, rennt auf das grelle Bühnenlicht zu, dem Tosen des Publikums und seiner metallenen Mätresse entgegen, dem schlanken Stahltorso des einsamen Mikrofons.

Mit seinem Partyauge sieht er, wie sie ihren Mantel am Eingang abgibt, und beschließt: Ich werde es auf einen Versuch ankommen lassen. Erdmännchen machen. Den Kopf hoch erhoben, nach links und rechts schauen, alles im Blick behalten. Sie bewegt sich im Uhrzeigersinn durch den Raum auf die Bar zu. Ihr Kopf dreht sich in die andere Richtung, während sie durch den Dschungel aus Körpern navigiert. Sie ist unter Freunden, der furchteinflößende Profi, sie ist eins mit ihrem Körper, aber wenn man versucht, sie zu berühren, ist sie die Plumpe, die alles mitmachen wird. Er kann sie ausstechen, sie aufreißen. Vishram achtet auf das genaue Timing und erreicht die Theke einen Sekundenbruchteil vor ihr. Das Barmädchen blickt zweimal auf, nach links und rechts.

»Oh, Entschuldigung, Sie waren zuerst hier«, brüllt Vishram.

»Nein, Sie waren vor mir ...«

»Nein, nein, machen Sie nur ...«

Glasgower Akzent. Es ist immer gut, sich mit Einheimischen einzulassen. Sie trägt ein Top mit Rückenriemen und V-Ausschnitt und Hüfthosen, die so tief geschnitten sind, dass er die doppelte Rundung ihres sportlichen Hinterns sehen kann, als sie sich über die Theke beugt, um dem Barmädchen eine Bestellung zuzubrüllen.

»Kommen Sie, ich übernehme das.« Und zum Barmädchen: »Legen Sie noch einen Black Dog mit Wodka drauf.«

»Eigentlich sollten wir Ihnen einen ausgeben ...«, schreit sie ihm ins Ohr. Er schüttelt den Kopf, wagt einen Blick in die Runde, um zu sehen, ob seine Kumpels ihn beobachten. Sie tun es.

»Ich bin dran. Ich bin gut gelaunt.«

Die Flaschen kommen. Sie reicht sie an ihre Freunde weiter, die sich hinter ihr aufgestellt haben, und stößt mit ihnen an.

»Herzlichen Glückwunsch. Sind Sie jetzt weitergekommen?«

»Zum Finale in Edinburgh, ja. Danach Ruhm, Reichtum, meine eigene Sitcom ...« Zeit für Manöver eins. »Hören Sie, ich verstehe meine eigenen Gedanken nicht mehr, und ein geistreiches und brillantes Gespräch ist hier praktisch unmöglich. Könnten wir etwas von den Lautsprechern weggehen?«

In der Nische neben dem Zigarettenautomaten unter der Galerie ist es nur unwesentlich leiser als anderswo auf der Party, aber hier sind sie weiter weg von ihren Freunden, hier ist es dunkler.

»Ich habe für Sie gestimmt«, sagt sie.

»Danke. Dann bin ich Ihnen wirklich einen Drink schuldig. Tut mir leid, ich habe Ihren Namen nicht verstanden.«

»Ich hatte ihn noch gar nicht verraten«, sagt sie. »Anye.«

»Anye, ein guter ...«

»Gälischer.«

»Ja, ein guter gälischer Name. Gute gälische Gediegenheit.«

»Dafür können Sie sich bei meinen Eltern bedanken. Gute gediegene Gälen, alle beide. Wissen Sie, ich glaube, dass Bharat und Schottland sehr viel gemeinsam haben. Allein schon als neue Nationen.«

»Trotzdem glaube ich, dass wir Sie locker schlagen können, wenn es um gute altmodische religiöse Gewalt geht.«

»Sie haben offensichtlich noch kein Old-Firm-Derby gesehen.«

Während Anye redet, ist Vishram um sie herumgegangen und hat ihr den Zugang zur Tanzfläche und zu ihren Freunden versperrt. Als Manöver zwei — Isolation — abgeschlossen ist, geht er zu Manöver drei über. Er gibt vor, die Musik wiederzuerkennen.

»Das gefällt mir.« Er verabscheut es, aber es ist ein guter gediegener 115er. »Lust auf ein klein wenig Abrocken?«

»Ich hätte große Lust auf ein klein wenig Abrocken«, sagt sie und kommt aus der Nische auf ihn zu, ein leichtes Leuchten in den Augen. Fünf Tänze später hat er erfahren, dass sie im Hauptfach Jura an der Glasgow U studiert, aktives Mitglied der Schottischen Nationalpartei ist und Berge und neue Nationen mag. Außerdem geht sie gern mit ihren Kumpels aus und anschließend ohne sie nach Hause. Das klingt für Vishram Ray einwandfrei, also gibt er ihr einen weiteren Drink aus. Ihre Freunde haben sich zu einem verdrießlichen Haufen am Ende der Theke versammelt, nicht weit von den Damentoiletten entfernt. Er kippt seinen Drink schnell und unanständig hinunter, dann zerrt er sie für ein paar weitere Runden auf die Tanzfläche. Sie tanzt schwerfällig, aber enthusiastisch mit Armen und Beinen. Er mag es drall. Als der Rhythmus mit einer Mid-Tempo-Nummer einen Gang runtergeschaltet wird, ruft seine Hüfttasche seinen Namen. Doch er hört nicht darauf.

»Wollen Sie nicht rangehen?«

Er zieht den Palmer hervor und hofft, dass es jemand ist, der mit ihm über Comedy reden will. Leider nein. Vishram, hier ist Shastri. Nicht jetzt, alter Diener. Jetzt auf gar keinen Fall.

Aber allmählich langweilt ihn die Party. Zeit für Manöver vier.

»Willst du hierbleiben, oder wollen wir noch woanders hingehen?«

»Wie du meinst«, sagt sie.

Richtige Antwort.

»Hättest du Lust, auf einen winzig kleinen Kaffee mit zu mir zu kommen?«

»Ja«, sagt sie. »Sehr gerne.«

Draußen auf der Byres Road hängt immer noch das Blau der magischen Stunde über den Dächern. Die Autoscheinwerfer wirken unnatürlich, theatralisch, wie eine Nachtszene, die bei Tage gedreht wird. Das Taxi zeitlupt durch ein mitternächtliches Zwielicht. Anye ist ihm auf dem großen Ledersitz ganz nah. Vishram schiebt eine Hand rüber. Sie lehnt sich zurück, um vorn ihre Hüfthose zu öffnen. Er hakt sich unter das Gummiband des Höschens. Manöver fünf.

»Witziger Kerl«, sagt sie und führt seine Finger.

Der goldene Stein der Mietshäuser scheint im Halbdunkel zu leuchten. Vishram spürt die gespeicherte Wärme des Mauerwerks auf dem Gesicht. Vom Park weht der Geruch nach gemähtem Gras herüber.

»Nett hier«, sagt Anye. »Teuer.«

Vishram hat immer noch seine Hand in ihrer Hose und führt Anye mit seinem heißen Finger die Treppe hinauf. Seine Hüften, sein Atem, seine Bauchmuskeln sagen ihm, dass er sie groß, schwer und nackt auf seinem Fußboden nehmen wird. Er wird herausfinden, welche Laute sie von sich gibt. Er wird den Dreck in ihrem Kopf sehen, die Dinge, die ein anderer Körper ihr antun soll. In einem Anfall von Begehren stürzt Vishram fast durch die Tür. Sein Fuß schießt das Ding, das dahinter auf ihn wartet, quer durch den Flur. Er überlegt, es einfach liegen zu lassen. Die automatische Beleuchtung erhellt das grüne und silberne Logo der Company.

»Nur eine winzig kleine Sekunde.«

Seine Proto-Erektion lässt bereits nach.

Der Plastik-Briefumschlag höchster Priorität ist an Vishram Ray adressiert, Apartment 1a, 22 Kelvingrove Terrace, Glasgow, Schottland. Ihm wird leicht übel. Ernüchtert und enterigiert öffnet Vishram den Umschlag. Drinnen befinden sich zwei Gegenstände, ein Brief von Shastri, dem runzligen Bediensteten, und ein Ticket von Glasgow über Heathrow nach Varanasi, erste Klasse, ohne Rückflug.