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»Und Percy hat angeordnet, daß Sie Jim Prideaux bestechen?«

»Klar. Vielleicht war es Bill. Oder vielleicht Roy. Hören Sie, ich muß essen, George, verstehen Sie? Ich bring mich nicht um Hals und Kragen, kapiert?«

»Es ist die perfekte Fälschung: das sehen Sie doch, nicht wahr, Toby?« bemerkte Smiley ruhig und ziemlich reserviert. »Nehmen wir an, es ist eine Fälschung. Sie setzt jeden ins Unrecht, der im Recht ist: Connie Sachs, Jerry Westerby . . . Jim Prideaux . . . sogar Control. Stopft den Zweiflern den Mund, noch ehe sie ihn aufgemacht haben . . . die Abwandlungsmöglichkeiten sind zahllos, wenn erst einmal die Grundlüge steht. Nämlich, daß die Moskauer Zentrale in dem Glauben zu wiegen sei, sie habe eine wichtige Quelle im Circus; während Whitehall um keinen Preis von eben dieser Ansicht Wind bekommen dürfe. Folgern Sie logisch weiter, und Gerald brächte uns dazu, daß wir unsere eigenen Kinder in ihren Betten erwürgen. Es würde wunderbar sein in einem anderen Zusammenhang«, bemerkte er fast verträumt. »Armer Toby: ja, ich verstehe genau. Was müssen Sie durchgemacht haben, zwischen so vielen Mühlsteinen.« Toby hatte seine nächste Ansprache schon bereit: »Selbstverständlich, wenn ich irgend etwas Praktisches tun kann, Sie kennen mich, George, ich helfe immer gern, kein Problem. Meine Jungens sind gut ausgebildet, wenn Sie sie ausleihen wollen, vielleicht können wir zu einer Einigung kommen. Natürlich muß ich zuerst mit Lacon sprechen. Ich will nur eins, ich will diese Geschichte in Ordnung gebracht haben. Zum Besten des Circus natürlich. Das ist alles, was ich will. Das Wohl der Firma. Ich bin ein bescheidener Mensch, ich will nichts für mich selber, okay?«

»Wo ist dieses >sichere Haus< das Sie ausschließlich für Poljakow halten?«

»Nummer fünf, Lock Gardens, Camden Town.«

»Mit einer Haushälterin?«

»Mrs. McCraig.«

»Früher bei der Abhörabteilung?«

»Klar.«

»Sind dort Abhöranlagen eingebaut?«

»Was glauben Sie?«

»Millie McCraig besorgt also das Haus und handhabt die Aufnahmegeräte.«

Das tue sie, sagte Toby und duckte sich wachsam. »Sie werden sie nachher gleich anrufen und ihr sagen, daß ich die Nacht über dort bleiben und die Anlage benutzen möchte. Sagen Sie ihr, ich wurde mit einer Spezialaufgabe betraut, und sie hat zu tun, was ich verlange. Ich werde gegen neun Uhr dort sein. Wie setzen Sie sich mit Poljakow in Verbindung, wenn ein Blitztreffen vereinbart werden soll?«

»Meine Jungens haben ein Zimmer in Haverstock Hill. Polly fährt jeden Morgen auf dem Weg zur Botschaft und jeden Abend auf dem Heimweg an ihrem Fenster vorbei. Wenn sie ein gelbes Plakat aushängen, mit einem Protest gegen den Verkehrslärm, dann ist das das Signal.«

»Und bei Nacht? Und am Wochenende?«

»Telefonanruf. Falsche Nummer. Aber das hat niemand gern.«

»Wurde schon einmal davon Gebrauch gemacht?«

»Weiß ich nicht.«

»Wollen Sie sagen, daß Sie sein Telefon nicht abhören?« Keine Antwort.

»Ich möchte, daß Sie das Wochenende freinehmen. Würde das beim Circus Argwohn auslösen?« Begeistert schüttelte Esterhase den Kopf. »Sie werden sich bestimmt lieber aus der Sache raushalten, nicht wahr?« Esterhase nickte. »Sagen Sie, Sie hätten Scherereien mit einem Mädchen, oder womit immer Sie zur Zeit Scherereien haben. Sie werden die Nacht hier verbringen, möglicherweise zwei Nächte. Fawn wird sich um Sie kümmern. Essen ist in der Küche. Was ist mit Ihrer Frau?«

Während Guillam und Smiley zusahen, wählte Esterhase die Nummer des Circus und verlangte Phil Porteous. Er sagte sein Verschen tadellos auf: ein bißchen Selbstmitleid, ein bißchen Verschwörung, ein bißchen Scherz. Ein Mädchen, im Norden, das verrückt nach ihm war, Phil, und ihm mit Gräßlichem drohte, wenn er nicht käme und Händchen hielte:

»Sagen Sie nichts, ich weiß, so was passiert Ihnen alle Tage, Phil. He, was macht Ihre prächtige neue Sekretärin? Und, passen Sie auf, Phil, wenn Mara von zu Hause anruft, sagen Sie ihr, Toby ist hinter einer großen Sache her, okay? Sprengt den Kreml in die Luft, Montag wieder da. Machen Sie's anständig und wichtig, ja? Cheers, Phil.«

Er legte auf und wählte dann eine Nummer im Norden von London. »Mrs. M., hallo, hier spricht Ihr Herzensfreund, erkennen Sie die Stimme? Gut. Hören Sie, ich schicke Ihnen heute abend einen Gast, einen alten, lieben Freund, Sie werden sich wundern. - Sie haßt mich«, erklärte er den beiden und hielt die Hand über die Sprechmuschel. - »Er möchte die Drähte nachprüfen«, fuhr er fort. »Schauen Sie alles durch, überzeugen Sie sich, daß alles klappt, okay, keine schwachen Stellen, all right?«

»Wenn er Geschichten macht«, sagte Guillam im Hinausgehen voller Gehässigkeit zu Fawn, »fesseln Sie ihm Hände und Füße.«

Im Treppenhaus berührte Smiley leicht seinen Arm. »Peter, ich möchte, daß Sie aufpassen, was sich hinter mir tut. Würden Sie das machen? Geben Sie mir ein paar Minuten Vorsprung, dann treffen Sie mich an der Ecke der Marloes Road, nordwärts. Bleiben Sie auf dem westlichen Gehsteig.«

Guillam wartete, dann trat er auf die Straße. Feiner Nieselregen lag in der Luft, der unheimlich warm war, wie Tau. Wo Lichter schienen, wallte die Feuchtigkeit in dünnen Wolken, aber im Schatten konnte er sie weder sehen noch fühlen: nur ein Nebel trübte die Sicht, zwang ihn, die Augen halb zu schließen. Er machte eine Runde um die Gärten und wählte dann ein hübsches Gäßchen ziemlich weit südlich des Treffpunkts. An der Marloes Road wechselte er auf den westlichen Gehsteig über, kaufte eine Abendzeitung und fing an, gemütlich an Villen vorüberzuschlendern, die weit hinten in großen Gärten standen. Er zählte die Fußgänger, die Radfahrer und Autos, während weit vor ihm George Smiley in Sicht kam, der steten Schrittes dahintrabte, der Prototyp des nach Hause gehenden Londoners. »Ist es ein Team?« hatte Guillam gefragt. Smiley konnte es nicht bestimmt sagen. »Kurz vor Abingdon Villas gehe ich über die Straße«, sagte er. »Achten Sie auf einen Einzelgänger. Halten Sie die Augen offen!«

Während Guillam die Augen offenhielt, hielt Smiley abrupt an, als wäre ihm gerade etwas eingefallen, trat unbedenklich auf die Fahrbahn und schlängelte sich zwischen den erbosten Autofahrern durch, um plötzlich auf der anderen Seite durch die Türen eines Spirituosenladens zu verschwinden. Und als er das tat, sah Guillam - oder glaubte zu sehen - wie eine große krumme Gestalt im dunklen Mantel ihm nachstrebte, aber in diesem Moment hielt ein Bus an und verdeckte beide, Smiley und seinen Verfolger; und als der Bus wieder abfuhr, mußte er den Verfolger mitgenommen haben, denn der einzige Überlebende auf diesem Teil des Gehsteigs war ein alter Mann mit schwarzem Plastikregenmantel und Tuchkappe, der an der Bushaltestelle lehnte und seine Abendzeitung las; und als Smiley mit seiner braunen Tasche wieder aus dem Spirituosenladen auftauchte, hob der Mann nicht einmal den Kopf von der Sportseite. Guillam folgte Smiley noch kurze Zeit durch die eleganteren Gefilde des victorianischen Kensington; Smiley huschte von einem der stillen Plätze zum nächsten, bog flugs in eine Gasse ein und auf dem gleichen Weg wieder heraus. Nur einmal, als Guillam nicht mehr an Smiley dachte, sondern sich instinktiv umdrehte, hatte er den entschiedenen Verdacht, daß eine dritte Gestalt mit ihnen marschierte: ein höckeriger Schatten an den einförmigen Ziegelmauern einer leeren Straße; aber als er darauf zugehen wollte, war der Schatten verschwunden.

In dieser Nacht überstürzten sich die Ereignisse, folgten einander so schnell, daß er sie nicht im einzelnen hatte festhalten können. Erst Tage später wurde ihm bewußt, daß die dritte Gestalt oder ihr Schatten ihn an etwas erinnert hatten. Woran, das wusste er noch immer nicht. Und dann, eines frühen Morgens, fuhr er aus dem Schlaf auf und hatte es: eine bellende militärische Stimme, Sanftheit unter rauher Schale, ein Tennisschläger, der hinter dem Safe eines Zimmers in Brixton steckte und bei dessen Anblick eine stoische Sekretärin in Tränen ausgebrochen war.