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Hinter den beiden flammte Licht auf.

Sangh sah es und brüllte vor Wut auf. Er ging auf sie los, und beinahe reflexartig schoben sie sich zurück in die Äquatorbarriere, schoben sich hinein und gelangten hindurch in den Schacht der Seelen, bevor sie auch nur begriffen, was geschah.

»Noch nicht!« kreischte Gunit Sangh. »O nein! Noch nicht!« Er stürzte zur immer noch beleuchteten Barriere.

Plötzlich hörte man Hufgetrappel, als jage ein Pferd die Schlucht zur Barriere herauf. Sangh zuckte zusammen, blieb stehen und drehte den mächtigen Schädel. Er erstarrte.

Ein Dillianer sprengte auf ihn zu, leuchtend wie ein geisterhaftes, übernatürliches Wesen, ein Dillianer, der ein großes, breites Schwert schwang.

Sangh stieß mit seinen tödlichen Vorderbeinen zu, aber das Schwert drang hindurch, zerteilte den riesigen Dahbi, als fahre man mit einem Messer durch Butter. Sangh brüllte vor Schmerzen und stürzte hin, begann sich zu verwandeln, wurde durchsichtiger, versuchte den ihm noch offenen Fluchtweg zu nutzen.

Der große Zentaur lachte gellend, schwenkte das Schwert, und statt der Waffe hatte er nun einen Eimer in der Hand, einen Eimer voll überschwappender Flüssigkeit. Sangh riß den Kopf hoch und kreischte:»Nein!«, dann ergoß sich der Inhalt auf den halb im Gestein versunkenen Fels. Wo das Wasser hinklatschte, verfestigte sich die Gestalt erneut zu hellem Weiß, der Dahbi ächzte und wurde von den Vorderbeinen des Zentaurs getroffen, der ihn an der Stelle, wo der Dahbi-Körper halb im Gestein steckte, halb herausragte, buchstäblich in zwei Hälften zertrennte. Der Leib erschauerte kurz, dann erschlaffte er.

Der Zentaur lachte triumphierend und warf den Eimer an die Felswand, wo er klirrend herabfiel. Die Erscheinung fuhr herum und galoppierte durch die Kluft davon, zurück in die Dunkelheit, die ihn rasch verschluckte.

Im Inneren der Äquatorbarriere starrte Mavra auf den Schauplatz der Szene, die sie soeben beobachtet hatten.

»Sprich jetzt, wenn du willst«, ertönte hinter ihr Brazils Stimme, die eindeutig die seine war, aber doch auf sonderbare Weise verändert und verstärkt wirkte. »Ich kann deine Gedanken hören.«

»Das — das war Asam!« stieß sie hervor. »Aber er ist tot! Er ist im Kampf gefallen… Sie sagten…« Sie drehte sich nach Brazil um und verstummte. Ihre Augen wurden vor Entsetzen riesengroß. Brazil war nicht mehr da.

An seiner Stelle gab es eine riesige weiche Masse, zweieinhalb Meter hoch, die mit nichts so viel Ähnlichkeit hatte wie mit einem riesigen Menschenherzen, das mit beinahe hypnotischer Regelmäßigkeit pochte, ein geflecktes rosiges und dunkelrotes Gewebe mit zahllosen Venen und Arterien unter der nackten Haut, die rötlichblau war. An der unregelmäßigen Oberseite befand sich ein Kreis von Wimpern, schmutzigweiß, die in unaufhörlicher Bewegung waren — Tausende von Härchen, wie winzige Schlangen, jedes ungefähr einen halben Meter lang. Aus der Mitte der weichen schlagenden Masse ragten in gleichmäßigen Abständen sechs Tentakel, breit und kraftvoll aussehend, bedeckt mit Tausenden von winzigen Saugnäpfchen. Die Tentakel waren von ungesundem Blau, die Saugnäpfe körniggelb. Aus Poren in der Hauptmasse schien Blutwasser zu rinnen, dick und stinkend. Es tropfte nicht, sondern bildete einen unregelmäßigen Überzug auf dem ganzen Körper, wobei der Überschuß von der Haut wieder aufgenommen wurde.

»Nein, es war nicht Asam«, erklärte Nathan Brazil, dessen Stimme irgendwo aus dieser grauenhaften Erscheinung zu dringen schien. »Es war einfach die ausgleichende Gerechtigkeit. Der Borgo-Paß hat gehalten, und ein alter Freund von uns bekam dadurch Gelegenheit, von Zeit zu Zeit nach uns zu sehen.«

Sie konnte ihren Blick von dem entsetzlichen Ding nicht lösen, das vor ihr stand, vermochte ihren Ekel aber durch eine enorme Willensanstrengung zu unterdrücken.

»Es war Zigeuner«, sagte sie staunend.

»Aber für Gunit Sangh sah er wie Asam aus«, stellte Brazil befriedigt fest. »Das war genau die Todesart, die er verdient hatte.«

»Und ein Glück für uns«, meinte sie. »Er hätte uns am Ende beinahe noch erwischt.«

»Nein«, sagte Brazil. »Er hatte schon verloren. Es war ihm nur noch nicht klar. So schwer das auch zu glauben sein mag, Mavra, es war für die Barriere noch nicht an der Zeit, sich zu öffnen. Es gab einen — nennen wir es Defekt. Einen passenden Defekt, als ich von einem Todfeind in die Enge getrieben worden war. Der Schacht sorgt für die Seinen, Mavra, selbst wenn man es nicht will. Und hier im Inneren bin ich unverwundbar.«

Sie sah zu ihm auf, und er konnte ihren Widerwillen vor seiner Erscheinung fühlen, einen Ekel vor dem grauenhaften Geruch, wie nach Verwesung.

»So haben die Markovier ausgesehen?« stieß sie hervor. »Die legendären Götter, die utopischen Herren der Schöpfung? Ach du lieber Gott!«

Er lachte.

»Du hast genug fremdartige Formen auf dieser Welt und im Universum gesehen, um zu wissen, daß die Menschheit weder einzigartig noch das Modell für die Schöpfung gewesen ist. Die Markovier haben sich auf natürliche Weise entwickelt. Unter Bedingungen, die völlig andere waren als beim Menschen, ganz andere als bei den meisten Rassen unseres Universums. Was für dich gräßlich ist, war für sie sehr praktisch. Nach ihren Maßstäben bin ich hochgewachsen, dunkelhaarig und gutaussehend.«

»Es wäre leichter, wenn Sie nicht so stinken würden«, erklärte sie.

»Was soll ich tun?« fragte er und täuschte verletzten Stolz vor. »Also fangen wir an. Wenn du den Mut aufbringst, wirst du diesen Geruch als exotisches Parfüm empfinden.«

»Das bezweifle ich«, murmelte sie, aber als er, die Tentakel als Beine benutzend, davonging, folgte sie ihm und staunte über die Leichtigkeit und Sicherheit seiner Bewegungen.

»Die Markovier mögen zwar fremdartig aussehen, sogar abstoßend, doch sie waren in mehr als nur geistiger Beziehung unsere Verwandten«, erklärte Brazil, als sie weitergingen. »Diese Lebensform atmete eine Atmosphäre, die verträglich ist mit dem, was du gewöhnt bist. Die Zusammensetzung ist ein wenig anders, aber nicht so sehr, wie man erwarten würde. Und die Zellstruktur, der ganze Organismus, beruht auf Kohlenstoff und funktioniert ganz ähnlich wie die anderen Kohlenstoff-Wesen, die wir so gut kennen. Er ißt, schläft, geht sogar auf die Toilette wie ganz normale Leute, obwohl in diesem Stadium Schlaf nicht unabdingbar bist. Sie sind darüber hinausgewachsen und erlangten die Fähigkeit zu willkürlichen Stillegungen, was denselben Zweck erfüllt. Jedenfalls waren sie uns biologisch so ähnlich, daß sie mit dem übereinstimmten, was wir von anderen Lebensformen wissen. Sie verstoßen gegen keine Gesetze.«

Er trat auf einen Gleitweg auf der anderen Seite einer einen Meter hohen Sperre. Als er sah, daß sie ihm gefolgt war, hieb er mit einem Greifarm auf die Sperre, und der Gleitweg setzte sich in Bewegung. Als sie davongetragen wurden, ging das Licht hinter ihnen aus, und die Lichter in ihrem Bereich und unmittelbar davor schalteten sich ein.

»Das ist der Gleitweg zum Schacht-Zugangstor«, sagte er. »Früher wechselte jeden Tag an jeder Avenue eine Schichtbesatzung. Die Arbeiter und Techniker kamen herein, wie jetzt wir, und fuhren zu ihren Arbeitsplätzen hinunter. Gegen das Ende zu, als nur die Projektleiter übrig waren, beschränkten sie den Zugang bei jeder Avenue auf Mitternacht, und jeweils auf kurze Zeit, vor allem dazu, daß die Grenz-Sechsecke mit ihrem eigenen Wachstum und ihrer Entwicklung fortfahren konnten. Die Zugänge wurden später nur auf die Projektleiter beschränkt, die sich den jeweiligen Rassen angeschlossen hatten, damit niemand hereinstürzen konnte, der es sich anders überlegt hatte. Als ich das letztemal hier war, stellte ich sie darauf ein, daß sie nur auf mich reagierten, weil es theoretisch möglich war, daß jemand das Problem der Schlösser löste.«