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»Es?«

»Die Lichter.« Barney deutete auf seine Frau. »Sie hat sie bemerkt.«

Betty nickte. Als sie sprach, wurde ihre Stimme sehr leise, und ein seltsamer Ausdruck trat in ihre Augen. Sie sprach fast wie in Trance, auch wenn ihre Stimme nicht diesen typisch tonlosen Klang annahm. »Im ersten Moment dachte ich, es wäre ein Wagen, der uns folgt. Aber die Lichter waren ... zu groß. Und sie näherten sich zu schnell.«

»Ein Flugzeug?«

»Dazu war es zu langsam«, sagte Barney. »Und zu groß.«

»Und es hatte Fenster«, sagte Betty. »Nicht diese kleinen Bullaugen, wie Flugzeuge sie haben, verstehen Sie? Ich meine richtige Fenster. Eine doppelte Reihe, übereinander.«

»Zuerst habe ich ihr nicht geglaubt«, fuhr Barney fort. »Ich dachte, sie hätte geträumt. Eine Halluzination. Wir waren beide total übermüdet. Aber schließlich habe ich angehalten und bin ausgestiegen, und da habe ich es auch gesehen.«

»Die Fenster?«

»Es war riesig«, sagte Barney. »Wir hatten Vollmond, wissen Sie, aber ich konnte seine Form trotzdem nicht richtig erkennen, als ... als wäre da etwas, das ... das verhindert, dass man es genau sieht.«

Er rang sichtlich nach Worten, als fiele es ihm schwer zu beschreiben, woran er sich erinnerte, obwohl er die Geschichte vermutlich schon Dutzende Male erzählt hatte. Aber ich spürte auch, dass es besser war, ihn jetzt nicht mehr zu unterbrechen, und wartete schweigend, bis Hill von sich aus weitersprach.

»Ich glaube, es war eine Art ... Scheibe, aber ich bin mir nicht sicher. Nur, dass es riesig war und überall Lichter hatte. Und da waren diese Fenster, genau wie Betty sagt. Und als ich hineinsah ...«

Seine Stimme versagte für einen Moment. Seine linke Hand kroch über die Sessellehne und suchte die seiner Frau, aber ich bezweifelte, dass er sich der Bewegung überhaupt bewusst war.

»Da waren ... ungefähr ein halbes Dutzend ... lebender ... Geschöpfe.«

Die Art, auf die er dieses Wort aussprach, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. »Geschöpfe?« wiederholte ich. »Sie meinen: Menschen.«

»Ich meine: Geschöpfe, Mister Loengard«, antwortete Hill. »Lebende Kreaturen. Keine Menschen.«

»Keine Menschen? Was meinen Sie damit?«

»Genau das, was ich sage, Mister Loengard«, antwortete Hill mit leiser, jetzt nur noch mühsam beherrschter zitternder Stimme. »Kreaturen. Ich weiß nicht, was sie waren, aber es waren keine Menschen.«

»Haben Sie sie auch gesehen?« Ich wandte mich mit einem fragenden Blick an Betty, aber Barney fuhr bereits fort:

»Ich geriet in Panik. Ich ... ich musste plötzlich an all die Geschichten denken, die ich gehört hatte - von Menschen, die von außerirdischen Raumschiffen entführt worden sind und all das. Ich hatte plötzlich nur noch Angst, verstehen Sie? Ich bin einfach weggelaufen.«

»Und dann?«

Hill zuckte mit den Schultern, und seine Frau sagte: »Sie haben uns entführt.«

»Wir erwachten zwei oder drei Stunden später«, sagte Barney. »Wir waren wieder im Wagen, aber Meilen von der Stelle entfernt. Ich weiß nicht, was geschehen ist. Sie haben irgendetwas mit uns getan, aber ich weiß nicht, was.«

»Wie kommen Sie darauf?« fragte ich.

Betty lachte; jedenfalls hielt ich es im ersten Sekundenbruchteil dafür. Aber dann sah ich in ihr Gesicht und begriff, dass es das genaue Gegenteil war. »Sehen Sie mich an, Mister Loengard«, sagte sie. »Für wie alt würden Sie mich halten?«

Ich kannte ihr Alter aus Friends Akte, aber als ich sie so neben ihrem Mann sitzen sah, fiel es mir plötzlich schwer, diesen Angaben zu glauben. Mein Schweigen schien ihr auch Antwort genug zu sein, denn sie verzog die Lippen zu einem kurzen, traurigen Lächeln und fuhr mit leiser Stimme und ohne mich anzusehen fort:

»Ich habe immer viel jünger ausgesehen als Barney, Mister Loengard. Wenn wir beide in einem Hotel übernachten wollten, dann musste ich manchmal noch meinen Ausweis vorzeigen, bis zu dieser Nacht.«

Ich blinzelte. »Sie meinen ...«

»Ich meine, dass wir nach zwei Stunden im Wagen wieder aufgewacht sind, Mister Loengard. Aber ich bin in diesen zwei Stunden um zehn Jahre gealtert. Das meine ich.«

Ihre Worte schockierten mich. Ich weiß nicht einmal mehr genau, ob ich ihr glaubte. Es spielte auch keine Rolle, ob die Geschichte wahr war oder nicht. Was echt war, das war der Schmerz in ihrer Stimme. Der Schmerz, den ein Mensch empfindet, wenn er begreift, dass ihm ein Teil seines Lebens gestohlen worden war; unwiederbringlich.

»Ich verstehe, dass Sie zu niemandem darüber reden wollten«, murmelte ich - eigentlich nur, um überhaupt etwas zu sagen und das ungute Schweigen zu brechen, das nach Bettys Worten Einzug gehalten hatte.

»Wollten?« Hill schüttelte heftig den Kopf. »Sie missverstehen mich, Mister Loengard. Ich wollte darüber reden. Niemand hat uns zugehört. Betty und ich haben keine Angst vor der Öffentlichkeit. Es ist uns egal, wenn die Leute über uns reden. Wir leben in einer kleinen Stadt. Ein schwarzer Mann und eine weiße Frau ... vielleicht ist es bei Ihnen in Washington anders, aber hier bei uns reden die Leute über so etwas. Wir haben keine Angst vor dem Gerede der Leute. Ich würde der ganzen verdammten Welt unsere Geschichte erzählen - aber niemand will sie hören.«

Einige Sekunden lang blickte ich Hill schweigend an, und wieder wurde es sehr still zwischen uns. Hill und seine Frau saßen in steifer, fast verkrampfter Haltung da. Sie hielten sich bei der Hand, und ihre Finger hatten sich so fest ineinander verschlungen, dass das Blut daraus gewichen war. Ich konnte die Angst spüren, die die Worte aus der Erinnerung heraufbeschworen hatte, und die sie fest im Griff hielt; sie, und das Gefühl hilfloser Ohnmacht, das vielleicht noch schlimmer sein mochte.

Schließlich beugte ich mich vor und streckte die Hand aus, um das Tonbandgerät abzuschalten. Doch bevor ich es tat, hielt ich noch einmal inne, sah Hill ernst an und sagte: »Das wird sich jetzt vielleicht ändern, Mister Hill.«

Lange nach Einbruch der Dunkelheit stieg ich in den Wagen und fuhr los. Ich war weitaus länger als die veranschlagte Stunde geblieben, und mittlerweile wurde es wirklich Zeit, wenn ich meinen Zug noch erreichen wollte. Nachdem das Eis einmal gebrochen war, hatten sich die Hills als wirklich reizendes Paar herausgestellt. Wir hatten noch lange miteinander geredet und nicht nur den Kuchen gegessen, den ich mitgebracht hatte, sondern noch einen zweiten, vollkommen gleichartigen: Er schmeckte nicht nur gleich, sondern stammte von derselben Raststätte. Betty Hill hatte ihn auf dem Weg nach Hause dort gekauft, eine Stunde, bevor ich gekommen war.

Die gelöste Stimmung, in der ich schließlich aufgebrochen war, hielt jedoch nicht lange an. Es war dunkel geworden, und ich hatte nicht mehr allzu viel Zeit, zumal die Straßen hier und da bereits glatt wurden. Die phosphoreszierenden Zeiger der Uhr im Armaturenbrett des gemieteten Ford rückten unbarmherzig weiter. Mir blieb noch Zeit, den Wagen zurückzubringen und den Zug zu erreichen, aber ich konnte mir jetzt keine Verzögerung mehr leisten, wenn ich nicht die halbe Nacht auf einem zugigen Bahnsteig verbringen wollte, um auf den nächsten Zug zu warten.

Ich fuhr ein wenig schneller, als vielleicht gut gewesen wäre, und sah abwechselnd auf den Tachometer, die Uhr und in den Rückspiegel. In Gedanken hatte ich die Zeit überschlagen, die ich noch bis zum Bahnhof brauchte. Fünf- oder sechsmal. Natürlich war ich auf fünf oder sechs verschiedene Ergebnisse gekommen, aber alles in allem sah es so aus, als ob ich noch eine reelle Chance hätte. Trotzdem hielt ich die Tachometernadel bei konstanten sechzig Meilen und betete im Stillen darum, weder in eine Geschwindigkeitskontrolle zu geraten, noch in einer Senke oder einer windigen Kurve auf Glatteis zu geraten.