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»Sie wollen sich von Dahbi entfernen?«

Ein kurzes Nicken.

»Gewiß, Eure Heiligkeit. Sie lernen rasch, mit ihren neuen Körpern umzugehen, und übernehmen mit erstaunlicher Schnelligkeit neue Formen und Fähigkeiten.«

»Das war zu erwarten«, stellte Gunit Sangh fest. »Wer dieses Unternehmen geplant hat, kannte die Sechseck-Welt schon vorher. Die Leute sind gründlich unterwiesen worden. Sie wußten, daß sie andere Wesen mit anderen Fähigkeiten werden würden, und erhielten den Auftrag, ihre neuen Erscheinungsformen rasch zu erkunden und sich schnell anzupassen. Sie sind nicht hier als unwissende Kinder, um ein neues Leben zu führen, sie sind hier als ausgebildete Soldaten. Ihr werdet sehen, was ich damit sagen will, meine Brüder. Wir könnten hier unterliegen.«

Bei diesem Gedanken schienen sie ein wenig zu schimmern. Er war für sie so beunruhigend wie für Gunit Sangh.

»Ihr habt sie in Gewahrsam?«

Zilchet antwortete ein wenig verletzt:»Selbstverständlich, Eure Heiligkeit. Jeder, der auftaucht, wird so schnell wie möglich zu einer zentralen Aufnahmestelle gebracht, sorgfältig verhört und dann in Gewahrsam genommen, bis Eure Heiligkeit eine Entscheidung trifft.«

»Meine Entscheidung ist, sie gehen zu lassen«, erklärte der Anführer.

Das erstaunte sie. Ihre geisterhaft weißen Gestalten gerieten in heftige Wallungen.

»Sagt: Sind sie von derselben Rasse? Von derselben Welt?«

Zilchet hatte sich von dem Schlag kaum erholt.

»Ja, Eure Heiligkeit. Dieselben. Erstaunliche Gleichartigkeit, in der Tat, wenn ich das hinzufügen darf.«

»Scheinen sie einander persönlich zu kennen — wie von früher?«

»Nein, das ist nicht zu erkennen. Ich wenigstens habe keinen Hinweis darauf gefunden. Nicht, daß das nicht vorkommen könnte, aber wenn Ihr von einer Bevölkerung mit einer Milliarde oder mehr sprecht, wie wir annehmen, wäre das reiner Zufall.«

Gunit Sangh schien befriedigt zu sein.

»Und sind eure Erkenntnisse so vollständig, daß ihr zulassen könntet, sagen wir, dreihundert Neuzugänge gehen zu lassen, wohin sie wollen — worauf dort vierhundert Neuzugänge ankommen? Die ganze Zeit in enger Verbindung?«

»Vier —« Zilchet schien verwirrt zu sein und ein wenig zu zögern. Plötzlich ging ihm ein Licht auf. »Ah, ich verstehe.« Er dachte darüber nach. »Jedenfalls an der Oberfläche. Ich würde vorziehen, daß sie nicht als Gruppe unterwegs wären. Eine zufällige Begegnung, ja, aber nicht ständiges Beisammensein. Nein. Es gibt zu viele winzige Details. Man könnte so leicht einen Fehler machen, ohne es zu ahnen. Aber wir könnten dreihundert schicken, und einen Tag später weitere hundert, die ihnen folgen. So viele zu präparieren, ist ausgeschlossen, aber wir könnten einige, sagen wir, sechs oder sieben echte Neuzugänge entsprechend einstellen. Sie würden die Gruppe führen und würden bei unserer eigenen Gruppe nichts Auffälliges bemerken. Das könnten wir leicht erreichen, und es sollte funktionieren.«

»Dann machen wir es so«, befahl der Führer. »Wir brauchen einige von unseren Leuten auf ihrer Seite. Wir werden natürlich auch nicht die einzigen sein. Die größte Schwäche seiner Seite ist die, daß sie nicht die wahre Natur jedes einzelnen in ihren Armeen oder ihre Verläßlichkeit kennen kann. Das muß den Leuten bekannt sein. Aber die meisten werden dabeisein als Spione und nicht mehr. Die unseren werden eine andere Aufgabe haben.«

»Und die wäre?« Zilchet war so gepackt, daß er gegen die Regel verstieß, den Führer nicht zu drängen.

Gunit Sangh warf ihm zur Mahnung einen eisigen Blick zu, ließ es aber dabei bewenden. Die Sache war viel zu wichtig, als daß der Elende jetzt dafür hingerichtet werden durfte. Aber Gunit Sangh gedachte sich den Lapsus zu merken.

»Von all den verschiedenen Neuzugängen sind nur wenige nicht von diesem Soldatentyp. Das sind natürlich seine Kommandeure. Eine ganze Reihe. Informationen vom Oberkommando, das Ortega einrichtet, verraten mir jedoch, daß mindestens eine Person darunter für Brazil mehr als ein nützliches Werkzeug bedeutet. Das ist die Frau Mavra Tschang, derzeit eine Dillianerin. Er betrachtet sie als eine Art Blutsverwandte, mit jener seltsamen Anhänglichkeit, die mindere Rassen für dergleichen aufbringen. Ich wünsche, daß unsere Leute sich dort als gute Soldaten auszeichnen, daß sie in Brazils Streitkräften kämpfen, Befehle befolgen, alles tun, was man von ihnen erwartet. Aber wenn es so auszusehen beginnt, als würde Brazil sein Ziel erreichen, wenn der Eindruck entsteht, als bliebe seine Seite siegreich, habe ich für sie eine besondere Aufgabe.«

»Heiligkeit?«

»Niemand kann Brazil direkt beeinflussen, sobald er im Inneren des Schachtes ist. Aber wenn wir diese Mavra Tschang insgeheim außerhalb des Schachtes festhalten, während ich oder einer von uns mit ihm hineingeht, ist das genauso gut.«

»Aber was, wenn er, einmal dort, sich einfach entschließt, sie zu finden und zu befreien?« fragte Zilchet zweifelnd.

»Ich bezweifle ernsthaft, ob irgendein Gehirn, selbst ein markovisches, auf der Sechseck-Welt eine Einzelperson finden könnte, ohne Ort, Bewacher oder Verfassung zu kennen. Ich glaube, Brazil könnte mühelos eine Rasse erschaffen, aber nicht ein Gehirn verändern, bis er alle Einzelheiten kennt. Auf jeden Fall stehen die Aussichten für uns auf diesem Gebiet günstig. Wir haben wahrhaftig nichts zu verlieren.«

Zilchet machte sich immer noch Gedanken, und das war an seinen Wallungen zu erkennen.

Gunit Sangh funkelte ihn grimmig an.

»Also? Was ist?«

»Ich habe mir nur überlegt, wie viele andere Rassen auf genau denselben Gedanken gekommen sein mögen«, erwiderte Zilchet.

»Vermutlich mehrere«, räumte der Führer ein. »Sie wird ein Hauptziel sein, täusche dich da nicht — und aus diesem Grund besonders geschützt werden. Wir müssen dafür sorgen, daß wir diejenigen sind, die sie in die Hand bekommen — natürlich nur, wenn die Militäraktion scheitert. Wenn es nicht dazu kommt, stellt sich die Frage nicht. Wir werden nicht scheitern. Unsere Vorfahren haben uns den wahren Weg gezeigt und werden nicht zulassen, daß wir scheitern.«

Sie neigten sich erneut zum Gebet, und obwohl sie nichts davon ahnten, machten sie selbst ein wenig den Eindruck, religiöse Fanatiker zu sein.

Gedemondas

Es wurde nicht nur rasch kalt, sondern auch steil; die blauweißen Berge, von Dillia aus eine so herrliche und romantische Szenerie, verwandelten sich nur zu bald in eine ganz andere und fremdartige Landschaft. Nach nur wenigen Kilometern schrumpften die Bäume fast völlig zusammen, und der Wald machte nackter Tundra Platz, die lediglich von winterfestem Gras, Moos und Flechten bedeckt war. Selbst das hielt nicht lange vor; drei oder vier Kilometer weiter war das unaufhörlich ansteigende Gelände gefleckt mit nassem, schmutzigem Schnee; überall tosten Wasserfälle; zumeist kleine gab es überall dort, wo sich ein Felsvorsprung oder eine Klippe zeigte; allerorten schlängelten sich Rinnsale. Mit je fünfhundert Meter, die sie hinaufstiegen, wurde es um ungefähr zwei Grad kälter — und die Wege führten stets bergan.

Mavra begann im Verlauf des Marsches den Zentaurenkörper besser zu würdigen. Er besaß ganz gewiß mehr Kraft für solches Steigen und konnte außerordentlich schwere Lasten an Vorräten auf dem Pferderücken tragen, wenn sie gut verteilt waren. Sie trug zuerst eine weite Jacke, tauschte diese aber gegen eine dickere, nerzartige Pelzjacke und zog eine Strumpfmaske aus Pelz und dicke, lederartige Handschuhe mit Pelzfütterung über. Während der Pferdekörper der Dillianer durch zarte, jedoch dichte Behaarung und Fettschichten die Kälte abwehrte und Wärme speicherte, hielten die menschlicheren Teile kaum mehr aus als ihre frühere Haut und brauchten starken Schutz.