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In Switawi kamen zwei Männer und eine Frau in sein Abteil und unterhielten sich über das große Match. Nach einer Weile beteiligte Jim sich an ihrem Gespräch: er hatte in seiner Zeitung alles darüber gelesen. Es war ein Club-Rückspiel, und alle Leute waren schon ganz verrückt. Bis Brunn hatte sich nichts Neues mehr ereignet, er stieg also aus und schlenderte durch Geschäfte und belebte Straßen, so daß sie ihm dicht auf den Fersen bleiben mußten, um ihn nicht zu verlieren.

Er wollte sie in Sicherheit wiegen, ihnen beweisen, daß er nichts ahnte. Er wußte jetzt, daß er das Ziel eines, wie Toby es nennen würde, großen Schlemm war. Die Fußgänger arbeiteten in Teams zu je sieben. Die Autos wechselten so oft, daß er sie nicht zählen konnte. Die Leitung der Aktion lag bei einem schäbigen grünen Lieferwagen, der von einem Schlägertyp gefahren wurde. Der Lieferwagen hatte eine Rundantenne, und hoch am Heck war mit Kreide ein Stern aufgemalt, an einer Stelle, die ein Kind nicht erreichen konnte. Die Autos, die er identifizieren konnte, hatten als gegenseitiges Erkennungszeichen eine Damenhandtasche auf dem Handschuhbord und eine heruntergeklappte Sonnenblende über dem Beifahrersitz. Vermutlich gab es auch noch andere Zeichen, aber diese beiden genügten Jim. Aus Tobys Erzählungen wußte er, daß solche Einsätze bis zu hundert Leuten erforderten und dennoch ergebnislos verliefen, wenn das Wild plötzlich einen Haken schlug. Deshalb haßte Toby sie.

Am Hauptplatz von Brunn gibt es einen Laden, der rein alles verkauft, sagte Jim. In der Tschechoslowakei ist das Einkaufen im allgemeinen eine Plage, weil jeder der staatlichen Industriezweige seine eigenen Verkaufsstellen hat, aber dieses Geschäft war neu und recht ansehnlich. Er kaufte Spielsachen, einen Schal, Zigaretten und probierte Schuhe an. Er nahm an, daß seine Beschatter noch immer auf seine Kontaktperson lauerten. Er klaute eine Pelzmütze und einen weißen Plastikregenmantel und eine Tragetasche, um beides hineinzustecken. Er trieb sich in der Herrenabteilung lange genug herum, um sich zu vergewissern, daß die beiden Frauen, die das vorderste Paar bildeten, noch immer hinter ihm her waren, jedoch zögerten, ihm zu nahe zu kommen. Wahrscheinlich hatten sie männliche Ablösung angefordert und warteten nun. In der Herrentoilette handelte er blitzschnell. Er zog die weiße Regenhaut über seinen Mantel, stopfte den Tragbeutel in die Tasche und setzte die Pelzmütze auf. Er ließ seine übrigen Pakete liegen und rannte dann wie ein Irrer über die Nottreppe hinunter, stieß eine Feuertür auf, sauste eine Hintergasse entlang, schlenderte gemächlich durch eine weitere, eine Einbahnstraße, stopfte den weißen Regenmantel in den Tragebeutel, schlüpfte gerade noch in einen Laden, der bereits schließen wollte und kaufte sich dort einen schwarzen Regenmantel, den er an Stelle des weißen überzog. Im Schutz der hinausströmenden Kunden quetschte er sich in eine volle Tram, blieb bis zur vorletzten Haltestelle, marschierte eine Stunde lang und schaffte den Ausweichtreff mit Max auf die Minute.

Nun beschrieb er sein Gespräch mit Max und sagte, um ein Haar hätten sie sich geprügelt.

Smiley fragte: »Sind Sie nie auf den Gedanken gekommen, die Sache fallenzulassen?«

»Nein. Bin ich nicht«, bellte Jim.

Seine Stimme hob sich drohend.

»Obwohl Sie von Anfang an fanden, daß es eine Schnapsidee war?« In Smileys Tonfall schwang nichts als Nachsicht. Keine Schärfe, kein Wunsch, Jim ins Unrecht zu setzen: nur der Wunsch, die Wahrheit zu erfahren, sonnenklar unter dem Nachthimmel. »Sie sind einfach weitermarschiert. Sie hatten gesehen, was Ihnen im Rücken drohte, Sie fanden den Auftrag absurd, aber Sie marschierten weiter, immer tiefer hinein in den Dschungel.«

»Ja.«

»Oder sahen Sie den Auftrag inzwischen mit anderen Augen? Hat Sie schließlich die Neugier vorwärtsgetrieben, war das der Grund? Weil Sie zum Beispiel leidenschaftlich gern wissen wollten, wer der Maulwurf war? Ich stelle nur Vermutungen an, Jim.«

»Was hat das schon zu sagen? Was zum Teufel haben meine Gründe zu sagen, wenn's um eine solche Schweinerei geht?« Der Halbmond über dem Hügel war aus den Wolken hervorgekommen und schien sehr nah. Jim setzte sich auf die Bank. Sie stand auf einer Kiesfläche, und während des Sprechens nahm er dann und wann einen Kiesel auf und schleuderte ihn mit einem Rückhandwurf ins Farngestrüpp. Smiley saß neben ihm und schaute immer nur Jim an. Einmal trank er ebenfalls einen Schluck Wodka, um Jim Gesellschaft zu leisten und dachte an Tarr und Irina und, wie sie damals auf ihrem Hügel in Hongkong getrunken hatten. Es muß eine Berufsgewohnheit sein, dachte er: wir sprechen leichter, wenn wir eine Aussicht vor uns haben. Durch das Fenster des geparkten Fiat, sagte Jim, kam das Codewort ohne Zögern. Der Fahrer war einer jener steifen, muskelbepackten tschechischen Magyaren mit Schnurrbart á la Edward VII. und einem Mund voller Knoblauch. Jim mochte ihn nicht, hatte das aber auch nicht erwartet. Die beiden hinteren Türen waren verschlossen, und es gab einen Streit darüber, wo er sitzen sollte. Der Magyar sagte, aus Sicherheitsgründen solle Jim nicht hinten sitzen. Außerdem sei es undemokratisch. Jim wünschte ihn zum Teufel. Er fragte Jim, ob er einen Revolver habe, und Jim sagte nein, was eine Lüge war, aber wenn der Magyar ihm nicht glaubte, so wagte er doch nicht, es zu sagen. Er fragte, ob Jim Anweisungen für den General mitgebracht habe? Jim sagte, er habe gar nichts mitgebracht. Er sei gekommen, um zuzuhören.

Jim sei wohl etwas kribbelig, sagte er. Sie fuhren, und der Magyar sagte sein Stückchen her. Wenn sie zur Jagdhütte kämen, würde kein Licht und kein Lebenszeichen zu sehen sein. Der General würde sich in der Hütte befinden. Sollte irgend etwas, ein Fahrrad, ein Auto, ein Licht, ein Hund, irgendein Zeichen darauf hinweisen, daß die Hütte bewohnt war, so würde der Magyar zuerst hineingehen, und Jim würde im Wagen warten. Andernfalls sollte Jim allein hineingehen, und der Ungar würde draußen warten. War das klar?

Warum gingen sie nicht einfach zusammen hinein? fragte Jim. Weil der General das nicht wünschte, sagte der Ungar. Sie fuhren, nach Jims Uhr, eine halbe Stunde lang, immer nord-ostwärts und mit einem Durchschnittstempo von dreißig Stundenkilometern. Der Weg war kurvenreich und steil und von Bäumen gesäumt. Es schien kein Mond, und er konnte sehr wenig sehen, nur dann und wann hoben weitere Wälder und Hügel sich vor dem Himmel ab. Der Schnee trieb vom Norden her, stellte er fest; diese Beobachtung war später von Nutzen. Der Weg war geräumt, aber von schweren Lastwagen zerpflügt. Sie fuhren ohne Licht. Der Magyar hatte begonnen, eine unanständige Geschichte zu erzählen, und Jim vermutete, daß dies seine Art der Nervosität sei. Der Knoblauchgeruch war furchtbar. Er schien die ganze Zeit Knoblauch zu kauen. Unvermittelt stellte er den Motor ab. Sie fuhren abwärts, aber langsamer. Sie waren noch nicht ganz zum Halten gekommen, als der Magyar die Handbremse anzog, und Jim stieß mit dem Kopf gegen den Fensterrahmen und packte seinen Revolver. Sie standen an der Abzweigung eines Seitenwegs. Dreißig Meter entfernt stand an diesem Weg eine niedrige Holzhütte. Kein Lebenszeichen war zu bemerken.