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Guillam sagte: »Er hat sie sofort nach seiner Ankunft in Hong­kong gut versteckt. Das Übliche.«

»Warum haben Sie sie dann nicht benutzt?«

»Sie waren numeriert, Mr. Smiley. Sie waren zwar nicht ausge­füllt, aber numeriert waren sie. Mir war ein bißchen mulmig, ehrlich gesagt. Wenn London die Nummern hatte, dann hatte Moskau sie vielleicht auch, wenn Sie wissen, was ich meine.«

»Und was taten Sie mit Ihren Schweizer Pässen?« wiederholte Smiley freundlich.

»Er sagt, er hat sie weggeworfen«, sagte Guillam. »Wahrschein­lich hat er sie verkauft. Oder für diesen da in Tausch gegeben.«

»Wie? Wie hat er sie weggeworfen? Haben Sie sie verbrannt?«

»Stimmt, ich habe sie verbrannt«, sagte Tarr, und seine Stimme klang frech, halb Drohung, halb Furcht. »Aber Sie sagten, dieser Franzose habe Sie gesucht...«

»Er suchte Poole.«

»Wer hat jemals etwas von Poole wissen können, außer dem Mann, der diesen Paß gefälscht hat?« fragte Smiley und blätterte darin. Tarr sagte nichts. »Sagen Sie mir, wie Sie nach England zu­rückgereist sind«, forderte Smiley ihn auf.

»Hinten rum, über Dublin. Kein Problem.« Tarr war ein schlechter Lügner, wenn er unter Druck gesetzt wurde. War vielleicht die Schuld seiner Eltern. Er reagierte überstürzt, wenn er nicht vorbereitet war, und zu aggressiv, wenn er eine Antwort in petto hatte.

»Wie sind Sie nach Dublin gekommen?« fragte Smiley und prüfte die Einreisestempel auf der Mittelseite.

»Ging wie geschmiert.« Er hatte sein Selbstvertrauen zurückge­wonnen. »Ich habe ein Mädchen, die Stewardeß bei der South African ist. Ein Kumpel hat mich per Fracht zum Kap geflogen, dort hat mich mein Mädchen übernommen und mir dann durch einen der Piloten einen Freiflug nach Dublin verschafft. Für die Leute im Osten habe ich die Halbinsel überhaupt nicht ver­lassen.«

»Ich tue alles in meiner Macht Stehende, um das zu prüfen«, sagte Guillam mit einem Blick zur Decke.

»Dann passen Sie verteufelt auf, Baby«, herrschte Tarr Guillam an.

»Hetzen Sie mir nicht die falschen Leute auf den Pelz.«

»Warum sind Sie zu Mr. Guillam gekommen«, erkundigte sich Smiley, der noch immer in Mr. Pooles Paß vertieft war. Es war ein benutztes, ein vielbenutztes Dokument, weder zu voll noch zu leer. »Abgesehen davon, daß Sie natürlich Angst hatten.«

»Mr. Guillam ist mein Boß«, sagte Tarr tugendhaft.

»Ist Ihnen überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß er sie kurzerhand an Alleline weiterreichen könnte? Schließlich sind Sie, jedenfalls in den Augen der Circus-Riesen, ein sehr begehrter Mann.«

»Klar. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Mr. Guillam mehr für die neue Gruppierung übrig hat als Sie, Mr. Smiley.«

»Außerdem liebt er England«, erläuterte Guillam mit beißendem Hohn.

»Klar. Ich hab' Heimweh gekriegt.«

»Haben Sie jemals erwogen, sich an jemanden anders als an ihn zu wenden? Warum zum Beispiel nicht an eine der Außenstellen, wo Sie weniger Gefahr liefen? Ist Mackelvore noch der Leiter in Paris?« Guillam nickte. »Na also: Sie hätten zu Mr. Mackelvore gehen können. Er hat Sie angeworben, Sie können ihm ver­trauen: ein alter Circus-Mann. Sie hätten sicher in Paris sitzen können, anstatt hier Ihren Hals zu riskieren. Du lieber Gott. Lacon, schnell!«

Smiley war aufgesprungen, er hatte den Handrücken an den Mund gepreßt und starrte aus dem Fenster. Auf der Koppel lag Jackie Lacon schreiend auf dem Bauch, während ein reiterloses Pony zwischen den Bäumen davonraste. Sie schauten noch immer hinaus, als Mrs. Lacon, eine hübsche Frau mit langem Haar und dicken Winterstrümpfen, über den Zaun sprang und das Kind aufhob.

»Sie fallen oft runter«, bemerkte Lacon ziemlich ärgerlich. »In diesem Alter tun sie sich nicht weh.« Und nicht viel liebenswür­diger setzte er hinzu: »George, Sie sind nicht für Gott und die Welt verantwortlich.« Langsam setzten sie sich wieder zurecht.

»Und wenn Sie Paris zum Ziel gehabt hätten«, fuhr Smiley fort, »welche Route hätten Sie dann gewählt?«

»Die gleiche bis Irland, und dann wahrscheinlich Dublin-Orly. Was haben Sie gedacht: daß ich auf dem Wasser wandle?« Hier wurde Lacon rot, und Guillam sprang mit einem zornigen Ausruf hoch. Nur Smiley schien ganz ungerührt. Er nahm den Paß wieder zur Hand und kehrte langsam zum Anfang zurück. »Und wie haben Sie sich mit Mr. Guillam in Verbindung ge­setzt?«

Guillam antwortete an seiner Stelle, er sprach schnelclass="underline" »Er wußte, wo ich meinen Wagen unterstelle. Er schlug einen Treffpunkt vor und deutete an, wir sollten das Ganze zunächst als Privatsache be­trachten. Ich nahm Fawn als Babysitter mit.« Smiley unterbrach: »Vorhin an der Tür, war das Fawn?«

»Er stand für mich Wache, während wir redeten. Seitdem ist er ständig bei uns. Sobald ich Tarrs Geschichte gehört hatte, rief ich von einer Telefonzelle aus Lacon an und bat um eine Unterre­dung. George, sollten wir das nicht unter uns besprechen?«

»Haben Sie Lacon hier angerufen oder in London?«

»Hier«, sagte Lacon.

Stille trat ein, bis Guillam erklärte: »Ich erinnerte mich zufällig an den Namen eines Mädchens in Lacons Büro. Ich erwähnte ihren Namen und sagte, sie habe mich gebeten, ihn dringend wegen einer Privatsache anzurufen. Es war nicht ideal, aber es war das Beste, was mir auf Anhieb einfiel.« Und um das Schweigen auszu­füllen, setzte er hinzu: »Verdammt noch mal, es bestand kein Grund zur Annahme, daß die Leitung angezapft war.«

»Es bestand jeder Grund.«

Smiley hatte den Paß zugeklappt und prüfte den Einband im Licht einer neben ihm stehenden schäbigen Leselampe. »Recht ordent­lich, wie?« bemerkte er leichthin. »Sogar sehr ordentlich. Ich würde sagen, Facharbeit. Ich kann keine schwache Stelle ent­decken.«

»Bemühen Sie sich nicht, Mr. Smiley«, konterte Tarr und nahm den Paß wieder an sich, »er ist nicht made in Russia.« Als er an der Tür stand, war das Lächeln wieder zurückgekehrt. »Soll ich Ihnen mal was sagen?« fragte er die drei Männer über die Schneise des langen Raums hinweg. »Wenn Irina recht hat, dann werdet ihr Jungens einen ganz neuen Circus brauchen. Wenn wir also zu­sammenhalten, könnten wir die Kerntruppe bilden.« Er trommelte spielerisch an die Tür. »Mach auf, Darling, ich bin's. Ricki.«

»Danke! Geht in Ordnung! öffnen Sie bitte«, rief Lacon, und einen Augenblick später wurde der Schlüssel umgedreht, die dunkle Gestalt Fawns, des Babysitters, wurde einen kurzen Mo­ment sichtbar, und die Schritte der beiden verklangen in den tiefen Gewölben des Hauses, zur Begleitmusik von Jackie Lacons fernem Gebrüll.

Worin der Name Ellis zum ersten, aber nicht zum letzten Mal fällt

Auf der Seite des Hauses, die der Pony-Koppel entgegengesetzt war, lag unter den Bäumen versteckt ein Tennisrasen. Es war kein guter Tennisrasen, er wurde selten gemäht. Im Frühling war das Gras sumpfig vom Winter und die Sonne konnte nicht hingelangen und es trocknen, im Sommer verschwanden die Bälle im Laubwerk, und an diesem Morgen war er knöcheltief von gefrore­nen Blättern bedeckt, die sich überall aus dem Garten hier ange­sammelt hatten. Aber außen herum, ungefähr parallel mit dem Drahtrechteck, zog sich ein Pfad zwischen einigen Birken hin, und auf diesem Pfad gingen auch Smiley und Lacon fürbaß. Smi­ley hatte seinen Reisemantel angezogen, aber Lacon trug nur seinen fadenscheinigen Anzug. Vielleicht hatte er deshalb eine so scharfe rücksichtslose Gangart angeschlagen, daß jeder Schritt ihn ein Stück weiter über Smiley hinausbrachte und er ständig innehalten und - Schultern und Ellbogen angehoben -, warten mußte, bis der kleinere Mann aufgeholt hatte. Dann legte er sofort wieder los und gewann aufs neue Vorsprung. Auf diese Weise brachten sie zwei Runden hinter sich, bis Lacon das Schweigen brach. »Als Sie vor einem Jahr mit einem ähnlichen Vorschlag zu mir kamen, habe ich Sie leider hinausgeworfen. Ich nehme an, ich sollte mich entschuldigen. Ich war nicht auf der Höhe.« Ange­messenes Schweigen herrschte, während er sein Pflichtversäumnis erwog. »Ich gab Ihnen Anweisung, Ihre Nachforschungen einzustellen.«