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Sie dachte darüber nach.

»Aber was ist mit den Männern? Sie werden nicht untätig zusehen, während sich das alles abspielt. Sie werden doch gewiß versuchen, das schwelende Feuer zu zertreten.«

»Hm… da überschätzen Sie sie«, erklärte der Computer. »Sie haben im Lauf der Jahre so wenig getan, daß sie ohne die Hilfe der Frauen kein Bad nehmen könnten. Wer bereitet ihre ganze Nahrung zu? Frauen. Tun Sie das in die Nahrung wichtiger Leute — das übel aussehende Gebräu sollte getarnt werden können, denke ich.«

Wieder fiel ihr etwas ein.

»Obie, was wird der Trank bei den Männern bewirken? Überhaupt etwas?«

»Er ist von zweifacher Wirkung«, teilte er mit. »Es bedarf nur einiger der Zutaten, um die Wirkung bei den Frauen hervorzurufen. Die anderen…? Drücken wir es so aus. Angenommen, die Dinge würden auf den Kopf gestellt werden. Angenommen, sie könnten wochenlang euch nicht aushalten und dann einige Tage lang nicht ohne euch auskommen? Ich meine, ein, zwei Abläufe dieser Art, und die Männer würden euch aus der Hand fressen.«

»Manche Matriarchen werden der Meinung sein, das genüge«, betonte sie. »Sie werden das Mittel vielleicht nur bei den Männern anwenden.«

»Ich kann nicht alles machen«, gab er zurück. »Sie müssen schon auch etwas tun, wissen Sie. Ein Teil ist natürlich politischer Art. Außerdem brauchen Sie die derzeitige Bevölkerungsmenge nicht. Sie brauchen nur die Neuzugänge, die auftauchen werden. Man sollte einen geeigneten Kompromiß finden können. Kein Grund, warum Awbri unseren Krieg führen sollte — aber wenn sie mithelfen wollen, sind sie willkommen. Dieser Teil ist Ihre Sache.«

Das klang vernünftig. Es gab nur noch eine weitere Frage, die sich aber aufdrängte.

»Obie, was geschieht, wenn uns trotz aller Vorsichtsmaßnahmen das Zeug ausgeht? Unterwegs, meine ich. Wie sähen die Entzugserscheinungen aus?«

»Unerfreulich«, sagte er ernsthaft. »Physisch wäre das zunehmend schmerzhaft, beinahe unerträglich. Der Stoff ersetzt nämlich vom Körper auf natürlichem Weg erzeugte Hormone. Der Körper hört als Reaktion darauf auf, sie hervorzubringen. Die Entziehung könnte einen Zusammenbruch hervorrufen, da sie schneller eintritt, als der Körper das verkraften und nicht nur die Hormone ersetzen, sondern auch die Zellenzyme beisteuern kann, die als Nebenwirkung der Droge ersetzt werden. Nach einigen Tagen würde er versagen und wieder überreagieren. Die ›Zeit‹ würde dann mit voller Kraft einsetzen, aber diesmal für sehr lange Zeit. Je nach Körper, Konstitution und dergleichen könnte es Wochen dauern. In wenigen Fällen würde sie nie verschwinden. Es besteht also ein Risiko.«

Sie fröstelte, und in ihr wunderte sich etwas darüber, daß man in einem solchen Traum frösteln konnte. Aber das war ein schrecklicher Gedanke — für jemanden, der das durchgemacht hatte, erst recht —, ewig in einer solchen Brunst zu sein.

»Das ist alles«, teilte Obie heiter mit. »Wenn ich Ihnen in Zukunft behilflich sein kann, tauche ich vielleicht wieder auf diese Weise auf. Ich habe für alle Fälle eine Reihe von Not-Situationen und möglichen Lösungen in Ihr Gehirn eingepflanzt, so daß wir uns vielleicht wieder begegnen. Aber hoffen wir, daß das nicht der Fall sein wird, denn wenn es dazu kommt, heißt das, daß wir vor schweren Problemen stehen.«

Yua fuhr aus dem Schlaf hoch und schaute sich um. Die anderen waren noch da und schnarchten. Es war noch nicht Morgen. Wie lange hat der ganze Traum gedauert? dachte sie. Wahrscheinlich nicht sehr lange — wenn er überhaupt Zeit in Anspruch genommen hatte. Sie ließ sich auf ihren Strohsack zurücksinken und versuchte sich zu beruhigen. Morgen hatte sie viel zu tun, sie brauchte ihren Schlaf. Zuerst würde sie an einem Komposthaufen arbeiten und später mit einer alten Frau darüber sprechen, wie man ihre ganze Gesellschaftsform untergraben könnte…

Dillia

In Dillia war Vorfrühling, die schönste Zeit des Jahres. Die Luft war warm, die Sonne hell und strahlend, obwohl von den hohen Bergen im Westen ab und zu eine kühle Brise herüberstrich, die manchmal wie sanftes, seidiges Streicheln wirkte.

Mavra Tschang war lange Zeit stehengeblieben und hatte auf das Spiegelbild im Fluß geblickt, eins mit den Vögeln, kleinen Wassertieren, dem Wind und dem Rauschen eines nahen Wasserfalles, eins mit ihren Gedanken. Es war natürlich nicht ihr Spiegelbild, aber das hatte sie nach dem Durchgang durch den Schacht auch nicht erwartet — und trotzdem wußte sie, daß es doch ihr Spiegelbild war, nicht nur, wie sie jetzt war, sondern auch, wie sie hätte sein können, gewesen wäre, hätten nicht die Ereignisse in ihrem Leben vor so langer Zeit eine so seltsame Wendung genommen. Nicht die sehr kleine, zierlich gebaute Orientalin, in die sie von den Gassenchirurgen verwandelt worden war, um sie vor ihren Feinden zu tarnen, aber gleichzeitig alle Verbindungen mit ihrer frühen Kindheit und Herkunft löschend, sondern statt dessen so, wie es hätte gewesen sein können, wäre ihre Heimatwelt nicht in die Hände der diktatorischen Technokratie gefallen, die damals die Kom-Welten darstellte.

Orientalin. Das Wort hatte seinen Sinn vor vielen Jahrtausenden verloren, als die Menschheit sich von der Alten Erde zu den Sternen ausgebreitet hatte. Ein Drittel der Menschheit, vielleicht mehr, war von einer Rasse gewesen, und sie hatte sich auf die Suche nach dem Land gemacht, das die Alte Erde ihr nicht mehr bieten konnte, hinaus über wimmelnde, überfüllte Städte und Gemeinschaftsfarmen. Nach einiger Zeit sah fast jeder ein wenig orientalisch aus, und das war eine Art Gleichmacher gewesen; solche, die rein von anderen Menschenrassen abstammten, waren sehr selten gewesen und in jeder Menge aufgefallen. Brazil, natürlich, und die kleine, verstreute, aber muntere Gruppe von Juden auf vielen Welten, und die anderen Andersartigen aus Gründen des rassischen Überlebens aneinander gebunden, wie die Zigeuner. Sehr wenige und sehr selten.

Ihr Gesicht war jetzt ein exotisches, ein Gesicht, das sexy war, nicht eines, das die Rassenvermischung, wie sie auf menschlichen Planeten üblich war, widerspiegelte. Fast niemand dort hatte rein goldblonde Haare, wenn er sie nicht färbte, sowenig wie tiefgründige, eisigblaue Augen, außer mit Kontaktlinsen. Auch ihre Haut war ohne Makel und sehr blaß, obwohl sie wußte, daß sie in der Sonne dunkler werden würde, und ihre Brüste waren groß, viel größer als vorher, und vollkommen geformt. Sie bewegten sich, wenn sie sich bewegte, und das war ihr zumeist bewußt.

Sie war natürlich kein Mensch; nur Gesicht und Rumpf waren es, Erinnerungen an das, was hätte sein können. Der menschliche Teil ging über in die Pferdeform, die dem menschlichen Körper so genau angepaßt war, ebenfalls bedeckt mit kürzeren goldblonden Haaren, mit einem Schweif, der fast weiß war.

Obie hatte sie jetzt schon zum zweitenmal zu einer Zentaurin gemacht, obwohl ihr in einem Winkel ihres Gehirns klar war, daß es diesmal dabei bleiben würde. Sie war lange stehengeblieben, hatte nach einiger Zeit nachgedacht und versucht, die Beweggründe des Computers zu begreifen. Schließlich wurde ihr Blick vom Spiegelbild über der tiefen Stelle abgelenkt zu den nahen Bergen, kalt und dunkelblau, in Wolken gehüllt, die Gipfel von Schnee bedeckt, der nur sehr langsam schmelzen würde. Das war nicht Dillia, wie sie wußte, sondern Gedemondas, das geheimnisvolle Gedemondas, an das nur sie sich erinnerte — und selbst diese Erinnerung war durch Jahrhunderte von Erleben und Dasein verdunkelt. Eine fremdartige, mystische Rasse von Bergbewohnern mit unglaublichen Kräften, die sich aber eremitenhaft in ihren Berghorsten und von Vulkandampf geheizten Höhlen tief unter der stillen Oberfläche verbarg. Ihre Gedankengänge waren — nun, nicht-menschlich war eigentlich der Ausdruck, vermutete sie, während der Rest der südlichen Halbkugel, zumindest die Teile, die sie gesehen hatte, dazu neigte, in vertrauteren Bahnen zu denken, gleichgültig, wie bizarr ihre Erscheinungsformen und Lebensweisen sein mochten. Die Gedemondaner hatten sie einmal gekannt und waren an ihr interessiert gewesen. Vielleicht erneut?