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»Mönsch, du armes Vieh, dir geht's ja richtig schlecht! Komm, Willi hebt dich mal hoch.«

Mit diesen Worten fasst mich der Mann behutsam mit seinen großen Händen unter den Nacken und den Rücken und hebt mich dann vorsichtig auf seinen Schoß. Sofort höre ich auf zu zappeln. Nicht, dass ich hier noch runterfalle und mir wirklich etwas tue. Der Mann krault mich am Bauch, was eigentlich sehr angenehm ist. Allerdings riecht es hier oben noch stärker nach dem Zeug, das Carolin getrunken hat. Hrks, das muss ja was ganz Schlimmes sein. Hoffentlich übergibt sich der Mann nicht auch gleich, dafür befinde ich mich nämlich gerade in einer sehr ungünstigen Position.

»Na, Kleiner, zitterst ja gar nicht mehr. So geht's dir gleich besser, oder? Aber was macht Willi jetzt mit dir?«

In der Tat, eine sehr gut Frage. Das ist doch genau der richtige Zeitpunkt für Becks Einsatz. Ich hoffe, er verpennt ihn nicht und hat sich vor allem etwas überlegt, wie er den Mann zu Carolin lockt. Auch, wenn ich mittlerweile felsenfest davon überzeugt bin, dass es sich bei ihm mitnichten um einen Prinzen oder sonst wie akzeptablen Kandidaten handelt. Los, Beck, wo bleibst du?

»Hoppla, da ist ja noch ein kleiner Freund! Wo kommt ihr denn bloß auf einmal alle her?«

Na also, die Gedankenübertragung unter uns Vierbeinern funktioniert. Ich drehe mich schnell auf den Bauch und sehe Beck, wie er um Willis Beine streicht. Nun springt er auf die Bank und setzt sich direkt neben uns.

»Miau, miauuuu, miauuuuu!«

Okay, Katzen können einfach nicht richtig heulen. Genauer gesagt können sie es gar nicht. Beck klingt wie eine der Geigen, die Carolin jeden Tag bearbeitet. Eigentlich sogar schlimmer, ich frage mich, was er damit bewirken will.

»O je, dir geht es wohl auch gar nicht gut. Was ist denn heute los hier? Seid ihr beide krank oder habt ihr euch verlaufen?«

Willi streicht Beck mit einer Hand über den Kopf und schaut ihn nachdenklich an. Auch wenn er kein Prinz ist - ein lieber Mensch ist er allemal. Ob das vielleicht auch reicht? Beck legt eine Pfote auf Willis Arm und zieht ein bisschen an ihm.

»Autsch!«

Offenbar benutzt er dazu seine Krallen, jedenfalls zieht Willi erschrocken seinen Arm zurück. Beck hüpft wieder von der Bank und langt jetzt nach einem Bein von Willi. So gut es mit einer Pfote eben möglich ist, zieht er an dem Hosenbein und maunzt dabei immer wieder.

»Jetzt müsste man mit Tieren sprechen können. Ich wüsste zu gerne, was du von mir willst. Soll ich etwa mitkommen?«

Begeistert schlecke ich Willi sofort die Hände ab. Sie schmecken - nun ja - gewöhnungsbedürftig.

Er lacht. »He, mein Freundchen, du wirst ja ganz wild. War das die Antwort auf meine Frage? Ich soll wirklich mitkommen?«

Irre, wie einfach es ist, mit Menschen zu reden. Das hatte ich mir viel schwerer vorgestellt. Oder aber Willi ist besonders sensibel. Ist im Ergebnis aber egal. Ich springe von seinem Schoß herunter zu Herrn Beck, der Willi erwartungsvoll anschaut und dabei aufgeregt mit seinem Schwanz hin und her wedelt. Willi steht auf und schwankt dabei ein bisschen von links nach rechts. Als er sicher steht, rennt Beck zweimal um ihn herum, dann läuft er Richtung Carolins Haus. Weil mir nichts Besseres einfällt, mache ich es genauso.

»So, und da soll ich wohl hinterher? Ein Dackel und ein Kater wollen mit mir spazieren gehen. Wenn ich das der Dame von der Heilsarmee erzähle, wird sie es gleich wieder auf den Chantre schieben. Dann man los!«

Auf dieses Kommando traben Herr Beck und ich zu dem Parkausgang, der direkt vor unserem Garten liegt. Zwischendurch werfe ich immer wieder einen kurzen Blick über die Schulter - Willi folgt uns brav. Erst als wir am Gartentürchen ankommen, zögert er kurz.

»Also hier? Ist ja'n schönes Haus. Nicht, dass die mich hier für einen Einbrecher halten.«

Ha ha! Ein lustiger Gedanke! Ein Wachhund, der den Einbrecher selbst mitbringt! Ich frage mich, wie Willi darauf kommt. Einen Moment später stehen wir vor der Terrassentür der Werkstatt. Ich kratze an der Scheibe, Willi steht direkt hinter mir und linst neugierig durch das Fenster, dann klopft er schließlich. Daniel kommt und öffnet die Tür. Allerdings nur einen Spalt. »Ja bitte?«

Willi räuspert sich. »Ähm, ja, wie soll ich sagen - diese beiden hier unten haben mich quasi zu Ihnen gebracht.«

Daniel schaut runter, erst jetzt scheint er uns zu sehen.

»Oh, Herkules und Herr Beck - was macht ihr denn da?«

»Also, der kleine Dackel schien eben ziemliche Krämpfe zu haben, jedenfalls ist er vor der Parkbank, auf der ich saß, zusammengebrochen. Und dann kam sein Freund hier und wollte, dass ich mitkomme.«

Daniel schaut durch den Türspalt und hebt eine Augenbraue, was ziemlich lustig aussieht.

»Ah, ja. Der Kater wollte, dass Sie mitkommen. Verstehe.«

»Gut, ich weiß, das klingt seltsam. Vor allem aus dem Mund von so jemandem wie mir. Aber so war es, können Sie mir ruhig glauben. Und dann haben mich die beiden hierhin gebracht.«

In diesem Moment taucht Carolin hinter Daniel auf. »Was ist denn hier los?«

»Der ... äh ... Herr hier behauptet, Herkules und der Kater hätten ihn zu uns gebracht, nachdem Herkules im Park einen Schwächeanfall hatte.«

Carolin tritt neben Daniel und macht die Terrassentür jetzt weit auf.

»Na ihr beiden? Was habt ihr gemacht? Friedliche Parkbesucher angefallen?«

Sie lächelt Willi aufmunternd zu. Hm, vielleicht gefällt er ihr doch? Daniel hingegen rollt genervt die Augen, aber das kann Carolin ja nicht sehen. Willi allerdings schon. Unsicher streicht er sich durch die wirren Haare.

»Ja, also, wie ich Ihrem Mann schon sagte - die beiden haben mich tatsächlich hierhin geführt. Also, ich meine, erst sind sie auf meine Bank gesprungen, und dann hat der Kater mich am Hosenbein gezogen und dann ...«, Willi zögert, die ganze Angelegenheit scheint ihm auf einmal peinlich zu sein. »Ich will dann auch gar nicht weiter stören. Dem Hund scheint es wieder gutzugehen, ich werd dann mal.«

Er will sich gerade umdrehen, als Carolin einen Schritt auf ihn zu Richtung Garten macht.

»Vielen Dank, dass Sie die beiden gebracht haben. Irgendwas scheinen sie ja von Ihnen gewollt zu haben, leider können sie nicht sprechen. Vielleicht fahre ich nachher mal mit Herkules zum Tierarzt. Sicher ist sicher.«

»Ja, sicher ist sicher«, echot Willi. »Ist bestimmt eine gute Idee. Ihnen noch einen schönen Tag.« Dann geht er.

O nein! Was für ein Eigentor! Zum Tierarzt. Ich hätte wissen müssen, dass mich die ganze Nummer wieder zu Doktor Wagner bringt. Unglücklich lasse ich die Nase hängen, Beck steht feixend neben mir.

»So, Herkules, komm rein«, sagt Daniel schließlich und winkt mich durch die Tür. »Und du gehst schön außen herum, Beck. Mir scheint, dass ihr heute schon genug zusammen erlebt habt.«

Daniel scheint sauer zu sein. Ich sehe schnell zu, dass ich mich in meine Kiste verziehe.

»Glaubst du die Geschichte?«, will Carolin wissen. »Ich meine, haben die beiden den wirklich hier angeschleppt? Oder wollte der sich nur mal unseren Hintereingang genauer anschauen, um hier einzubrechen?«

»Der sah mir eigentlich nicht so aus, als ob Wohnhäuser für ihn interessant wären. Eher wie jemand, der im nächsten Kiosk einbricht, um sich seinen Fusel zu besorgen.«

»Aber warum sollte er sich dann so eine Geschichte ausdenken? Oder kannst du dir ernsthaft vorstellen, dass Herkules und Beck ihn hier angeschleppt haben? Und wenn ja, warum?«

Daniel hebt die Hände. »Ganz ehrlich? Keine Ahnung! Krank sieht mir Herkules jedenfalls nicht aus. Vielleicht hat der Alte auch halluziniert. Hat man ja mal, nach einer Flasche Cognac. Ist ja nicht gut für die Gesundheit, nicht wahr?«

Daniel grinst, Carolin wird rot. Sie dreht sich abrupt um und geht ohne ein weiteres Wort in ihr Zimmer. Daniel zögert einen Moment, dann läuft er ihr hinterher.