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Mir war es nur recht. Ich fuhr fort, Militärstützpunkte zu besuchen, mich in Archiven zu vergraben und zwanzig Jahre alte Akten zu durchwühlen. Aber ich suchte nicht mehr nach Beweisen für die Existenz außerirdischer Besucher auf unserer Welt. Ich behauptete es, aber in Wahrheit suchte ich etwas höchst Irdisches: Ich suchte den Mann aus dem Helikopter.

Es war nicht wie die sprichwörtliche Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Es war schlimmer. Ich wusste nicht einmal, ob die Nadel überhaupt da war. Alles, was ich hatte, war die Erinnerung an ein Gesicht, an eine befehlsgewohnte Stimme und an die Art, auf die die anderen Männer ihm gehorcht hatten. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte ich es mit einem Soldaten zu tun, vermutlich sogar mit einem hochrangigen Soldaten. Aber das war nur eine Theorie, wenig mehr als Simonsons Black-Hawk-Geschichte, an die ich weniger denn je glaubte. Ich suchte einen Mann, von dem ich weder wusste, wie er hieß, noch wo er lebte, noch ob er bei der Army, der Air Force oder bei der Navy beschäftigt war. Ich befand mich in der Lage eines Goldsuchers, der mit einem Teesieb in der Hand das ausgetrocknete Bett des Mississippi nach einem ganz bestimmten Sandkorn absuchte.

Und ich fand es.

Zwei Monate, nachdem ich mit meiner aussichtslosen Suche begonnen hatte, eilte ich mit weit ausgreifenden Schritten auf Simonsons Schreibtisch zu, öffnete meine Aktentasche und ließ mit einer schwungvolltriumphierenden Bewegung einen staubigen Aktendeckel vor ihm niedersausen.

Marc sah mich fragend an. Ich sagte nichts, aber er schien mir meine Erregung deutlich anzusehen, denn er fuhr plötzlich zusammen, griff hastig nach dem Aktendeckel und schlug ihn auf.

»Mister Alptraum?« fragte er.

»Captain Frank Bach«, sagte ich nickend. »U.S. Navy. Deshalb habe ich ihn auch in all den Air-Force-Unterlagen nicht gefunden. Ich dachte ganz automatisch, er müsste irgendetwas mit der Air Force zu tun haben.«

»Weil er mit einem Hubschrauber gekommen ist?«

Ich fand seinen Humor in diesem Moment ziemlich unpassend, ersparte es mir aber, eine entsprechende Bemerkung zu machen. »Weil alles auf Wright-Patterson angefangen hat«, antwortete ich. »Ein Irrtum. Der Bursche ist bei der Navy.«

»Mitglied einer Spezialeinheit«, sagte Marc, während er die Akte langsam durchblätterte. »Hoch dekoriert. Ein guter Mann. Aber diese Akte ist fünfzehn Jahre alt. Und nicht vollständig.« Er sah auf. »Woher hast du sie?«

»Gestohlen«, grinste ich.

Marc blieb ernst. »Du weißt, was dir passiert, wenn man dich damit erwischt. So etwas ist strafbar.«

Wenn Bach herausfand, was ich die letzten zwei Monate getan hatte, dann war das wahrscheinlich mein kleinstes Problem. Trotzdem machte ich eine Handbewegung, wie um seine Worte vom Tisch zu wischen. »Was diese Burschen tun, ist ebenfalls strafbar«, antwortete ich. »Es ist illegal, hoffnungsvolle junge Kongressermittler von der Straße zu drängen und zusammenzuschlagen. Wenn sie mich erwischen, schlag' ich ihnen einen Deal vor: Ich sage nichts, wenn sie nichts sagen.«

»Witzig«, sagte Marc mit steinernem Gesicht. Er ließ die Akte in einer Schublade seines überladenen Schreibtisches verschwinden und sah mich einige Sekunden lang nachdenklich an.

»Und jetzt?«

»Jetzt bist du am Zug«, antwortete ich. Seltsam - aber ich hatte mit genau dieser Reaktion gerechnet. Ich war nicht einmal überrascht, dass Simonson so wenig Begeisterung über meinen Erfolg zeigte. Wir hatten in den letzten Wochen oft über meine Suche gesprochen, aber getan hatte Marc rein gar nichts. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich fragte, ob Marc überhaupt etwas herausfinden wollte. Es war eine Sache, über den fliegenden Holländer zu reden. Aber eine ganz andere, ihm gegenüberzustehen.

»Ich?«

»Du hast es selbst gesagt: die Akte ist nicht vollständig. Ich kann dir sagen, wo Bach vor fünfzehn Jahren gedient hat. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo er heute ist. Und ich fürchte, ich werde es auch nicht herausfinden.« Ich deutete auf die Schublade, in die er die Akte geworfen hatte. »Ich habe das da durch einen reinen Zufall gefunden. Man gewinnt nicht zweimal hintereinander in der Lotterie, weißt du?«

»Und was bringt dich auf die Idee, dass ich das große Los ziehe?« fragte Marc.

Allmählich musste ich mich beherrschen, um nicht wirklich zornig zu werden. »Du kannst ihn finden«, sagte ich scharf. »Du kennst seinen Namen, und du weißt, wo er gedient hat. Erzähl mir nicht, du könntest diesen Mann nicht ausfindig machen. Herrgott, du bist der Assistent eines Kongressabgeordneten!«

»Ja, und zwar eines ziemlich ungeduldigen«, antwortete Marc. Er sah demonstrativ auf die Uhr, fuhr in schlecht geschauspielertem Erschrecken zusammen und stand mit einer hektischen Bewegung auf. »Ich habe noch eine Menge zu tun, John. Ich kümmere mich um deinen Captain Bach, aber jetzt muss ich erst einmal ein wenig für unseren über alles geliebten Congressman Pratt arbeiten.«

Vollkommen fassungslos starrte ich ihn an, aber Marc war bereits auf dem Weg zur Tür. »Geh nach Hause, John«, sagte er. »Ich rufe dich an, wenn ich etwas herausgefunden habe. Versprochen!«

Simonson hielt Wort; und das wesentlich schneller, als ich erwartet hatte. Ich folgte seinem Rat und nahm mir nicht nur diesen, sondern auch die beiden darauf folgenden Tage frei. Während der vergangenen Wochen hatte ich genug Überstunden angesammelt, um eine ganze Woche zu Hause zu bleiben. Marc war zwar nicht direkt mein Vorgesetzter, aber immerhin hatte er mich nach Hause geschickt, und was Pratt anging, so bezweifelte ich, dass er meine Anwesenheit überhaupt zur Kenntnis nahm, geschweige denn meine Abwesenheit.

Ich hatte die Pause auch dringend nötig. Ich war mit meinen Kräften nicht nur physisch, sondern auch psychisch am Ende, und dem Hochgefühl des Erfolgs, mit dem ich noch am Morgen vor Marcs Schreibtisch gestanden hatte, folgte so etwas wie ein emotionaler Kater. Ich hatte Bach gefunden, aber nun war ich mit meinem Latein zumindest vorerst am Ende. Und im Augenblick hatte ich kaum die Energie, die Suche auf eigene Faust fortzuführen.

Davon abgesehen hatte ich andere Probleme.

Meine häufige Abwesenheit in den letzten Monaten hatte Spuren hinterlassen. Kimberley und ich waren weit davon entfernt, uns zu entfremden oder gar offen zu streiten, aber die naive Unbefangenheit, mit der wir nach Washington gekommen waren, war dahin. Es gab kein Misstrauen zwischen uns, keine fragenden Blicke oder kaum verhohlene Andeutungen. Alles schien bestens zu sein, und doch hatte ich manchmal das Gefühl, dass da etwas wie eine latente Spannung zwischen uns wäre; etwas wie ein Knistern, das wir beide noch nicht bewusst wahrgenommen hatten, aber schon deutlich spürten, ohne indes seine wirkliche Bedeutung zu begreifen.

Kimberley hatte eine Verabredung, und ich bereitete mich auf einen gemütlichen, wenn auch vermutlich langweiligen Abend vor dem Fernseher vor. Ich hätte sie gerne begleitet, aber sie hatte von sich aus nichts gesagt, und aus irgendeinem Grund hatte ich Hemmungen, sie zu fragen. Das gehörte mit zu den Dingen, die sich zwischen uns geändert hatten. Früher hatte es niemals irgendwelche Unsicherheiten dieser Art gegeben. Eine unserer unausgesprochenen Regeln lautete, dass es keine unausgesprochenen Dinge gab.

Diese eine Nacht in Ohio hatte das geändert. Dank Bach hatte ich Kim zum ersten Mal belogen, und allein dafür hasste ich ihn.

»Nun, wie sehe ich aus?« fragte sie, als sie aus dem Bad kam. Sie trug ein selbstgeschneidertes Kleid, das dem Titelblatt jedes Modemagazins zur Ehre gereicht hätte, und zupfte beständig an einer Frisur herum, an der es absolut nichts mehr zu richten gab. Sie sah fantastisch aus, und ich sagte es ihr auch.