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»Sie sind drin! Verdammt! Was für Kopfschmerzen! Ich kann hier nicht mehr lange zurückhalten. Himmel! Nicht genug! Nicht jede Rasse hat genug durchgemacht! Mist! Ich muß aufhören! Um Himmels willen, Mavra, schalt jetzt ab!«

Ein Gedanke, ein Impuls, ein einzelner exakter, bewußter mathematischer Befehl ging hinaus. Sie erteilte ihn, sie selbst, ganz allein. Sie tötete sie alle — alle, bis auf die auf der Sechseck-Welt und jene im Übergang.

Auf der Nachtseite der Sechseck-Welt würden die Bewohner zu den Sternen hinaufblicken und etwas Wundersames erleben. Das gigantische, funkelnde, herrliche Sternenfeld des Nachthimmels flackerte und erlosch. Es war nur Schwärze, wo es gewesen, eine Schwärze, so absolut, wie noch keiner sie gesehen.

Es wurde von einem Ende der Sechseck-Welt bis zum anderen berichtet, erzählt und wiedererzählt, und die nervöse Panik begann.

Brazil ist im Schacht der Seelen. Die Sterne sind erloschen.

Manche starben von eigener Hand, andere verloren den Verstand, aber die meisten schauten nur hinauf und warteten, starrten auf den grauenhaft leeren Himmel, auf das einsame, trostlose Nichts, das sie umgab und sie fast zu zermalmen schien.

In Nord- und Süd-Zone hörte das Schacht-Tor auf zu arbeiten. Siegel, die noch keiner gekannt hatte, gelangten automatisch an ihre Plätze, schlagartig und ohne Vorwarnung. Viele saßen im Inneren fest und hatten keine andere Wahl, als abzuwarten. Diejenigen, die sich auskannten, sperrten blitzschnell die Zone-Tore in ihren Sechsecken ab, damit niemand verlorenging, denn durch diese Tore gelangte man nicht nach Zone, nicht, solange der Schacht mit seinen Toren geschlossen war. Sie wurden umgelenkt, das Tor im Schacht umgestülpt. Jeder, der jetzt durch ein Zone-Tor ging, würde die Sechseck-Welt nie wiedersehen.

Aber in den verschiedenen Sechsecken in Nord und Süd wußten die Leute, vor allem die Machthaber, daß sie eine Frist gesetzt bekommen hatten, daß sie ungefähr die Hälfte ihrer Bevölkerung für das Tor aufbieten mußten, und daß die Tore, wenn sie das nicht taten, sich in Bewegung setzen und es selbst übernehmen würden, ohne Überlegung. Die Nachricht ging automatisch an alle Wesen der Sechseck-Welt, die Nachricht, die sie bis zu diesem Tag für einen bedeutungslosen, mythischen oder veralteten Ausdruck gehalten hatten, die nun aber von allen begriffen wurde.

Es war Mitternacht im Schacht der Seelen.

Der Schacht

»Es wundert mich, daß es hier noch Luft und Licht gibt«, meinte Mavra.

»Was hast du gedacht — daß man das in ein Vakuum hineingebaut hat?« gab er zurück. »Um den Schacht zu errichten, brauchte man Licht und Wärme und Luft. Das gehört mit zum Rest des Planeten. Aber der Computer ist jetzt eindeutig abgeschaltet, und die Schacht-Tore sind es auch. Niemand geht hinein oder hinaus. Die Zone-Tore bringen dich jetzt direkt zum Schacht-Tor, ohne Rückkehr.«

»Was glaubst du, wie viele Leute wir da festhalten?«

Er lachte.

»Die meisten sind Olympierinnen, würde ich sagen, die wissen, was vorgeht, und vielleicht ein paar Wächter, Aufseher, Streifen. Möglicherweise sogar der eine oder andere Botschafter, was? Im Augenblick werden sie die Hosen voll haben.«

»Wird es da nicht sehr eng werden, wenn die anderen durch die Zone-Tore gehen?« fragte sie. »Ich meine, die Schacht-Tore sind ja groß, aber die enormen Massen, die kommen, können sie nicht aufnehmen.«

»Das brauchen sie nicht«, versicherte er. »Sie werden unterbrochen sein, werden wie bei den Milliarden, die wir vorhin entführt haben, warten, bis Durchlaß ist. Es ist sehr verwirrend, das gebe ich zu, aber das System war ja darauf eingerichtet, jeweils eine Welt zu bevölkern. Es war nie vorgesehen, daß das geschieht, was wir jetzt machen. Deshalb bekommen wir in erster Linie die Bevölkerung, die wir wollen, auf die Welt, die wir vorgesehen haben, aber es rutschen auch andere mit durch. So ist die Hälfte der mythologischen Wesen der Alten Erde hingelangt. Keine Sorge. Sie sind nicht für diese Welten gedacht und werden auf die eine oder andere Weise beseitigt — die meisten jedenfalls. Gewißheit hat man da nie. Wir haben ganz sicher viel Arbeit vor uns. Alles mit der Ruhe, damit wir es so gut wie möglich machen.«

Sie blickte auf die Steuerkonsolen, die Meßgeräte, sah sich in den riesigen Kammern mit den zahllosen Relais aus schwarzen Punkten um. Da war keine Energie, kein Strom. Alles verschwunden, bis auf das System der Sechseck-Welt, das seinen Bestand erhielt, indem es die Energie aus einem Schwarzen Loch in einem anderen Universum bezog, einem ganz winzigen Schwarzen Loch, stellte sie fest.

Sie machte sich oft Gedanken über das andere Universum. Besaß es Lebensformen, die sich auf natürliche Weise entwickelt hatten? Besaß es seine eigenen Markovier und eine Entsprechung zum Schacht der Seelen? Man konnte es nicht wissen, dachte sie. Niemals würde man das wissen. Jeder, der hier in ein Schwarzes Loch fiel — sobald es wieder Schwarze Löcher gab —, würde dort natürlich herauskommen, aber kaum in der nötigen körperlichen Verfassung sein, um zu sehen, was dort vorging.

Es war eigentlich bedauerlich, aber erfahren würde man es nie. Bei all der neuen Macht und den Erkenntnissen blieben die beiden einzigen Geheimnisse für sie Parallel-Welten und Nathan Brazil. Aber es sollte auch weiterhin Geheimnisse geben, dachte sie.

»Wie lange wird es dauern, bis alles abgeschlossen ist?« fragte sie.

»Sechs Tage. Sechseck-Welt-Zeit, versteht sich, die einzige Zeit, die wir jetzt noch haben.«

Sie dachte an das, was sich vorher zugetragen hatte.

»Ortega… Zigeuner… Marquoz… ob noch einer von ihnen am Leben ist?«

»Wir werden es nie wissen«, sagte er. »Wie dir die Erfahrung der letzten Monate verraten sollte, ist es nicht gut, sich auf der Sechseck-Welt aufzuhalten und bekannt zu sein. Man muß sie ein paar hunderttausend Jährchen in Ruhe lassen, damit sie vergessen, wer und was du bist, was sie sind und so weiter. Dann kennen sie dich nicht, wenn du wieder auftauchst. Nein, du begibst dich hinaus in das neue Universum, läßt dich nieder und machst es dir schön — bis sie dich wieder brauchen. Und nach einer Weile vergißt du selbst. Das markovische Gehirn erinnert sich an alles, aber das geschieht nur hier im Schacht. Anderswo besitzt du die Fähigkeit dazu nicht, es sei denn, das entwickelt sich oder wird eingebaut. Eigentlich eine Gnade, wie du sehen wirst.«

Sie dachte nach.

»Wir sind zu zweit, weißt du. Wir könnten diesmal Markovier bleiben.«

»Das hilft nichts«, sagte er. »Weder uns noch irgend jemand anderem. Ein Gott langweilt und entfremdet sich noch mehr als ein menschliches Wesen. Und wir könnten uns nicht fortpflanzen, so daß es nur uns zwei gäbe. Wir würden eine Art monströses Götterspiel treiben oder auf einer markovischen Welt leben, uns neue Spielchen für unsere Gehirne ausdenken und verrückt werden. Wenn du wirklich willst, gut, aber der andere Weg ist viel interessanter. Du hast jedoch die Wahl. Du kannst dich löschen, dich in jeden Körper auf jeder Welt, die dir beliebt, verfügen, entweder als markovischer Prototyp oder, indem du durch das Schacht-Tor gehst, als einer von diesen Sterblichen. Ich bleibe bei unseren Leuten. Die haben noch so viele ungenützte Möglichkeiten

»Diejenigen, die wir von hier aus hinausschicken, werden in erster Linie unsere Leute sein, Freiwillige oder Olympierinnen, die wissen, worauf sie sich einlassen. Aber die anderen, die wir von diesen Welten entführt haben, kurz bevor abgeschaltet wurde, die jetzt im Schwebezustand sind, sie werden plötzlich auf einer primitiven fremden Welt erwachen, die kalt und geheimnisvoll ist, sie werden nackt und ohne Werkzeuge und Waffen sein.«

»Sie werden es schaffen«, versicherte er. »Jedenfalls die meisten. Sie haben es schon einmal geschafft und werden es wieder schaffen. Die Rassen, die von den Markoviern gezüchtet wurden, halten allerhand aus. Nach all der Zeit stelle ich fest, daß ich sie immer noch mag, jedenfalls die meisten.«